03 - komplett
baten um ein Almosen, nur wenige Kutschen ratterten außer ihrer über das unebene Pflaster.
Rachel schob den Vorhang vor ihrem Fenster leicht beiseite und erkannte die Gegend. In nur wenigen Minuten würde sie zu Hause sein. Connor würde halten lassen und ihr beim Aussteigen helfen, und sie würde ihn niemals wiedersehen.
Schon verlangsamte sich die Geschwindigkeit der Kutsche. Jetzt rührte sich Connor, als hätte er eben erst erkannt, dass sie angekommen waren.
„Werde ich Sie morgen sehen?“, fragte Rachel ihn, obwohl sie die Antwort ahnte.
„Nein.“
Sie nickte, und obwohl sie wusste, wie unschicklich es war, was sie vorschlug, bat sie mit erstickter Stimme: „Würden Sie mit mir hereinkommen, damit ich Ihnen sagen kann, was ich sagen muss?“
„Nein.“
Verzweifelt verflocht sie die Finger ineinander. „Darf ich Sie dann einige Minuten aufhalten und es Ihnen jetzt sagen? Bitte!“
Jetzt endlich sah Connor sie an, aber sein Gesicht lag im Schatten, und Rachel konnte den Ausdruck seiner Augen nicht erkennen.
„Was wollen Sie mir so unbedingt sagen, Rachel? Dass es Ihnen leidtut, Sie sich schämen und dankbar sind? Das weiß ich.“ Er lehnte die Ellbogen auf die Schenkel und fuhr sich mit einer Hand durchs Haar. „Wenn es Ihr Gewissen erleichtert, mir geht es genauso. Es tut mir leid, dass ich damals meine Vergangenheit vor Ihnen verbergen wollte. Ich schäme mich, dass ich Sie zu einer Liebesnacht zwingen wollte, und ich bin zutiefst dankbar, dass Sie mich mit der Pistole zur Vernunft gebracht haben, bevor ich etwas tun konnte, das keiner von uns beiden jemals verwunden hätte. Gehen Sie nach Hause. Gehen Sie morgen nach Windrush und zu Ihren Eltern ...“
„Windrush gehört jetzt Ihnen.“
„Ich habe Ihnen die Urkunde vor Zeugen zurückgegeben. Ich will es nicht.“
„Ich kann es aber nicht annehmen“, rief sie mit erstickter Stimme. „Und die Urkunde liegt auf Ihrem Tisch.“
„Sie wollten Windrush so unbedingt zurückhaben, dass Sie bereit waren, dafür alles zu riskieren. Und jetzt geben Sie plötzlich auf? Was ist mit Isabel und ihrem Sohn?“
Rachel stockte der Atem. „Was? Was sagen Sie da?“
„Das haben Sie doch gehört, Rachel. Ich dachte, Sie wollten Windrush, damit Isabel und ihr Kind dort eine Zuflucht finden. Stimmt es nicht?“
Immer noch ganz betäubt, nickte Rachel. „Sobald June und Sylvie verheiratet sein würden und es keinen Grund mehr gäbe, sich vor der Gesellschaft zu verstecken ...
Es wäre so schön gewesen, Isabel wieder bei mir zu haben. Und meinen kleinen Neffen. Ich weiß, es wird vielleicht nie so kommen, aber ich träume oft davon.“ Sie wischte sich geistesabwesend die Tränen von den Wangen. „Sie wohnt bei unserer Tante Florence in York. Mit ihren vierundzwanzig Jahren ist sie gezwungen, wie eine Einsiedlerin zu leben, aber sie beschwert sich nie.“ Sie hielt kurz inne. „Wer hat es Ihnen verraten? Mein Vater?“
„Nein. William Pemberton kam heute zu mir, gerade zurück von einem Besuch bei Ihrer Schwester in Hertfordshire. Er fand, ich sollte es wissen.“
Fassungslos barg Rachel das Gesicht in den Händen. „June hat es William verraten?
Das hätte sie nicht tun dürfen!“
„Rachel, es wäre falsch gewesen, etwas so Wichtiges vor ihrem Mann zu verheimlichen. Auch ich beging einen solchen Fehler. Ich war ein rücksichtsloser Dummkopf, noch zu jung, seine Leidenschaft zu zügeln. Und Sie spürten, dass etwas an mir schlecht war. Sie hatten so recht, misstrauisch zu sein und mich abzuweisen.
Doch Sie konnten nicht ahnen, dass man Ihrer Schwester in York Gewalt antun würde.“
„Sie sagt, sie sei einverstanden gewesen, was meine Eltern noch weniger ertragen konnten.“ Rachel schüttelte kummervoll den Kopf. „Und selbst jetzt scheinen sie es vorzuziehen, wie der Rest der Welt zu glauben, Isabel sei tot. Allerdings brach damals wirklich eine Scharlachepidemie aus. Wir erkrankten nicht daran, blieben aber so lange dort, bis wir sicher sein konnten, dass wir niemanden damit anstecken könnten. Als es wieder sicher war zu reisen, wusste Isabel, dass sie ein Kind erwartete.“ Die Erinnerung schnürte ihr die Kehle zu. „Meine Eltern ließen alle glauben, sie sei nicht mit mir zurückgekehrt, weil sie der Krankheit erlegen war.
Selbst Sylvie denkt, ihre Schwester sei tot. June und ich mussten schwören, zu niemandem zu sprechen. So wissen es nicht einmal die Saunders, meine engsten Freunde. Jetzt ist so viel Zeit vergangen, dass
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