03 - komplett
Ruf hörten.
Unverzüglich stützte Sam sich auf dem Ellbogen ab und kam schwankend, aber unbeirrt auf die Füße. „Es geht mir gut, Ma’am“, sagte er schroff, unfähig Rachels Blick zu begegnen oder dem Mr. Walshs, der gleich hinter ihr herbeieilte.
„Ich möchte allein mit meinem Diener sprechen“, wies Rachel den Richter brüsk an, und drängte dann den Butler: „Binden Sie Samuels Füße bitte los, Joseph, damit er mit mir in den Rosa Salon gehen kann.“
„Ich halte das nicht für sehr weise, Miss Meredith“, wagte Joseph einzuwenden, als spräche er mit einem launischen Kind. „Der Richter wird dem Burschen die Leviten lesen.“
Arthur Goodwin trat näher, um jedem in Erinnerung zu rufen, wer hier die Autorität innehatte. „In der Tat, Sir, Sie haben völlig recht. Es ist nun Zeit, den Bösewicht in Gewahrsam zu nehmen. Watson!“, brüllte er den Konstabler herbei, während er Rachel neugierig musterte. Nicht, dass sie ihn auf eine Weise reizte wie Annie Smith es tat. Zwar war sie schön genug, aber für seinen Geschmack zu alt und viel zu selbstsicher, um in ihm etwas anderes als Missvergnügen zu wecken. Was ihn allerdings an ihr interessierte, war, dass er sich erinnerte, ihr ein anderes Mal begegnet zu sein. Und auch damals hatte sie sich schamlos und vorlaut verhalten.
Er erinnerte sich auch noch sehr genau, wie Devane sie bei der Gelegenheit angesehen hatte. Wenn sie sich da noch nicht gekannt hatten, so taten sie es offensichtlich jetzt. Die Dame zeigte schließlich keine Bedenken, in seinem Haus Befehle zu erteilen.
Aber was tat sie in seiner Abwesenheit im Haus Seiner Lordschaft, noch dazu ohne Anstandsdame, wie es schien? Und sie hatte gesagt, der Junge arbeite für sie. Also waren die Smiths nicht mehr beim Earl beschäftigt?
Arthur Goodwin besaß einen verschlagenen Verstand, und der führte ihn zu einer unwahrscheinlichen Schlussfolgerung, von der er aber nichtsdestotrotz sehr angetan war. Hatte sie womöglich Joseph Walsh abgelenkt, während ihr Diener das Haus ausraubte? Die wulstigen Lippen nachdenklich geschürzt, betrachtete er die Beute, die auf einem Tisch lag. „Ist Ihnen ein Gut namens Windrush bekannt, Miss Meredith?“
„Ja“, entgegnete Rachel in scharfem Ton und wandte sich wieder an Joseph. „Bitte befreien Sie Samuels Füße von ihren Fesseln, sonst tue ich es selbst.“
Tief seufzend bückte Joseph sich und löste die Knoten.
„Das ist höchst regelwidrig! Einen Moment, Miss Meredith!“, rief Arthur Goodwin, während Rachel scheinbar ungerührt Sam in den Rosa Salon führte.
An der Tür drehte sie sich um und verwehrte dem gedrungenen Richter den Zutritt.
„Ich bestehe darauf, fünf Minuten mit meinem Diener allein gelassen zu werden“, sagte sie herrisch und machte ihm die Tür vor der Nase zu.
Im Salon fasste sie Sam schwermütig ins Auge. Als er ihrem Blick auswich, schüttelte sie verzweifelt den Kopf und blinzelte ihre Tränen fort. „Wolltest du die Urkunde stehlen, Sam?“
„Ja, Ma’am.“
„Und den Ring auch?“
„Nein!“ Er sah sie zum ersten Mal an. „Ich hatte nicht die leiseste Ahnung, dass da ein Ring am Papier befestigt war. Ich griff einfach nach der Papierrolle und lief.“
„Aber warum?“
„Um so schnell wie möglich von hier zu verduften.“
Rachel wusste nicht, ob sie lachen oder weinen sollte. „Nein. Ich meinte, warum hast du eine Urkunde gestohlen, die wertlos für dich ist?“
„Sie ist nicht wertlos für Sie.“
„Also hast du es für mich getan?“
„Nein, Ma’am“, sagte er, unverbesserlich ehrlich. „Für Noreen.“
„Du hast die Urkunde für Windrush für Noreen gestohlen?“
Es war ihm deutlich anzumerken, wie er mit sich rang, doch dann konnte er nicht mehr an sich halten. „Noreen hörte, wie Sie Ihrer Freundin von Lord Devanes gemeiner Rache erzählten. Sie ahnte, was sie vorhatten, weil Sie irgendwie sagten, Sie würden Windrush zurückbekommen, was immer Sie auch dafür tun müssten.
Nachdem Sie mich so auffällig nach den Gewohnheiten des Earls fragten, konnten wir uns denken, was Sie wollten. Noreen machte sich große Sorgen um Sie und was geschehen könnte, wenn man Sie bei Ihrem Vorhaben erwischen würde. Und so kamen wir überein, dass ich die Urkunde vor Ihnen finden musste. Mr. Walsh gab ich einen Vorwand, und während ich angeblich nach etwas suchte, das Annie vergessen hatte, lief ich in das Arbeitszimmer des Earls. Noreen wusste auch, wo die Urkunde war. Auch das hat sie
Weitere Kostenlose Bücher