03 Nightfall - Zeiten der Finsternis
verdammt gefährlich, und ich habe Angst, er könnte Heather …«
»Es reicht.«
Annie öffnete die Augen, als ein Finger mit einer dicken weißen Klaue gegen ihren Mund drückte, damit sie ihren Wasserfall aus Worten endlich versiegen ließ. Sie blickte in die himmelblauen Augen des Engels.
»Er ist der Creawdwr «, sagte er. »Ich würde ihm nie Schaden zufügen. Ich will ihn nur nach Gehenna bringen, wo er hingehört.«
Annie schob seinen Finger von ihren Lippen. »Gut«, antwortete sie, »und Dante wird dort glücklicher sein, oder? In seinem wirklichen Zuhause?«
»Natürlich. Er hat schon zu viel Zeit in der Hölle verbracht.«
Sie runzelte die Stirn. »Der Hölle?«
Der Gefallene wedelte mit der Klauenhand durch die Luft. »Hier.«
»Du meinst das Motel? Stimmt, das ist wirklich grauenhaft. Aber es war kurz vor Sonnenaufgang, und wir mussten Dante und Von aus dem Licht bringen, damit sie nicht sterben und …«
Der Gefallene seufzte. »Ich meine die Welt der Sterblichen.«
»Was soll an unserer Welt so höllenmäßig sein, Arschloch?«
»Außer der Tatsache, dass sie voller Sterblicher ist?«
»Idiot.«
Der Engel lachte, was ihn noch überheblicher erscheinen ließ. »Wie heißt du?«
»Annie, und wie nenne ich dich – außer Arschloch?«
»Stern ist hinlänglich.«
Annie rollte die Augen. »Stern? Könnte es sein, dass dein Ego für den Himmel zu groß war?«
Der gefallene Engel – Stern – betrachtete sie voll frostiger Abneigung. »Wohl kaum – selbst wenn du an diese Fantasievorstellung glauben willst.« Er verschränkte die Arme vor der nackten Brust. Sein knielanger, kobaltblauer Rock wellte sich wie Wasser, wenn er sich bewegte. Ein geflochtener dunkler Gürtel mit einer schimmernden Silberschnalle in Form eines keltischen Knotens hielt ihn in der Taille zusammen.
»Du versprichst mir, dass du Dante nicht wehtun wirst?«, fragte Annie erneut. »Alle werden wahnsinnig wütend sein, wenn sie feststellen, dass er weg ist, und ich werde so tun, als hätte ich alles verschlafen – wie die anderen auch …«
»Ich sagte, ich wünschte, ich könnte ihn mitnehmen. Ich habe nie gesagt, dass ich ihn wirklich mitnehme.«
»Warum nicht?«
»Aus freiem Willen. Schon mal davon gehört?« Stern zog eine Braue hoch.
»Soll das ein Witz sein?«
»Nein, beim freien Willen hört der Spaß auf«, antwortete Stern. »Ich muss Dantes Vertrauen, seine Freundschaft gewinnen, um mich mit ihm zu verbinden. Erst dann kann ich mit dem Creawdwr nach Hause zurückkehren. Wenn ich ihn jetzt einfach so mitnähme, könnte er alles in Gehenna in Stein verwandeln. Oder sich meinen Feinden beigesellen. Nein, den Anfällen nach zu urteilen, von denen du sprachst, muss ich mich zuerst mit ihm verbinden, und zwar schon bald.«
Sein Gesicht begann, zu strahlen und zu leuchten, so dass Annie am liebsten eine Sonnenbrille aufgesetzt hätte, um nicht so sehr geblendet zu werden. »Was passiert, wenn ihr nicht BK werdet? Was, wenn er dich hasst, sobald er dich kennenlernt?«
»BK?«
Annie seufzte. »Beste Kumpel. Was dann?«
»Natürlich werden wir Freunde. Er wird mich als seinen ersten Calon-Cyfaill erwählen.«
»Klohn was?«
»Seinen besten Kumpel. Seelenfreund und Gleichgesinnten.«
»Aber was, wenn er das nicht tut?«
»Ich habe doch dich, Annie«, sagte Stern und schenkte ihr ein weiteres Lächeln. Diesmal jedoch war es flammend und voll lüsterner Möglichkeiten.
»Mich?« Annie schüttelte den Kopf, trat aber zu ihrer eigenen Überraschung einen Schritt näher. Toll … Sein Zauberwort oder was auch immer funktioniert bei mir nicht – aber dafür Sex. Toll, ganz toll. Sie konnte nicht anders. Sie begann, sich zu überlegen, ob seine Lippen wie Dantes schmeckten – süß und berauschend wie Amaretto. »Kommt nicht infrage. Lass mich da raus. Ich will nur Heather bewachen, sonst nichts.«
»Du wirst die Saat pflanzen, die Dante dazu bringen wird, sich mir zu öffnen«, flüsterte Stern ihr verführerisch ins Ohr.
Annie schüttelte erneut den Kopf. »Nein und nochmal nein.«
Der gefallene Engel lachte leise – ein Laut, der melodisch, warm und weich in sie floss und wie flüssiger Honig durch ihre Adern rann. »Aber du steckst doch schon mitten drin.«
Mit einer Klaue hob er ihr Kinn an, wobei die Spitze diesmal nur sanft gegen ihre Haut stieß. »Du musst das tun – für Heather. Die Schönheit des Creawdwrs hat ihr Herz gefangengenommen. Du kannst sie befreien, sie beschützen. Pflanze die
Weitere Kostenlose Bücher