03 Nightfall - Zeiten der Finsternis
Aftershave.
»Müsste mal rasiert werden«, meinte der Vernehmungsbeamte.
Purcell sah von Sheridan auf zu Díon, der fast einen Meter neunzig groß war, Schultern wie ein Linebacker und karamellbraunes Haar hatte. Er war Ende dreißig oder Anfang vierzig und sah Purcell mit seinen blauen Augen an. »Ja und?«
»War nur eine Beobachtung.« Díon sah zu Sheridan. »Was brauchen Sie von mir?«
Purcell hob den Zeigefinger und beugte sich über Sheridan. Er flüsterte ihm ins Ohr: »Prejean.«
Sheridans Puls und Atmung wurden schneller, was auf den Bildschirmen eindeutig zu sehen war. Seine Lider flatterten. Purcell lachte. Goodnight hatte sich geirrt. Sheridan war nicht verschwunden und sein Körper leer. Er befand sich noch immer da drinnen.
Panisch.
Purcell ließ die Hand sinken und richtete sich wieder auf. Sein Blick richtete sich auf Díon. »Er funktioniert noch so weit, dass er einen Namen erkennt und darauf reagiert«, sagte er. »Finden Sie heraus warum. Spionieren Sie alles aus, was er weiß, und dann liefern Sie mir einen Report.«
Der Vernehmungsbeamte nickte und zog einen himmelblauen Plastikstuhl ans Bett heran. »Soll ich ihn lockerer oder härter angehen?«, fragte er und machte es sich bequem.
»Tun Sie, was notwendig ist.«
17
NIE WIEDER
Bei Damascus, Oregon, Happy-Beaver-Motel · 25. März
Prejean und Wallace blieben stehen. Sie ließen einander los, doch Wallace griff nicht nach der Waffe, die sie hinten in ihre Jeans gesteckt hatte. Der Mann am Steuer des Wagens, der mit laufendem Motor auf sie wartete, drehte den Kopf und schaute Gillespie durch seine Sonnenbrille an.
Gillespie ging in Gedanken die bekannten Verbündeten Prejeans durch. Bei dem Fahrer musste es sich um den Vampir-Nomad namens Von McGuinn alias Von Two-Guns handeln. Spitznamen konnten recht brauchbar sein.
»Waffe auf den Boden, Wallace!« Gillespie trat aus der Tür. Seine Glock hielt er mit beiden Händen auf Prejeans Schädel gerichtet.
Der Vampir fuhr herum. Es war eine so schnelle und geschmeidige Bewegung, dass Gillespie sie kaum wahrnahm. Mit heftig klopfendem Herzen zielte er weiterhin auf die bleiche Stirn des Blutsaugers.
Gillespie hatte schon viele Fotos von Prejean gesehen und wusste, dass der Vampir alle Schönheitskategorien weit hinter sich ließ. Doch weder die Aufnahmen noch sein Vorwissen hatten ihn auf das atemberaubende Gesicht des Wesens vorbereitet, das ihn nun mit seinen glühenden Augen beobachtete. Er war auf Prejeans übersinnliche Eleganz und tödliche Anziehungskraft nicht gefasst gewesen.
Einen Augenblick lang huschte ein Lächeln über Prejeans Gesicht, das aber sofort wieder verschwand.
Faszinierend – diese schlanke und höchstwahrscheinlich hungrige Raubkatze.
Gillespie sah plötzlich Rodriguez’ leeren Blick vor sich, seine zerrissene Kehle und wie sein Blut im Licht des Flurs geschimmert hatte. Diese Erinnerung jagte ihm einen eiskalten Schauder über den Rücken.
Mit trockenem Mund und schweißnassen Händen hielt er den Griff der Glock noch fester als zuvor und versuchte sich zu konzentrieren. Sein Finger krümmte sich um den Abzug.
Vampir tötet Mann in seinem eigenen Heim – noch dazu einen FBI -Agenten.
»Waffe auf den Boden, Wallace!«, wiederholte Gillespie. »Dies ist die letzte Warnung!«
»Nicht schießen!«, erwiderte sie laut und vernehmlich. »Ich bin schon dabei.« Wallace fasste mit einer Hand nach hinten, während sie die andere oben hielt. Ein Windstoß wehte einige Strähnen ihres roten Haars in ihr ruhig wirkendes, schönes Gesicht.
»Schön langsam, Wallace! Prejean, bleiben Sie, wo Sie sind. Keine Bewegung!«, donnerte Gillespie. »McGuinn, Hände hoch!«
Sobald er seine Befehle ausgesprochen hatte, erhellten Scheinwerfer den Parkplatz, und ein Fahrzeug näherte sich von der Autobahn. Es war Miklowitz’ geliehener Saturn, gefolgt von einem Crown Victoria.
Gillespie atmete befreit auf. Endlich – und mit diesem Gedanken begann alles, den Bach runterzugehen.
Der Saturn und der Crown Victoria blieben mit quietschenden Reifen so stehen, dass sie den SUV , dessen Motor noch lief, blockierten. Miklowitz, Holmes, Kaplan und die anderen sprangen aus ihren Autos und gingen sofort hinter den geöffneten Türen mit gezückten Pistolen in Deckung. Rufe klangen durch die Nacht.
Prejean hob eine Hand, um seine Augen zu schützen, während er zusammenzuckte.
Wallace riss ihre Waffe heraus und drehte sich blitzschnell Richtung Parkplatz, während sie die
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