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03 Nightfall - Zeiten der Finsternis

03 Nightfall - Zeiten der Finsternis

Titel: 03 Nightfall - Zeiten der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adrian Phoenix
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Oktober, und die Luft kühl und klar. Doch ihr ist warm, sie brennt, lebt, fliegt. Bald ist Heathers Geburtstag. Dann wird sie zwölf sein. Zwölf, aber irgendwie auch vierzig. Sie sieht zu viel und möglicherweise doch nicht genug.
    Habe ich sie verloren?
    Shannon strauchelt, ihr Absatz verfängt sich am unebenen Asphaltrand der Straße. Sie lacht. Gut, dass sie nicht fährt. Immerhin etwas Gutes an der Sache. Sie leckt sich eine Fingerspitze ab und zeichnet einen unsichtbaren Strich in die Luft. Dann zieht sie den Schuh aus und mustert den Absatz.
    Scheinwerfer durchdringen die Nacht. Sie streckt den Schuh statt des Daumens raus und balanciert dabei lächelnd auf einem Bein. Die Scheinwerfer blenden sie, zwei helle Kreise erfüllen ihr Sichtfeld.
    Das Auto hält am Straßenrand, die Reifen knirschen auf dem Kies des Seitenstreifens. Der Auspuff stößt eine Abgaswolke aus, und der benebelnde Geruch von Benzin liegt in der kalten Luft.
    Geblendet schwankt sie, als sie versucht, den Schuh wieder anzuziehen. Ein paar Schritte hüpft sie rückwärts, ehe sie auf den Hintern plumpst. Sie wirft den Kopf zurück und lacht lauthals. Gut, dass sie sich keinem Alkoholtest unterziehen muss. Noch ein Gutes, das die Sache hat. Sie malt einen weiteren unsichtbaren Strich in die Luft. Dann zieht sie den anderen Schuh aus und steht auf, wobei sie nur ein wenig wankt. Sie klopft sich den Schmutz vom Hintern, als der Fahrer die Autotür öffnet.
    Ein Mann steigt aus. Der Motor läuft noch. Etwas schimmert matt in seiner Hand.
    »Brauchst du Hilfe, Shannon?«, fragt er.
    Shannon schützt mit der Hand ihre Augen vor dem aufdringlichen Scheinwerferlicht. Sie erkennt die hochgewachsene Gestalt mit dem zerzausten dunklen Haar und dem angespannten Lächeln und murmelt: »Scheiße.«
    Ihre gute Laune, ihre Joie de vivre – wie das ihre Trinkkumpane in der Driftwood Bar and Lounge nennen –, ist schlagartig verflogen. »Was tust du hier, Craig? Schickt Jim dich?«
    »Jim? Nur wenn du auf der Liste der meistgesuchten Männer Amerikas stehst.« Craig lacht, aber Shannon glaubt, einen scharfen Unterton herauszuhören. Sie fragt sich, ob zwischen ihrem Mann und seinem besten Freund etwas vorgefallen ist. »Ich habe einem Kumpel geholfen, der sein Auto reparieren musste. Bin auf dem Rückweg.«
    »Deshalb hast du auch den Hammer in der Hand oder was?«
    Craig sieht nach unten, als bemerke er erst jetzt, dass er tatsächlich einen Hammer in der Hand hat. Seine Fingerknöchel zeichnen sich weißlich ab, so fest hält er ihn. Er schaut zu Shannon auf und flüstert: »Steig ein, ich bringe dich heim.«
    Shannon schüttelt den Kopf. Der Freund und Kollege ihres Mannes scheint aus irgendeinem Grund außergewöhnlich angespannt zu sein. Wahrscheinlich braucht er einen Drink. Sie unterdrückt das Lachen, das in ihr aufsteigt.
    »Aber danke.«
    Craig seufzt. »Du lässt mich dich nicht heimfahren?«
    »So ist es«, antwortet sie. »Gut kombiniert. Ich komme nicht mit. Egal, was du sagst – ich weiß, dass Jim dich schickt. Ich gehe jetzt ins Driftwood zurück und rufe ein Taxi.«
    Mit den Schuhen in der Hand versucht Shannon erfolgreich, so entschlossen wie möglich zu wirken und das Gleichgewicht nicht zu verlieren. Gut. Sie klopft sich in Gedanken anerkennend auf die Schulter und spürt, wie ihre Joie de vivre zurückkehrt. Sie tritt auf die glatte Straße, um den quälenden Kieselsteinen zu entgehen.
    »Sag Jim, er kann zur Hölle fahren, und du gleich mit!«
    »Ich habe das Gefühl, als würdest du da zuerst hinkommen.«
    Shannon hört ein bekanntes Geräusch. Ein Geräusch, das sie erschüttert mitten im Schritt innehalten lässt: das Klicken einer Waffe, die geladen wird.
    »Steig in den gottverdammten Wagen, Shannon.«
    Heather versuchte, die Augen zu öffnen. Sie versuchte, wach zu werden, schaffte es aber nicht. Unsichtbare, bleischwere Hände schienen sie festzuhalten. Sie zu lähmen. Der Traum verschob sich. Sie sah den einsamen Highway, ein stehendes Auto mit laufendem Motor, zwei Leute – ihre vor langer Zeit ermordete Mutter und ihren vor kurzem verstorbenen Mentor beim FBI –, deren Ziel es war, sich zu zerstören. Sie sah eine Taverne, aus der ein warmes Licht strömte … all das raste an ihr vorbei und wurde immer kleiner und kleiner, bis es schließlich ganz verschwunden war.
    Etwas zerrte an Heather und versuchte, sie in die Dunkelheit hinunterzureißen. Sie keuchte, als der Schmerz hinter ihren Lidern kratzte und krallte. Ein

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