03 Nightfall - Zeiten der Finsternis
aufstehen kann. Ich werde diesem gottverdammten Papa nicht erlauben, uns zu begraben.«
Heather legte eine warme Hand auf seine Wange. »Du bist nicht in diesem Grab, Baptiste. Das ist vor langer Zeit passiert«, erklärte sie. »Du bist mit mir auf der Fahrt nach New Orleans. Ich werde dich nicht fallenlassen. Ich lasse dich nicht los.«
Weiße Stille breitete sich in Dante aus und verbannte die ohrenbetäubenden Wespen und das Gift, das sie in seine Adern jagten. Sie verbannte auch die schrecklichen Stimmen. Alles endete. Die Welt drehte sich weiß und still um ihn – nur der Sog des Polarsterns in Heathers Stimme drang an sein Ohr.
»Bleib im Hier und Jetzt«, sagte Heather. »Bleib bei uns.«
Furcht breitete sich wie ein Eismeer in ihrem Inneren aus. Sie starrte auf Dantes glühende Hände. Es waren dieselben Hände, mit denen er Violet verwandelt hatte, die sie nun hinter ihren geschlossenen Augenlidern sah.
Schwarzes Haar verwandelt sich in rote Locken, goldene Haut wird blass und voller Sommersprossen, lebendiges Himmelblau ersetzt das tote Jadegrün der Augen.
Es war eine Umformung, die er nicht bewusst herbeigeführt hatte. Da war sich Heather sicher. Doch da er sich in seiner Vergangenheit verloren hatte, schien er auch die Kontrolle über seine magischen Kräfte zu verlieren.
»Dann traust du ihm also?«
»Ich würde ihm mein Leben anvertrauen.«
Heather beugte sich herunter und flüsterte Dante in sein Ohr, das voller Ringe war: »Ich werde dich nie verlassen, Baptiste. Also verlass du mich auch nicht. Komm zurück.«
Dantes angespannter Körper zitterte für einen Augenblick, dann öffnete er seine von blauem Licht umgebenen Fäuste. Er schloss die Augen und zwang sich, einen Muskel nach dem anderen zu lockern. Blaue Flammen tanzten über die Ringe an seinen Fingern. Sie funkelten auf den Schenkeln seiner Lederhose.
»Heiliger Strohsack, ist das Blau, was ich da im Rückspiegel sehe? Brauchst du Hilfe, Püppchen?«
»Scheiße!«, rief Annie. »Wirf ihn raus, ehe er jemanden berührt!«
»Halt an, falls ich schnell reagieren muss. Das will ich nicht während der Fahrt tun.«
»Verstanden.«
Der SUV wurde langsamer, als Von vom Gas ging und das Fahrzeug auf den Seitenstreifen lenkte, wo er die Warnblinkanlage einschaltete.
Heather fuhr über Dantes bleiche Wange. Seine dichten, schwarzen Wimpern verstärkten noch die Ringe unter seinen Augen. »Ich bin hier«, sagte sie.
»Moi aussi«, antwortete er.
Heather stockte der Atem, als Dantes Lied, eine wunderschöne, tief berührende Arie, zwischen ihnen in den Himmel stieg, ein Öffnen seines Herzens, kristallklar und kraftvoll. Es spielte auf den Saiten ihrer Seele – ein wildes Lied, leidenschaftlich lodernd und voller Zärtlichkeit.
In Heathers Adern entflammte ein Feuer, das ihr Herz in Brand setzte.
Dante öffnete die Augen. Goldene Flecken zeigten sich in seiner braunen Iris, doch seine Hände hatten aufgehört, blau zu leuchten. Er fasste mit fiebrigen Fingern nach Heathers Gesicht und strich über ihre Kinnlinie bis zum Hals hinab.
»Je t’aime«, wisperte er.
»T’es sûr de sa?«, antwortete sie mit belegter Stimme. »Denn ich liebe dich auch.«
Ein Lächeln erhellte Dantes Gesichtsausdruck. »Ja?«
»O ja.«
Dante stützte sich mit einem Ellbogen ab, als sie sich zu ihm herabbeugte. Seine erhitzte Hand legte sich um ihren Nacken. Er küsste sie lange und intensiv. Seine Lippen brannten auf den ihren, und ihr verschlug es den Atem. Sie schmeckte Amaretto auf ihren Lippen und ihrer Zunge, als sie den Kuss vertiefte und sich in seine Haare krallte. In ihrem Bauch flatterte es.
Als der Kuss atemlose Minuten später endete, strich Dante über Heathers Lippen. Er sah sie liebevoll und voller Offenheit an. Sein wundervolles, bleiches Gesicht war friedlich und nachdenklich.
»Sosehr ich mich auch verliere, ich werde dich immer wiederfinden. Immer.«
»Das solltest du auch«, wisperte sie, wobei sich ihr der Hals zuschnürte.
Dante zog sie zu sich herab, um sie erneut lange und leidenschaftlich zu küssen.
21
AUF DEM WEG IN DIE HÖLLE
Bei Boise, Idaho, Rolling Rick’s Raststätte · 26. März
»Mist.«
Heather starrte auf die Schlagzeilen, die in einem Zeitungskasten vor Rolling Rick’s Trucker-Raststätte aushingen.
»Tragisch: FBI -Staragentin geistig umnachtet«, stand da.
Rutgers hatte ihre Drohung wahrgemacht, und sie hatte keine Zeit verschwendet. Schließlich waren erst drei, nein, vier Tage seit ihrem Meeting
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