03 - Nur ein einziger Biss
stieß ihn zurück in die breite Brust. Dieses Mal traf er ins Schwarze, und die silberne Klinge bohrte sich tief in das Herz der Wolfstöle. Sie heulte vor Schmerz auf und versuchte zurückzuweichen.
Viper richtete sich auf und sah, wie der Werwolf hinter einen Container in der Nähe kroch. Er machte sich nicht die Mühe, ihm zu folgen. Die Wolfstöle konnte nicht überleben, und er war nicht so grausam, dass er sie hätte sterben sehen wollen.
Außerdem wollte er sich vergewissern, dass Styx seine Gegner bezwungen hatte.
Viper drehte sich um, um nachzusehen, ob sein Kamerad Hilfe brauchte, und wurde von dem leisen Geräusch von Schritten, die über ihnen erklangen, abgelenkt.
Er warf einen Blick auf das Dach des verfallenden Hotels neben ihnen und erwartete den Anblick einer Wolfstöle, die sie überraschen wollte. Was er stattdessen sah, ließ ihm das Blut in den Adern gefrieren.
»Styx!«, brüllte er warnend, als er sah, wie die Schattengestalt über ihnen sich aufrichtete und eine Armbrust direkt auf das Herz seines Freundes richtete.
Viper streckte den Arm aus, um Styx zur Seite zu stoßen, als der Silberpfeil bereits durch die Nacht schoss. Der Vampir war schnell, aber obgleich es ihm gelang, Styx weit genug von der Stelle zu bewegen, um einen tödlichen Treffer zu vermeiden, durchbohrte der Pfeil Styx’ Brust mit einem fürchterlichen Zischen.
Der große Vampir blickte zu der Wunde herunter. Seine Miene war angespannt vor Schmerz. Dann stürzte er zitternd und mit einem Stöhnen nach vorn und erreichte beinahe den Boden, bevor Viper ihn hochhob und mit ihm aus der Gasse stürmte.
Darcy hatte ihre Sachen ausgepackt, die Küche aufgeräumt, war in ihrem Raum auf- und abgelaufen und brachte ihre Pflanzen in dem wunderschönen Wintergarten unter, während sie geistesabwesend Levets Geschwätz zuhörte. Plötzlich hörte sie Schritte im Flur.
Das hätte eigentlich nicht ihre Aufmerksamkeit wecken dürfen, wenn man bedachte, dass das Haus buchstäblich mit Leuten gefüllt war. Sie hatte in der kurzen Zeit, die sie schon als Geisel verbrachte, mindestens ein halbes Dutzend Wächter gezählt. Aber dabei handelte es sich um Vampire.
Wenn sie vielleicht auch sonst nicht viel gelernt hatte - sie wusste, dass Hunderte von ihnen in der Dunkelheit lauern konnten, ohne dabei auch nur einen einzigen Mucks von sich zu geben. Das war nicht gerade ein besonders tröstlicher Gedanke.
Darcy ließ Levet die restlichen verwelkten Pflanzen gießen, während sie den Flur betrat und auf eine offene Tür zuging, die ihr wegen der Täfelung aus dunklem Nussbaumholz zunächst nicht aufgefallen war. Sie spähte in die
Dunkelheit und war nicht überrascht, als sie eine schmale Treppe entdeckte, die tief unter die Erde führte. Es schien nur natürlich zu sein, dass Wesen, die die Sonne fürchteten, eine Vorliebe für Orte hatten, die vom Sonnenlicht nicht erreicht wurden.
Von unten kam ein leises Schlurfen. Darcy holte tief Luft und stieg die Stufen hinunter, bevor sie über die unzähligen Gründe nachdenken konnten, warum das eine schlechte Idee war.
Der Geruch von fruchtbarer schwarzer Erde umgab sie, als sie einen breiten Tunnel erreichte. Das war trotz der drückenden Dunkelheit ein beruhigender Geruch, und sie hielt inne, um sich zu orientieren.
Mehrere kleinere Tunnel führten von dem Hauptgang weg. Darcy nahm an, dass sie zu Verstecken führten oder vielleicht dazu gedacht waren, schnelle Fluchten zu ermöglichen.
Flucht.
Diesen Gedanken sollte ich im Kopf behalten, dachte sie insgeheim. Aber nicht heute Nacht. Nicht, wenn der in einen Kapuzenumhang gehüllte Wachtposten sie beobachtete, der vor dem Eingang zu etwas stand, was ein kleiner Raum zu sein schien. Und nicht, bevor sie herausgefunden hatte, was der Grund dafür war, dass unverkennbar Anspannung in der Luft lag.
Sie brachte die kurze Distanz hinter sich und blieb unmittelbar vor dem regungslosen Vampir stehen. »Was ist los?«, fragte sie. »Was ist passiert?«
Mit einer Bewegung, die zu schnell war, als dass menschliche Augen ihr hätten folgen können, hatte der Wachtposten seine Kapuze heruntergezogen, und Darcy machte rasch einen Schritt nach hinten. In den dunklen Augen lag
ein seltsames Glühen, und die voll ausgefahrenen Vampirzähne waren überdeutlich zu erkennen.
»Der Meister wurde verletzt«, sagte der Vampir mit rauer Stimme.
»Verletzt?« Ein scharfer Schmerz durchzuckte ihre Brust, und das Bedürfnis, Styx zu sehen, das sie die
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