03 - Nur ein einziger Biss
erstaunlich tapfer zu sein, wenn die Situation es erfordert.«
»Ich kann verstehen, warum.« Darcys Blick glitt zu dem Umschlag in seiner Hand. »Haben Sie denn etwas Wertvolles gefunden?«
»Es ist mit Sicherheit faszinierend.«
»Kann ich es sehen?« Sie streckte die Hand aus und war überrascht, als er zögerte. »Levet?«
Er seufzte grollend auf. »Ich nehme an, Sie müssen sie
irgendwann zu Gesicht bekommen, auch wenn ohne Zweifel meine männlichen Teile abgemeißelt sein werden, wenn ich erwache.«
Das Kältegefühl wanderte in Darcys Magengrube. Sie konnte sich nicht vorstellen, was die Werwölfe besessen haben sollten, was sie betraf. Und sie musste zugeben, dass ein kleiner Teil von ihr sich ziemlich unbehaglich fühlte. Aber sie musste es trotzdem wissen. Sie musste einfach. »Was ist es?«, flüsterte sie.
Mit einer unbeholfenen Bewegung schob der Gargyle den Umschlag in ihre Hand.
Darcy setzte sich auf einen der Holzstühle, die um den Tisch herumstanden. Das schien eine kluge Vorsichtsmaßnahme zu sein, da ihre Knie jetzt schon weich waren. Nachdem sie den Umschlag geöffnet hatte, zog sie einen ganzen Stapel Fotografien heraus und verteilte die Bilder auf dem Tisch.
»O Gott«, keuchte sie und verengte die Augen zu Schlitzen, als sie die zahlreichen Fotos betrachtete. Auf allen war sie selbst zu sehen, und alle stammten aus den vergangenen zwei Wochen: Darcy im Lebensmittelgeschäft. Darcy im Park. Darcy in der kleinen Wohnung (zum Glück in der Küche und nicht im Bad). Eine Welle der Übelkeit wogte durch ihren Magen. »Sie haben mich ausspioniert. Das ist einfach … unglaublich.«
»Es gibt noch mehr«, erklärte Levet leise.
Darcy blickte überrascht auf, als er ihr noch ein Foto gab, das er versteckt gehalten hatte. Sie nahm das Bild in die Hand und fühlte, wie ihr Herz einen heftigen Satz machte, als sie sich die Frau mit dem langen hellblonden Haar und den grünen Augen genau ansah. Wenn sie nicht deutlich längere Haare gehabt hätte, hätte sie als Darcys
eineiiger Zwilling durchgehen können. »Mein Gott, sie sieht aus wie ich!«, keuchte Darcy.
»Ja.«
»Sie muss eine Verwandte von mir sein.« Darcy befeuchtete sich die mit einem Mal trockenen Lippen mit der Zunge, während sie aufsah, um Levets vorsichtigem Blick zu begegnen. »Vielleicht sogar … meine Mutter.«
Vollkommen überwältigt von dem Gefühl, dass die ganze Welt sich plötzlich aus einem völlig neuen Blickwinkel zeigte, bemerkte sie die große, schweigende Gestalt nicht einmal, die jetzt den Raum betrat und sie mit suchendem Blick ansah. Eine kühle Hand berührte sie an der Schulter.
»Darcy, was gibt es?«
Darcy fuhr leicht zusammen. Als sie den Kopf in den Nacken legte, stellte sie fest, dass Styx direkt hinter ihrem Stuhl stand.
Ihre Hand zitterte, als sie ihm das schockierende Bild hinstreckte. »Sieh mal.«
Unerwarteterweise verhärteten sich seine Züge und zeigten einen gefährlichen Ärger. »Woher stammt das Bild?«
Levet trat mit störrischer Miene vor. »Aus Salvatores Versteck. Du hast zu mir gesagt, ich solle es durchsuchen.«
Der Vampir fauchte leise und verärgert. »Und die Dinge zu mir bringen, die du findest, nicht zu Darcy! Was zum Teufel hast du dir dabei gedacht?«
Darcy blinzelte verwirrt, während der Gargyle nervös mit den Flügeln flatterte. »Weshalb sollte sie sie nicht zu Gesicht bekommen? Schließlich betreffen die Bilder sie.«
»Natürlich betreffen sie mich!«, sagte Darcy und stand auf. Sie verstand Styx’ merkwürdige Reaktion nicht, doch
im Moment war sie zu überwältigt, um lange darüber nachzudenken. Nichts spielte eine Rolle außer dem Bild. »Das ist … ich weiß nicht. Ich muss mit Salvatore sprechen.«
»Das kommt nicht infrage!«
Darcy drückte das Kreuz durch und funkelte wütend den Vampir an, der über ihr aufragte. Zum ersten Mal bemerkte sie die elegante Robe, die er trug. Sie war ohne Zweifel ein Symbol seiner Amtsgewalt. Ein Symbol, das ihm offensichtlich zu Kopf gestiegen war, wenn er dachte, sie herumkommandieren zu können, als sei sie einer seiner Vampirlakaien!
»Das kommt sehr wohl infrage!« Sie schwenkte das Bild unter seiner arroganten Nase hin und her. »Verstehst du, was das hier bedeutet? Ich habe … eine Familie! Und der Werwolf weiß, wo sie ist.«
So schnell, dass sie es nur verschwommen wahrnahm, hatte er ihr das Bild aus den Fingern gerissen und starrte sie mit glühenden schwarzen Augen an. »Und was, wenn es sich dabei
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