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03 - Saison der Eifersucht

03 - Saison der Eifersucht

Titel: 03 - Saison der Eifersucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Chesney
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Neulackieren meiner Kutsche von
deinem Lohn abziehen, und finde dich morgen um zwei Uhr nachmittags in meinem
Arbeitszimmer ein.«
    Bevor Luke etwas
sagen konnte, hatte Lord Charteris bereits sein Fenster nach oben geschoben und
mit seinem Stock an das Kutschendach geklopft, zum Zeichen dafür, dass der
Kutscher weiterfahren konnte.
    »Das war's dann«,
sagte Luke und wendete die Kutsche. »Ich hab' dem alten Blenkinsop erzählt,
dass ich meine Großmutter in Euston besuchen Muss, weil sie im Sterben liegt.«
    »Und das hat er
geschluckt?« rief Joseph aus. »Du hast doch Blenkinsop schon letztes Jahr, als
wir nach Ascot fuhren, erzählt, dass du auf der Beerdigung deiner Großmutter
warst.«
    »Halt die Klappe«,
murmelte Luke verdrießlich.
    »Wir können nicht
einfach ohne Beauty zurückfahren«, rief Lizzie.
    »0 doch, das können
wir«, sagte Joseph wütend. »Du erwischt ihn jetzt sowieso nicht mehr. Mir ist
es auch egal, wenn er ertrunken ist.«
    Lizzie sprang aus
dem fahrenden Einspänner und hätte beinahe das Gleichgewicht verloren. Dann
verschwand sie in der Menge.
    »Laß sie laufen«,
meinte Luke. »Der Hund ist längst weg, und es ist nicht so weit bis zur Clarges
Street, dass sie nicht zurückfindet.«
    Joseph hatte das
Gefühl, er sollte aussteigen und Lizzie nachlaufen, aber er hielt kleine Füße
für aristokratisch und trug seine besten Schuhe, die ihm zwei Nummern zu klein
waren. Seine Zehen pochten und schmerzten. Er würde einige Lügen erzählen
müssen, wenn er zurückkam. Doch Lizzie würde ihn nicht im Stich lassen. Das tat
sie nie.
    Lizzie lief zu
einer der Brückenausbuchtungen und schaute nach Stangate auf der Südseite der
Themse hinüber. Das da war bestimmt Beauty. Zwei junge Männer packten gerade
seine Leine und zogen ihn mit sich fort. Mit einem Schreckensschrei machte sich
Lizzie wieder auf die Beine. Sie rannte Stangate und die Fore Street entlang,
bis sie im schwindenden Dämmerlicht Beauty vor sich sah, der immer noch von den
beiden jungen Männern gezogen wurde.
    Beauty hatte jetzt
endgültig die Nase voll. Er hatte sich gerade von dem Schock erholt, dass er
grausam in eine Richtung gezerrt wurde, in die er gar nicht wollte. Genug war
genug. Mit einer blitzschnellen Bewegung grub er seine Zähne in den Knöchel des
einen jungen Mannes, der einen Schmerzensschrei ausstieß und die Leine fallen
ließ. Beauty roch den Duft von Bäumen und Blumen und Gras, all die Gerüche des
Landes, all die Gerüche der Heimat. Er ergriff so schnell er konnte die Flucht
und sauste unter dem Drehkreuz am Eingang hindurch in den Vergnügungspark
Vauxhall und ins Gebüsch, wo er sich erst einmal hinstreckte und seine Freiheit
in vollen Zügen genoss.
    Lizzie, die ihn im
Park hatte verschwinden sehen, beschloss, dass ihr nichts anderes übrigblieb,
als ihm zu folgen.
    Der Vergnügungspark
öffnete normalerweise erst im Mai seine Pforten, aber an diesem Abend war er
schon vorzeitig aufgemacht worden, um den letzten Auftritt der berühmten
Balladensägerin, Mrs. Carlisle, zu feiern.
    Der Park bestand
aus einem quadratischen Wäldchen von vielleicht zwölf Morgen dicht gepflanzter
Bäume. Durch die Bäume führten vier Hauptalleen, die im rechten Winkel von
kleineren Wegen durchschnitten wurden. In den Lichtungen befanden sich griechische
Säulen, Lauben, Theater, Tempel, eine Orchesterbühne und ein Tanzboden.
Ungewöhnlich an dem Park war, dass es dort keine Klassenschranken gab -
das gewöhnliche Volk vergnügte sich hier genauso wie die Mitglieder der
allerersten Gesellschaft.
    Lizzie griff durch
den Schlitz in der Seitennaht ihres Kleides, um aus der Tasche ihres Unterrocks
einen Shilling, den ihr Rainbird gegeben hatte, herauszuholen. Sobald sie im
Park war, stellte sie fest, wie schwierig die Lage für sie als Mädchen ohne
Begleitung war. Jedes Mal, wenn sie vom Weg abging, um in dem Wäldchen nach
Beauty zu suchen, wurde sie von einem angetrunkenen Kerl verfolgt und musste
sich mit Händen und Füßen wieder auf den sicheren Weg zurückkämpfen. Sie
versuchte, »Beauty« zu rufen, aber ein Chor von Rüpeln ließ ein solch
höhnisches Echo ertönen, dass sie beschloss, schweigend zu suchen. Sie spürte,
wie sie bereits wieder schwach und schwindlig wurde. Die Angst um Harriets
Liebling und ihre bequemen neuen Schuhe hatten ihr bis zu diesem Augenblick
Flügel verliehen, aber jetzt zitterten ihre Knie; sie stolperte in der
Dunkelheit herum und hielt jeden Schatten, der sich ein bisschen bewegte,

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