03 - Sarggeflüster
das Zeug sein.“ Klar. Ein Blick in ihre weit aufgerissenen Augen, und ich wusste, dass sie Kaffee genauso hasste wie ihren Ex. Ihre erste Verabredung hatte in einer Espressobar stattgefunden, und bis heute konnte sie solche Orte nicht betreten, ohne irgendjemandem körperliche Gewalt anzudrohen.
Ich lächelte. „Sie sollten jemanden finden, der Ihre Leidenschaft für, äh, Kaffee teilt.“
„Ja, das sollte ich vielleicht wirklich.“
„Sie sind attraktiv. Stehen in der Blüte Ihres Lebens. Sie verdienen Besseres als einen untreuen Ex.“ „Ja, das stimmt.“
„Das Leben hat so viel mehr zu bieten, als nur Laufbursche für jemanden anders zu sein.“ Die Worte waren aus meinem Mund geströmt, bevor ich sie aufhalten konnte, aber sie schien meinen Patzer gar nicht zu bemerken, der verriet, dass ich ihr auf die Schliche gekommen war, oder dass ich wenigstens wesentlich mehr bemerkte als die durchschnittliche fabelhaft gekleidete heiße Braut. „Sie könnten sich amüsieren, statt durch New York zu hetzen und Privatschnüffler für Ihre Mutter zu spielen.“
„Das könnte ich wohl.“
„Rufen Sie mich an, und ich werde jemanden für Sie finden“, versicherte ich ihr. „Garantiert.“
Aufregung leuchtete in ihren Augen, als sie die Karte anstarrte. Dann schien sich ihre Miene etwas zu verdüstern, während sie nachdachte. „Ist das denn nicht furchtbar teuer?“ Sie schüttelte den Kopf. „Weil ich im Augenblick nämlich wirklich aufs Geld achten muss.“ Mr Ex hatte sie bis aufs Hemd ausgezogen und es ihr so richtig gezeigt, dem armen Ding.
„Ehrlich gesagt, ich biete zurzeit einen Sondertarif für Kaffeeliebhaber an, die einen eigenen Fotoapparat besitzen.“ Mann, war das lahm. Aber ich hatte einen schlaflosen Tag hinter mir, und mit meiner Brillanz war es nicht allzu weit her. „Ein kostenloses Profil, plus zwei potenzielle Partner, immer vorausgesetzt natürlich, dass Sie Ihre Kamera zur ersten Verabredung mitbringen und ein paar Aufnahmen für Dead End Dating machen. Ich habe nämlich vor, meine Website mit ein paar Fotos aufzupeppen.“ Was soll ich sagen? Ich war wohl doch noch nicht ganz am Ende.
„Abgemacht.“ Sie lächelte und ich lächelte.
Ich wandte mich um und ging. Diesmal folgte mir niemand.
Ich brachte Nina die Jacke und den Schal ins Waldorf. Im Gegenzug gab sie mir einige Broschüren über das Hotel und eine Bestätigung für die Buchung der Hochzeit.
Nächster Halt? Jacks und Mandys Wohnung.
Zehn Minuten und eine gruselige Taxifahrt später (gab es in dieser Stadt eigentlich auch andere?) stieg ich die Stufen von Jacks Sandsteinhaus empor.
Ich klingelte und er drückte den Türöffner. Ich wollte gerade an die Wohnungstür klopfen, als sie aufgerissen wurde und ich in ein rundes, pausbackiges, rotwangiges Gesicht starrte.
„Harriet?“
„Guten Abend, Miss Lil“, begrüßte mich die alte Frau. Sie trug das übliche gestärkte schwarze Kleid und eine frisch gebügelte Schürze. Auf ihrem kurzen silbrigen Haar saß eine kleine schwarze Haube. „Wie schön, Sie zu sehen.“
Harriet war die Zofe meiner Mutter. Sie war ein Abkömmling in der x-ten Generation des ursprünglichen Dienstmädchens, das sich um meine Mutter gekümmert hatte, als diese ein Kind gewesen war. Meine Mutter schätzte Harriet fast ebenso sehr wie ihre Sammlung seltener Chanel-Parfumflakons.
Meine Mutter konnte ohne sie nicht leben.
Bis zu diesem Tag, offensichtlich.
„Was machen Sie denn hier?“, fragte ich die alte Frau.
„Ich unterstütze Mr Jack.“ Sie lächelte erneut und bat mich mit einer Handbewegung hinein. „Setzen Sie sich doch bitte. Kann ich Ihnen etwas anbieten? Eine Weinschorle? Mineralwasser? Ein Glas Blut?“
„Ich ... äh, nein.“ Mein Blick fiel auf Jack, der auf dem Sofa ausgestreckt lag, die Fernbedienung in der Hand. Auf dem Tisch vor ihm lag ein Stapel seiner Lieblingszeitschriften (GQ und Maxim und sogar ein paar Exemplare des seltenen Aristokrat und Vampir), zwei Flaschen des teuersten importierten Blutes, das auf dem Markt war, ein zusätzliches Kissen und ein brandneuer iPod mit Dockingstation. „Mom hat dir dieses ganze Zeug geschickt, stimmt's?“ Er nickte. „Und Harriet auch?“
„Ich soll mich schonen“, antwortete Jack. „Und Harriet ist hier, um sicherzustellen, dass ich auch genau das tue.“ Er grinste. „Ich kann's immer noch nicht fassen.“
„Was?“
„Dass Mom ihre Meinung doch noch geändert hat. Sie hat Mandy endlich akzeptiert, und
Weitere Kostenlose Bücher