03 - Sarggeflüster
„Gleich nach meinem Termin bei Hans.“
„Feigling.“
13
„Ich kann nicht fassen, dass wir hier sind“, verkündete John, als wir im Eingang zum Hauptspeisesaal der Lady of the Sea standen, einem kleinen Charterschiff, das ein feierliches Abendessen und Tanz und eine spektakuläre Aussicht auf den Hudson um Mitternacht bot.
Ringsum an den Wänden des riesigen Raumes waren überall Fernsehkameras aufgebaut, jede von einem Mann oder einer Frau mit Headset und Mikrofon bemannt. Der hektische Produzent stand mit einem Klemmbrett in der Hand nur wenige Meter von uns entfernt, begutachtete die Menschenmenge und hakte die Neuankömmlinge ab. Die Finalistinnen (fünfzig, um genau zu sein) standen hier und da in kleinen Grüppchen herum, Drinks in den Händen, und erwarteten die Ankunft von Manhattans begehrtestem Junggesellen. In der Nähe der Bar spielte ein Bigband-Trio eine Instrumentalversion von „Disco Inferno“.
„Aber das sind wir.“ Meine Nasenflügel weiteten sich, und ich sog das Aroma von zu viel Parfüm, jeder Menge Haarpflegeprodukten und einem Überfluss an blank liegenden Nerven ein. „Aus welchem Grund auch immer“, jedenfalls war es einer, der sich meiner Kenntnis entzog, „haben wir es genau wie die anderen hier in die erste Runde geschafft“
„Nicht wir wie ,Sie und ich'. Wir wie in ,ich und meine beiden Mädchen'.“ Er umfasste seine Brüste. „Diesmal musste La Perla eine Sonderanfertigung bestellen, und beinahe hätte ich sie heute gar nicht bekommen. Sie sind doch nicht etwa schief, oder?“
Ich beäugte ihn von Kopf bis Fuß. Er trug ein dunkelblaues Seidenkleid mit angeschnittenen Ärmeln und Empire-Taille, dazu silberne Sandalen. Mein Blick wagte sich wieder in nördlichere Gefilde zurück und blieb in der fraglichen Gegend hängen.
„Sie sind vollkommen gleichmäßig und sogar noch größer als letztes Mal.
Haben Sie eine Körbchengröße zugelegt?“
John grinste. „Ich denke mal, ich hab es diesen Babys da zu verdanken, dass ich bis hierher gekommen bin, also, je größer, desto besser.“ Er dehnte seinen Rücken. „Sie sind allerdings ein bisschen schwerer, als ich zuerst angenommen hatte.“
„Betrachten Sie sie einfach als Sicherheitsmaßnahme. Die werden Sie wunderbar über Wasser halten, falls wir einen Eisberg rammen.“
„Wir befinden uns auf dem Hudson. Hier gibt es keine Eisberge.“
„Dann eben einen Container oder eine Leiche.“
Ich überprüfte noch einmal meinen Stapel mit den Visitenkarten, musterte einige Kandidatinnen, an denen ich besonders interessiert war - attraktive, erfolgreiche Frauen, die verzweifelt genug waren, es mit einer Partnervermittlung zu versuchen, sollten sie heute Abend rausfliegen -, und betrat beschwingten Schrittes den Speisesaal, dicht gefolgt von John.
Die nächste halbe Stunde lang mischten wir uns unter das Volk. Dann trieb der Produzent alle zu einer Gruppe in der Nähe des Eingangs zusammen. Die kleine Kapelle begann eine Instrumentalversion von „There she is, Miss America ...“ zu schmettern.
Die Türen öffneten sich. Beifall wurde laut, gefolgt von allgemeinem, aufgeregtem Getuschel.
Ich trat ein paar Schritte zurück, fest entschlossen, nicht von dem Massenansturm umgerannt zu werden (hier ging es um fünfzig Frauen, biologische Uhren, die gnadenlos tickten, und einen einzigen verfügbaren Mann), und musterte den Mann, der jetzt durch die Tür trat, abschätzend.
Mr Weather war so gut aussehend und reich und von sich selbst eingenommen (ich bin ein Vampir, ich erkenne so was auf den ersten Blick), dass ich mich fragte, ob er nicht vielleicht als Kind irgendwie auf einem großzügigen Anwesen in Frankreich gelandet und von einem Rudel gebürtiger Vampire aufgezogen worden war.
Sie müssen sich Tarzan vorstellen, aber in einem schwarzen Gucci-Anzug anstelle des Lendentuchs.
Er war groß und braun gebrannt, mit blonden Haaren, grünen Augen und einem Lächeln, das umwerfend genug war, um eine ganze Stadt voller Fernsehzuschauer zu bezaubern.
John stieß mir den Ellbogen in die Seite. „Er ist irgendwie niedlich.“
„Jetzt erzählen Sie mir bloß nicht, dass Ihnen die Tittis zu Kopf gestiegen sind.“
Er zuckte mit den Schultern. „Seit wann ist es denn ein Verbrechen, wenn ein Mann das Aussehen eines anderen Mannes zu würdigen weiß? Es ist ja schließlich nicht so, als ob ich den Typ anfassen wollte. Zum Teufel damit, ich werde mich ihm nicht mal bis auf zwei Meter nähern. Ganz bestimmt
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