03 - Sinnliche Versuchung
Dann ging sie wieder hinein.
Danes Augen wichen
nicht von ihrem bleichen Gesicht. »Besser?«, murmelte er.
Sie brachte immer
noch kein Wort hervor, nickte nur und versuchte verzweifelt sich zu fassen. Er
schien es zu bemerken und betrachtete sie forschend.
»Es geht Ihnen doch
wieder gut, oder?«
Sie hob den Kopf.
»Wieso sollte es mir nicht gut gehen?«, Sagte sie so würdevoll wie nur
möglich.
Er lächelte
schwach. »Ja, wieso?« Das Lächeln schwand. »Aus Ihnen soll man schlau werden.
Zuerst schießen Sie auf mich und dann weinen Sie.«
Julianna wusste
nicht, was sie sagen sollte und zog es vor zu schweigen.
Er öffnete den Mund,
als wollte er etwas sagen, aber dann hielt er plötzlich inne. Die Augen trübten
sich und der Blick schweifte ab. Kaum merklich schüttelte er den Kopf. Er
versuchte wach zu bleiben. Aber es war zwecklos. Die Augen Fielen ihm zu. Die
Schmerzen und die Erschöpfung forderten ihren Tribut.
Das dachte sie
jedenfalls.
Plötzlich öffnete
er die Augen.
»Parzival. Ich habe
Parzival vergessen.« Er war sehr aufgeregt. »Er muss versorgt werden.«
Julianna zog die
Stirn in Falten. »Parzival? Ist das Ihr Freund?«
Er schaute sie an,
als ob sie den Verstand verloren hätte. »Parzival ist das beste Ross, das sich
ein Mann wünschen kann«, erklärte er. »Aber ... er muss gefüttert werden.«
Stöhnend versuchte
er aufzustehen. Julianna drückte ihn in die Kissen zurück. »Seien Sie
unbesorgt. Das werde ich übernehmen.«
»Wirklich?«
»Ja«, sagte sie
fest. »Ich verspreche es.«
Ihre Antwort schien
ihn zu beruhigen. Innerhalb weniger Sekunden war er eingeschlafen.
Kopfschüttelnd
deckte Julianna ihn zu. Unwillkürlich huschte ein Lächeln über ihre Lippen. Da
lag er, verwundet und schwach und sorgte sich um sein Pferd.
Das sah einem Mann
ähnlich.
Sechstes Kapitel
Dane lag den ganzen Tag
still und ruhig im Bett. Julianna hätte schwören können, dass er nicht einen
einzigen Finger bewegt hatte. Besorgt wachte sie bei ihm. Unzählige Male
beugte sie den Kopf an seinen Mund, um sich zu vergewissern, dass er noch
lebte.
Während er schlief,
säuberte sie die Hütte. Ihr Kleid hatte darunter gelitten, das Mieder war
beschmutzt und voller dunkelroter Flecken. Sie warf es zusammen mit den
blutigen Tüchern ins Feuer und zog rasch ein frisches an.
Gegen Abend trat
sie vor die Hütte. Dane hatte nicht gelogen, als er ihr sagte, sie befänden
sich mitten im Wald. Über ihr ein dunkelblauer Himmel. In der Nähe war ein
Fluss; sie konnte das gurgelnde Wasser hören.
Jetzt lag es an
ihr, stellte sie fest, für ihren täglichen Bedarf zu sorgen - was sich im
Wesentlichen auf Nahrung, Wasser und Wärme beschränkte. Er war Frühling. Die
Tage waren schon warm, aber die Nächte noch kalt. Sie durfte das Feuer nicht
ausgehen lassen. Sie fürchtete, nicht in der Lage zu sein, ein neues zu
entfachen. Beschämt gestand sie sich ein, dass sie noch nie in ihrem Leben
Feuer gemacht hatte, mit Zunder und Reisig.
Draußen vor der Tür
lag ein Stapel Holz. Sie trug genug Holz hinein, damit es für die Nacht und den
nächsten Morgen reichte. Parzival
entdeckte sie in einem kleinen Anbau neben der Hütte. Die Augen gingen ihr
über, als sie den riesigen schwarzen Hengst sah. Vorsichtig näherte sie sich
ihm und blieb einige Meter vor ihm stehen.
Es war ein
prächtiges Tier. Parzival beäugte sie aufmerksam mit großen, ausdrucksvollen
Augen und stellte dabei die Ohren nach vorn. Das Fell war wie schwarzer Lack,
glatt und glänzend.
Julianna hatte den
Eindruck, als würde sie gemessen und gewogen und hoffte, dass sie eine gute
Note bekam. Langsam hob sie eine Hand und strich über seinen Nacken. Seine Haut
zitterte unter ihrer Berührung. Julianna spürte die Kraft, die in ihm steckte,
aber er zeigte keine Anzeichen von Aggression.
»Was bist du für
ein großer Kerl. Wie dein Herr.« Er schnaubte und schüttelte stolz den Kopf.
Sie streichelte ihn weiter und redete leise und beruhigend auf ihn ein, damit
er sich an sie und ihren Geruch gewöhnen konnte.
Es dauerte nicht
lange, dann stupste das Pferd mit der Nase an ihre freie Hand und wiederholte
es.
Julianna
schmunzelte. »Na, was willst du? Ein Stückchen Zucker? Bedaure, Parzival, heute
habe ich leider nichts für dich.«
Sie sah sich
suchend um und entdeckte eine Tür an der Außenwand. In der kleinen Kammer fand
sie, was sie suchte. Einen Sack mit Futter. Sie nahm den daneben stehenden
Eimer und füllte ihn bis zum Rand. Ohne
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