03 - Sinnliche Versuchung
des Krieges gedient hast, Sie ließ ihn
nicht aus den Augen. »Ja oder nein?«
In seinen Augen
flackerte es. Schließlich nickte er.
»Ich hab's gewusst!
Du warst ein Held?«
Er schien zu
zögern. »Manche sagen das«, gab er widerwillig zu, »obwohl ich es Treue
gegenüber meinem Land und meinen Kameraden nenne.«
Die verschiedensten
Gedanken gingen Julianna durch den Kopf. Wieso, fragte sie sich, gibt sich ein
Mann wie er mit Straßenraub zufrieden?
»Ich habe dir von
meiner Familie, meinen Brüdern erzählt. Sogar, dass meine Mutter durchgebrannt
ist. Was ist mit dir? Du sagtest, du seist unverheiratet. Hast du eine Familie?«
Sie hielt den Atem
an.
Eine Ewigkeit lang
dachte sie, er würde die Antwort verweigern. Endlich sagte er mürrisch: »Meine
Eltern sind tot. Aber ich habe zwei ältere Schwestern.«
»Ah«, sagte sie
leichthin. »Und was halten deine Schwestern davon, dass ihr Bruder die Elster ist?«
Danes
Gesichtsausdruck verfinsterte sich.
Julianna schluckte.
»Sie wissen es nicht, habe ich Recht?«
»Das sind vier,
Kätzchen. Mehr als dir zustehen.« Langsam ging er auf die Hütte zu.
»Warte! Wohnst du
das ganze Jahr über in dieser Hütte?«
Er blieb stehen und
drehte sich um. »Wieso willst du das wissen? Vermutlich, um die Behörden
hierher zu führen, wenn du gehst!«
»Wie könnte ich
das, wenn ich nicht weiß, wo wir sind?«
»Ja, ganz richtig.«
Er blickte sie ungeduldig an. »Kommst du jetzt?«, fragte er knapp.
»Ja. Aber ich
möchte wissen ...«
Er herrschte sie
streng an. »Keine Fragen mehr, Julianna.«
Julianna. Die Gelegenheiten,
bei denen er sie mit ihrem Vornamen anredete, waren selten. Dann war ihm ernst
damit, folgerte sie.
In ihrem Kopf
schwirrten die Gedanken wild durcheinander, als sie ihm in die Hütte folgte.
Bei diesem Mann stimmte irgendetwas nicht. Alles deutete darauf hin, dass er
weder ohne Prinzipien, ohne Moral noch Überzeugung lebte.
Doch gleichzeitig
warnte sie ihr gesunder Menschenverstand, dass er nicht das war, was er zu
sein vorgab. Er hatte Geheimnisse ...
Da war sie sich
plötzlich sehr sicher.
Nigel Roxbury war
erfreut. Er war außergewöhnlich froh, dass die Elster in letzter Zeit nicht
mehr zugeschlagen hatte. Vielleicht hatte man diesen Narren auf frischer Tat
ertappt und die Nachricht war noch nicht nach London gedrungen. Herr im Himmel,
darum betete er!
Er war außer sich
gewesen, als ein Teil seiner Lieferungen gestohlen worden war. Und das ging auf
das Konto dieses elenden Wegelagerers, der Elster. Roxbury lehnte sich in
seinem Sessel zurück und rückte die Klappe über seinem Auge zurecht. Sein Plan
war genial. Schließlich konnte er wohl kaum die Königliche Münzanstalt
bestehlen, und Boswells Können war unübertroffen! Die Währung sah täuschend
echt aus. Höchstwahrscheinlich war die Elster auf den Schwindel hereingefallen
und hielt das Geld für echt! Dieser Narr.
War das Geld erst
einmal hergestellt, konnte er mit der Verteilung beginnen. Das war das Schöne
daran - durch seine Position wusste er darüber Bescheid. Keiner war zu
Schaden gekommen und die Früchte seiner Arbeit ermöglichten ihm, alles zu
kaufen, was er sich sonst nicht leisten konnte - wie sein hübsches
Spielzeug aus dem Sande Ägyptens. Falschgeld im Austausch gegen Gold ...
Natürlich hatte es
da die schmutzige Affäre mit Boswells Frau gegeben ... Es erstaunte ihn immer
noch, dass die Boswell die Dreistigkeit besaß und versuchte ihn hereinzulegen!
Schade um die beiden.
Und jetzt hatte er
auch ihren Anteil eingesteckt.
Es klopfte. Er
konnte seine Zufriedenheit nicht verbergen, als er die Tür öffnete und seinen
Besuch einließ.
»Madame, ich habe Sie
erwartet. Was haben Sie für mich?« Er griff in die Schachtel, die sie im Arm
hielt und holte einen Krug heraus, der einst die Organe eines Verstorbenen
barg; er war mit dem Kopf eines Falken verschlossen. Er drehte das Gefäß nach
unten und schüttelte es. Seine Augen blitzten auf, als sie angewidert ein
Taschentuch an den Mund presste.
»Ein weiteres
herrliches Stück«, lobte Roxbury und stellte es auf das Tischchen hinter seinem
Schreibtisch.
Sie schwieg und
betrachtete ihn durch ihren Seidenschleier.
»Um Himmels willen,
Sie brauchen sich nicht vor mir zu verstecken.«
Sie schüttelte den
Kopf und schlug den Schleier zurück. »Ihnen fehlt der Charme Ihres Bruders«, bemerkte
sie. »Ich muss zugeben, ich
frage mich nur, wie Sie mich gefunden haben.«
Ach habe Sie nicht
gesucht, meine
Weitere Kostenlose Bücher