03 - Tod im Skriptorium
stehen unter meinem Schutz, Fidelma von Kildare.«
»Midach, holst du sie her?«
Der Arzt erhob sich unsicher. Zum Sprechen war er zu erschüttert.
»Wenn du zu der Statue des Cherubs hinter dem Hochaltar gehst und sie eine halbe Wendung nach links drehst, gibt sie den Mechanismus frei, der die Steinplatte bewegt«, sagte Fidelma. Midach blieb vor Überraschung der Mund offen.
»Wie hast du das herausgefunden?« fragte er entgeistert.
»Die Stufen führen hinunter in das geheime Grabmal des heiligen Fachtna, des Gründers dieser Abtei«, fuhr Fidelma fort. »Dort halten sich Cétach und Cosrach seit dem Tode Schwester Eistens versteckt. Ist das nicht so, Midach?«
Midach ließ resigniert die Schultern sinken.
»Es ist so, wie sie sagt«, murmelte er. »Sie weiß anscheinend alles.«
Auf einen Wink Sechnassachs folgten zwei Mann seiner Leibgarde den Anweisungen Fidelmas und holten gleich darauf zwei schwarzhaarige Jungen aus dem unterirdischen Grabmal heraus. Angstvoll schauten sie auf die vielen Menschen.
Der Oberrichter beeilte sich, ihnen zu sagen, daß sie sich in Sicherheit befänden.
Forbassach war aufgesprungen.
»Ich muß darauf hinweisen, daß wir aus Laigin nicht die geringste Absicht hegen, diesen Jungen Schaden zuzufügen … falls sie wirklich die Söhne Illans sind.«
»Sie sind die Söhne Illans«, bestätigte Fidelma. »Und wenn die schwarze Farbe aus ihrem Haar herausgewaschen ist, werdet ihr zwei kupferrote Schöpfe erblicken. Midach färbte ihnen das Haar als zusätzliche Vorsichtsmaßnahme, als er sie zu Schwester Eisten brachte. Stimmt das nicht?«
Midach schien zu niedergeschlagen, um zu antworten.
Forbassach begann erneut zu sprechen: »Wir haben die Erben Illans lediglich gesucht, um festzustellen, wer sie wirklich sind. Um ihren Aufenthalt zu ermitteln. Es war unser Ziel, ihnen unsere Unterstützung ihres Anspruchs zu versichern und ihnen die Königsherrschaft in Osraige wieder zu verschaffen. Es gibt nur eine Macht, die sich diesem Bestreben widersetzen würde: Cashel. Wie wir von Anfang an gesagt haben, läge es allein in Cashels Interesse, sie zu vernichten. Denn es lag in Cashels Interesse, Dacán umzubringen. Wir wiederholen unseren Anspruch auf Osraige als Sühnepreis für Dacáns Tod.« Er lächelte den beiden Jungen zu. »Da jedoch keiner der beiden Jungen das Alter der Wahl auch nur annähernd erreicht hat und als König bestätigt werden kann, muß die Entscheidung über die Königswürde Fearna zufallen.«
Da sprang Colgú voller Zorn auf, die Regeln des Gerichtsverfahrens mißachtend.
»Cashel steckt nicht hinter all diesen Machenschaften. Salbach hat selbst zugegeben, daß er der Schuldige ist. Dafür wird Cashel ihn bestrafen. Die Übeltaten des Fürsten der Corco Loígde können nicht Cashel zur Last gelegt werden!«
»Doch die Corco Loígde stehen im Treueverhältnis zu Cashel«, gab Forbassach höhnisch zur Antwort. »Wem sonst als Cashel kann also die Schuld zur Last gelegt werden?«
Barrán hob beide Hände.
»Daß ihr beide euch nicht an die Regeln des Gerichtsverfahrens haltet, stimmt mich traurig. Daß ihr beide es nicht lassen könnt, euch vor mir zu streiten, verlangt Bestrafung. Colgú, dir wird eine Strafe von einem séd , dem Wert einer Milchkuh, auferlegt, weil du es nicht deiner dálaigh überlassen hast, deine Argumente vorzutragen. Forbassach, du trägst die größere Schuld, weil du nicht nur juristisch ausgebildet, sondern auch der Anwalt deines Königs bist. Du zahlst einen cumal , den Wert von drei Milchkühen. Passiert das noch einmal, fallen die Strafen nicht so milde aus.«
Barrán gab allen einen Augenblick Zeit, sich zu beruhigen, und ließ dann die beiden Jungen vor das cos-na-dála führen.
»Habe ich richtig verstanden, daß diese Jungen noch nicht das Alter der Wahl erreicht haben?« fragte er Midach.
»Das stimmt«, antwortete der Arzt und übernahm damit seine Rolle als ihr Pflegevater.
»Dann können wir ihrer Aussage keinerlei Gewicht beimessen«, seufzte der Oberrichter. »Sie dürfen zwar vernommen werden, doch wenn ihre Worte durch andere Zeugnisse bestritten werden, sind sie hinfällig. So lautet das Gesetz.«
»Das ist mir klar, Barrán«, stimmte ihm Fidelma zu. »Falls Forbassach nichts einzuwenden hat, werde ich sie auch nicht als Zeugen aufrufen.«
»Ich würde es vorziehen, wenn Schwester Fidelma sich dem Mord an Dacán zuwenden würde«, erwiderte Forbassach.
»Dann werde ich das jetzt tun«, antwortete
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