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03 - Winnetou III

03 - Winnetou III

Titel: 03 - Winnetou III Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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ihre ganze Jagdbeute bestand in einigen Wildtauben, die so alt waren, daß sie kaum gegessen werden konnten.
    „Wir haben Pech, riesenhaftes Pech“, entschuldigte er sich. „Kein Wild läßt sich sehen!“
    „Wenn man das viele Pech, welches ihr habt, braten und verzehren könnte, so wollte ich es loben“, antwortete ich. „Diese Tauben haben jedenfalls schon zu Methusalems Zeiten gelebt; es ist jammerschade, daß sie so jung sterben mußten!“
    „Wollt Ihr Euch über mich lustig machen, Sir?“
    „Nein, denn Ihr könnt Euch doch denken, daß es meinem Magen gar nicht so scherzhaft zu Mute ist.“
    „So macht's doch besser, wenn Ihr könnt!“
    „Well, ich werde einen Braten holen.“
    „Und doch keinen bringen!“
    „Einen Hasen oder eine vorsündflutliche Taube finde ich allemal!“
    Ich nahm meine beiden Gewehre und ging fort. Mich langsam entfernend, hörte ich ihn noch lachend rufen:
    „Da läuft er hin mit seinem Riesenböller. Er wird einige alte Bäume treffen!“
    Mehr hörte ich nicht. Wäre ich doch stehen geblieben, um zu horchen! Ich hätte noch mehr gehört; ich hätte etwas gehört, was für mich von großer Wichtigkeit gewesen wäre. Wie ich später erfuhr, waren sie wirklich und vollständig überzeugt gewesen, daß ich nichts treffen würde. Sie wollten mich beschämen und noch einmal ihr Glück versuchen, um mir, der ich nichts brachte, eine reiche Beute vorzeigen und mich auslachen zu können. Darum gingen sie nach mir auch fort, alle drei. Nun war der Platz verlassen, und ich hätte nachgraben können. Ich hätte das Testament Winnetous gefunden, gelesen, in meine Tasche versteckt und wäre dann immer noch sicher gewesen, irgendein Wild zu schießen. Es sollte nicht sein!
    Sie waren, um zu jagen, gestern und heut den Weg hinabgestiegen, auf dem wir heraufgekommen waren. In dieser Richtung, also nach Süden, hatten sie wohl alles Wild vertrieben. In dieser Überzeugung wendete ich mich nach Norden, die dort liegende Senkung hinab und nach dem Wiesenplan, über welchen wir damals die Kiowas gelockt hatten, um ihnen in der gegenüber sich öffnenden engen Schlucht eine Falle zu stellen. Hierher war wohl seit Jahren kein Mensch gekommen, sodaß ich darauf rechnen konnte, zu einem guten Schuß zu kommen. Aber es war Mittag, also keine günstige Tageszeit, und so konnte ich zufrieden sein, als ich es nach Verlauf von einer Stunde zu zwei fetten Turkeyhennen gebracht hatte. Mit diesen kehrte ich nach dem Lagerplatz zurück.
    Als ich dort ankam, war kein Mensch da. Wo steckten die drei? Waren sie nur zum Spaß entschlüpft, um heimlich zu lauschen, was ich bringen würde? Oder waren sie miteinander noch einmal jagen gegangen? Ich rief und bekam keine Antwort.
    Ach, wenn sie wirklich fort wären! Aber ich mußte vorsichtig sein und suchte in aller Eile den Umkreis des Platzes ab. Da wurde es mir zur Gewißheit, daß sie sich wirklich entfernt hatten. Jetzt schnell an die Arbeit!
    Ich zog das Messer und schnitt genau an der Westseite des Häuptlingsgrabes, hart an dem Rand desselben, ein Stück Rasen aus, um es dann später wieder so einzusetzen, daß von der Nachgrabung nichts zu sehen war. Aber Erdbrocken durften dann nicht umherliegen. Darum breitete ich meine Decke neben mir aus und legte den Boden, den ich aushob, sorgfältig auf dieselbe, um mit ihm das entstehende Loch dann wieder auszufüllen.
    Ich arbeitete mit fieberhafter Geschwindigkeit, denn jeder Augenblick konnte die drei zurückbringen. Dabei horchte ich von Zeit zu Zeit, ob ihre Schritte oder Stimmen zu vernehmen seien. Bei der Aufregung, in welcher ich mich befand und die ich nicht ganz zu beherrschen vermochte, war es freilich leicht denkbar, daß meine Ohren nicht die Schärfe besaßen wie dann, wenn ich meine gewöhnliche Ruhe bewahrt hätte.
    Das Loch wurde tiefer und tiefer, gewiß über eine Elle tief. Da stieß das Messer auf einen Stein; ich entfernte ihn und einen zweiten, der unter ihm lag, und sah nun einen kleinen, viereckigen und vollständig trockenen Raum, dessen Wände aus glatten Steinen gebildet wurden. Auf dem Boden desselben lag ein starkes, zusammengefaltetes Leder – – – das Testament meines Freundes und Bruders Winnetou. Im nächsten Augenblick steckte es in meiner Tasche, und ich beeilte mich, das Loch zuzuwerfen.
    Dies ging viel rascher als das Ausgraben vonstatten; ich schüttete die Erde von der Decke nach und nach hinein, stieß sie mit der Faust fest und legte schließlich das

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