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03 - Winnetou III

03 - Winnetou III

Titel: 03 - Winnetou III Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Terrain sehr gut beschrieben hatte. Um zu erfahren, wie weit diese Genauigkeit ging, erkundigte ich mich:
    „In diesem Tal will er wohl mit Euch zusammentreffen, Mr. Gates?“
    „Nein, sondern oben auf der Höhe.“
    „Wir sollen mit den Pferden hinauf?“
    „Ja.“
    „Gibt es einen Weg?“
    „Eigentlich nicht, aber ein Wasserbett. Reiten kann man da freilich nicht, sondern man muß steigen und die Pferde nach sich führen.“
    „Wozu das? Ist es denn notwendig, da hinaufzuklettern? Kann man denn nicht unten bleiben?“
    „Nein, denn der Ort, an welchem wir suchen müssen, liegt da oben.“
    „So sollte man wenigstens die Pferde unten lassen. Das wäre jedenfalls besser.“
    „Unsinn! Man hört, daß Ihr nur Fallensteller seid. Es vergehen vielleicht Wochen, ehe wir da oben finden, was wir suchen. Können wir die Pferde so lange im Tal lassen? Es müßte stets jemand bei ihnen sein, der sie bewacht; oben aber haben wir sie in unserer Nähe und brauchen also keinen besonderen Wächter für sie. Seht Ihr das nicht ein?“
    „Doch! Wer die Örtlichkeit nicht kennt, der kann wohl einmal eine solche Frage stellen.“
    „Übrigens ist es da oben interessant, denn, wie ich Euch schon gesagt habe, befinden sich dort die Gräber des Apachenhäuptlings und seiner Tochter.“
    „Und bei diesen Gräbern lagern wir?“
    „Ja.“
    „Auch des Nachts?“
    Ich hatte triftigsten Grund zu dieser Frage. Ich mußte an dem Grabmal Intschu tschunas in die Erde graben, um zu Winnetous Testament zu kommen; da brauchte ich keine Zeugen. Und nun hörte ich, daß wir dort lagern würden. Das war äußerst unangenehm. Vielleicht ließen sich meine drei Gefährten durch die sehr natürliche Scheu, welche gewöhnliche Leute vor Begräbnisstellen zu haben pflegen, bestimmen, wenigstens des Nachts die Nähe der beiden Gräber zu meiden. Und selbst wenn dies geschah, war es unzulänglich für mich. Des Nachts konnte ich nicht sehen und also leicht einen Fehler begehen. Und selbst wenn dies nicht geschah, so war es in der Finsternis unmöglich, das Loch, welches ich zu graben hatte, dann so zuzufüllen, daß man früh keine Spur davon entdecken konnte.
    „Auch des Nachts?“ wiederholte Gates meine Frage. „Warum wollt Ihr das wissen?“
    „Hm! Des Nachts an Gräbern zu schlafen, das ist nicht jedermanns Sache.“
    „Ah, Ihr fürchtet Euch?“
    „Das nicht!“
    „O doch! Hört ihr es, Clay und Summer? Mr. Jones fürchtet sich vor den Toten! Er hat Angst vor den beiden Roten! Er denkt, sie gehen um und springen ihm auf den Rücken, hahahahahaha!“
    Er lachte aus vollem Hals, und die beiden andern stimmten ein. Ich schwieg dazu; ich mußte sie bei dem Glauben lassen, daß ich furchtsam sei, sonst hätten sie meinen Fragen Gründe untergelegt, auf die ich sie nicht bringen wollte. Dann fuhr er in ironisch beruhigendem Ton fort:
    „Ihr seid also abergläubisch, Sir? Das ist eine große Albernheit. Die Toten kommen nicht wieder, und grad diese zwei werden sich hüten, die ewigen Jagdgründe zu verlassen, wo sie bei Hirsch- und Büffelbraten in dulci jubilo leben. Und wenn sie Euch je erscheinen sollten, was freilich nicht ganz ausgeschlossen ist, so braucht Ihr nur uns zu Hilfe zu rufen; wir jagen sie fort.“
    „Würde schon selbst mit ihnen fertig werden, Mr. Gates. Wenn ich mich auch nicht grad fürchte, so halte ich es doch nicht für nötig, an Gräbern zu schlafen, wenn man sich ebensogut wo anders niederlegen kann.“
    Während dieses Wortwechsels waren wir den Höhen so nahe gekommen, daß wir westlich einbiegen mußten, um sie von dieser Seite zu umreiten. An ihrer Südseite angekommen, bogen wir wieder links ein und kamen an das Tal, welches hineinführte und dem wir folgten. Später öffnete sich die früher mehrfach erwähnte Seitenschlucht, die wir emporritten, bis sie sich teilte. Da stiegen wir ab und kletterten, die Pferde nachführend, in dem felsigen Gerinne empor bis zu der scharfkantigen Höhe, über welche man hinüber mußte.
    Ich war der letzte, mit Absicht natürlich; Gates stieg voran. Er blieb einige Male halten, um über die Beschreibung nachzudenken, die Santer ihm von der Örtlichkeit gegeben hatte, und traf dann stets das Richtige; er besaß ein gutes Gedächtnis. Dann ging es jenseits hinab und grad durch den Wald, bis die Bäume auseinandertraten. Da hielt Gates die Schritte an und rief aus:
    „Richtig getroffen, ganz richtig! Da stehen die beiden Gräber. Seht ihr sie? Wir sind an Ort und Stelle.

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