030 - Das Schloß der Vampire
immer für unsere Unabhängigkeit gekämpft. Wir waren ein Fürstentum unter den Ungarn und autochthon unter den Türken.“ Er machte eine kurze Pause.
„Aber zu jeder Zeit hatten wir unsere eigenen, lokalen Herrscher, die früher einmal Woiwoden genannt wurden. Ihnen gehorchte das Volk, zu ihnen sah es auf, gleich welche Macht gerade an der Regierung war. Ich glaube, englische Edelleute spielten dieselbe Rolle in Ihrem Land.“
Hinter seiner höflichen Fassade fühlten sie eine tiefverwurzelte Arroganz. Er schien alle als seine Untergebenen zu betrachten. Wie oft waren sie dieser Ansicht schon begegnet, aber nie beugten sie sich ihr oder nahmen sie hin. Mike fragte sich, ob es auch in diesem Fall auf einen Zusammenstoß hinauslaufen würde, während Penny verzweifelt überlegte, in welchem bestimmten Zusammenhang sie den Titel Woiwode gelesen oder gehört hatte, aber es fiel ihr absolut nicht ein.
„Miron! Wie schön, daß du gekommen bist!“ unterbrach eine Stimme.
Laura Dasart stand am Kopf der Treppe. Hilde, wie immer, ein paar Schritte hinter ihr. Sie hatte sich umgekleidet und trug nun ein raffiniert einfaches, schwarzes Kleid mit dreiviertellangen Ärmeln, das ihre blonde Schönheit besonders zur Geltung brachte. Sie hatte den Schock offensichtlich gut überstanden, und ihre Augen glitzerten nun vor innerer Erregung, als sie die Stufen herunter auf den Grafen zukam.
„Laura, meine Teure!“ Er ging ihr entgegen und führte ihre Hand an seine Lippen.
„Ich habe mir Sorgen um Sie gemacht“, sagte er. „Ich wäre auch schon eher gekommen, wurde jedoch unerwartet aufgehalten. Ich bin sehr glücklich, daß Sie sich so schnell erholt haben.“
„Oh, es geht mir wunderbar.“ Sie blickte wie aufgezogen.
„Sie sehen auch bezaubernd aus“, versicherte er ihr. „Auch Sie, Miß Schultz.“
Sie traten gemeinsam an den Tisch, wo Mike und Penny immer noch standen.
„Nun, da Sie sich wieder ganz wohl fühlen“, sagte der Graf, „würde ich mich freuen, wenn Sie alle mir die Ehre gäben, eine bescheidene Mahlzeit mit mir einzunehmen.
Miß Cord. Mr. Mills, darf ich auch Sie einladen, meine Gäste auf Burg Bast zu sein?“
Der Rolls Royce hielt vor dem Hoftor. Sie stiegen aus. Der Mond stand hoch am Himmel und tauchte die ganze Gegend in gespenstisches Licht. Dunkel und furchterregend lag der mächtige, in seiner Gesamtheit nicht übersehbare Komplex vor ihnen. Der Nachtwind heulte um sie, als sie mit knirschenden Schritten durch den Schnee stapften.
Vor ihnen schwang quietschend eine Tür auf und Lampenlicht warf ein gelbes Rechteck auf das fast unberührte Weiß.
„Darf ich vorausgehen?“ bat Zapolia höflich und wies ihnen den Weg ins Innere.
Sie kamen in eine riesige Halle, deren Natursteinboden im Laufe der Zeit blankgetreten worden war. Man konnte weder die Decke noch das Ende der Halle deutlich erkennen, da nur zwei Lampen am Eingang brannten. Der Graf ergriff eine davon und sagte: „Hier entlang.“ Der Mann, der die Tür geöffnet hatte, folgte mit der anderen Lampe.
Sein Haar war grau und sehr kurz geschnitten. Seine linke Augenhöhle gähnte leer, und eine breite Narbe führte von ihr bis zum Kinn. Tiefe Furchen durchzogen den Rest seines Gesichts bis zum dünnen und fast lippenlosen Mund. Er trug eine bestickte Bluse mit Stehkragen, deren Weite um die Mitte von einer Kordel zusammengehalten wurde.
Als Zapolia sie durch die beeindruckend große Halle führte, in der ihre Schritte widerhallten, folgte ihnen der Diener mit seiner Lampe. Mike bemerkte, daß er hinkte. Sein rechtes Bein ließ sich offensichtlich am Knie nicht abbiegen, sondern schwang völlig steif seitwärts und im Bogen nach vorn.
Sie schritten wie durch einen verlassenen Dom, bis der Graf in einen gewölbten Seitengang abbog und eine eisenbeschlagene Tür öffnete.
„Bitte treten Sie ein.“ Auch dieser Raum hatte steinerne Wände, war aber nicht kahl und düster wie die Halle und der Seitengang. Ein Holzfeuer prasselte in einem riesigen offenen Kamin, über dem ein kunstvoll geschnitztes Wappen prangte. Handgewebte Teppiche, auf denen vereinzelt leuchtend bunte Läufer ein farbenprächtiges Bild schufen, bedeckten den Boden.
Tiefe bequeme Sessel mit schwarzem Lederbezug und mehrere Tischchen standen vor dem Kamin. Beiderseits davon reihten sich in offenen Bücherschränken Band an Band. An einem Ende des Raumes hingen Vorhänge von der hohen Decke auf den Fußboden. Sie waren aus altem, vom Licht
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