030 - Das Schloß der Vampire
gebleichtem, aber wunderbar besticktem Samt. Vor dem Fenster stand ein mit Kerzen in silbernen Leuchtern geschmückter und für fünf Personen gedeckter Tisch.
An der Wand gegenüber dem Kamin, durch deren Tür sie gekommen waren, hingen alte Bilder: kleinere Landschaften und lebensgroße Porträts grimmig blickender Männer. Aber sie alle wurden von zwei mächtigen Schlachtszenen, voll Kanonenrauch und wilden bärtigen Gestalten in den Hintergrund gedrängt.
Jagdtrophäen bedeckten die vierte Wand fast gänzlich. Es gab Hirsch -, Rehbock -, Gemsen - und mehrere beeindruckende ausgestopfte Bärenköpfe. Auch der Luchs und die Wildkatze fehlten nicht in diesem Sammelsurium rumänischer Jagdbeute. Dazwischen hingen Schwerter, Morgensterne, Schilde und Spieße.
Alles schuf eine männliche Atmosphäre. Allerdings deutete nichts auf den Geschmack des jetzigen Hausherrn, denn abgesehen von den Sesseln, schien seit hundert oder mehr Jahren nichts in dem Raum verändert worden zu sein.
Penny und Mike waren von dem Luxus und der leicht verblaßten Pracht des Raumes gebührend beeindruckt und sagten es auch. Der Graf nickte dankend und bat sie, sich zu setzen. Penny entschuldigte sich und bestaunte die überfüllten Bücherschränke.
„Sie kann Büchern einfach nicht widerstehen“, erklärte Mike. „Sie faszinieren sie.“
Diese taten es wirklich.
Während Graf Zapolia goldfarbenen Sherry in exotisch geformte Gläser füllte, ließ sie ihre Blicke über die Bücherreihen wandern. Auf keinem der Regale gab es auch nur ein einziges Buch aus diesem Jahrhundert. Die meisten waren in Kalbs- oder Schweinsleder gebundene Werke mit lateinischen, griechischen, deutschen oder russischen Titeln. Manche trugen französische, ein paarwenige englische Aufschriften.
Soweit sie es zu beurteilen vermochte, hatten fast alle philosophischen, religiösen oder okkulten Inhalt, aber viele der Titel waren ihr unverständlich. Sie nahm einige mit behutsamen Fingern aus den Regalen und blätterte in den steifen gelben Seiten. Holzschnittillustrationen zeigten Mönche und Dämonen, geheimnisvolle kabbalistische Zeichen, und manche grauenhafte Folter - und Hinrichtungsszenen.
„Das ist eine einmalige Sammlung, die Sie hier haben“, sagte sie bewundernd zu ihrem Gastgeber, der vor dem Kamin stand.
„Einige meiner Vorfahren waren bedeutende Gelehrte, andere berühmte Krieger, und manche beides“, erklärte er.
„Sie schienen sich für das Okkulte interessiert zu haben“, bemerkte sie vorsichtig sondierend.
„Das ist schon seit jeher ein beliebtes Studiengebiet in meiner Heimat. Es gibt mehr Dinge im Leben, als sich ein gewöhnlicher Sterblicher vorzustellen vermag.“
„Und im Tod vielleicht auch“, sagte sie leise.
„Vielleicht.“ Er wandte sich Mike zu und fragte: „Na, wie schmeckt Ihnen der Sherry, Mr. Mills?“
„Ein ausgezeichneter Tropfen!“
„Ich bekomme ihn aus Jerez. Eine Sonderabfüllung für mich.“ Er holte die Karaffe und schenkte nach. „Wie war der Ausflug - ich meine abgesehen von dem Schreck, den Laura Ihnen einjagte?“
„Eine herrliche Aussicht“, erwiderte Penny begeistert.
„Mit allem Respekt vor den Anwesenden“, der Graf blickte um sich, „aber wir legen hier keinen übermäßigen Wert auf Touristen. Wir möchten in Ruhe und Frieden leben, so wie wir es gewohnt sind. Nur sehr ungern würde ich Heißewürstchenstände und Limonadeverkäufer auf dem Werwolfshügel sehen.“
„Dem was?“ fragten Penny und Mike wie aus einem Mund.
„Ein uralter Aberglaube. Ein riesiger Werwolf soll dort sein Unwesen treiben - schon seit undenklicher Zeit. Es ist sehr dumm, natürlich, aber keiner der Einheimischen wagt sich nach Einbruch der Dunkelheit auch nur in seine Nähe.“
Penny bemerkte, daß sich Laura nach vorn lehnte, um dem Grafen zu lauschen, ihre Lippen waren leicht geöffnet und feucht, die Augen hatten einen fanatischen Glanz.
Scharf sagte sie: „Vielleicht war es das, was Sie heute Nachmittag spürten, Laura.“
Unwillig wandte das Mädchen die Augen von Zapolia und blickte Penny zerstreut an. „Oh nein!“ wehrte sie ab. „O nein, das war es durchaus nicht.“ Wieder flog ihr Blick zu dem Grafen.
Penny fragte sich, ob ihre erste Vermutung, Laura sei nur deshalb nach Rumänien gekommen, um ihren Liebsten wiederzusehen, nicht doch stimmte. Zapolia war zwar mindestens doppelt so alt wie das Mädchen, aber sie schien geradezu fasziniert von ihm zu sein. Nur in seiner Gegenwart zeigte
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