030 - Hexensabbat
Ufer zurück. Nach einiger Zeit gelang es mir endlich, den Zauber, den Vera über ihn geworfen hatte, zu lösen. Rupert blieb benommen am Ufer liegen.
Meiner Schwester gönnte ich nur einen kurzen Blick. Dann kümmerte ich mich um Pietro. Um meine Lippen lag ein harter Zug, als ich mich kurzerhand umsah und einen abgebrochenen, zwei Finger dicken Ast entdeckte. Ich kniete neben Pietro Salvatori nieder, schob seine Jacke auseinander, knöpfte sein Hemd auf und drückte die Spitze des Holzpflocks gegen seine Brust. Mit einem schweren Stein hieb ich auf den Pflock nieder und rammte ihn dem Vampir fast einen Zentimeter weit in die Brust. Dunkles Blut floß aus der Wunde.
Da schlug Pietro die Augen auf. »Nicht!« schrie er mit versagender Stimme.
»Stirb, du Scheusal!« keuchte ich und holte erneut aus. Bevor ich jedoch nochmals zuschlagen konnte, wurden meine Hände zurückgerissen. Der Stein entfiel meiner Hand, und jemand schleuderte den Ast in den See.
»Aufstehen!« hörte ich die Stimme meines Patenonkels.
Folgsam erhob ich mich. Cyrano von Behemoth stand vor mir, die Hände über der Brust verschränkt. Seine dunklen Augen schienen zu lodern.
»Da bin ich ja gerade noch rechtzeitig gekommen«, rief er böse und blickte mir in die Augen. Ich glaubte in einen bodenlosen Schacht zu fallen.
Als ich wieder bei Besinnung war, fühlte ich mich unglaublich schwach. Ich blickte mich um und erkannte neben mir Vera und Pietro. Rupert hingegen war verschwunden.
»Ihr drei bekommt eure verdiente Strafe«, sagte Behemoth mit wutbebender Stimme. »Ihr dürft das Schloß nicht mehr verlassen. Und nach dem Unterricht bleibt ihr auf euren Zimmern. Ich verbiete euch, daß ihr miteinander sprecht. Ich werde euch alle drei mit einem Bann belegen. Wenn ihr gegen meine Anweisungen verstoßt, dann merke ich das sofort. Ihr braucht nichts zu sagen. Ich weiß, was hier vorgegangen ist. Für das, was ihr getan habt, gibt es keine Entschuldigung!«
»Was ist mit Rupert?« fragte ich.
Der Graf sah mich böse an. »Ich habe ihm die Erinnerung an die vergangene Stunde geraubt. Du wirst ihn nicht wiedersehen, Coco. Dafür werde ich sorgen. Und jetzt kehren wir alle ins Schloß zurück!«
Gegenwart
Coco Zamis befand sich nun schon seit zwei Tagen in der Wohnung von Skarabäus Toth. Sie hatte sich immer gewundert, weshalb der Dämon diesen blödsinnigen Namen gewählt hatte, doch auf ihre Fragen hatte er nur gegrinst und ihr keine Antwort gegeben. Die Ägypter hatten Skarabäus, den Mistkäfer, und Toth, den Gott der Gelehrsamkeit, verehrt. Vielleicht hatte Toth den Namen gewählt, weil er wie eine wandelnde Mumie aussah.
Coco hatte versucht, sich aus dem magischen Kreis der Kugel zu entfernen, doch bis jetzt war jeder Versuch ein Fehlschlag gewesen. Einmal hatte sie die Kugel berührt und geglaubt, daß sie innerlich verbrennen würde.
So wie es im Augenblick aussah, war es ihr aus eigener Kraft unmöglich zu entkommen. Sie konnte nur auf Dorian Hunter hoffen. Er wußte sicherlich schon, daß sie in Wien war; und er hatte auch Toths Adresse. Aber auch das war dem Schiedsrichter bekannt. Wahrscheinlich rechnete er damit, daß Hunter alles dransetzen würde, um sie zu befreien.
Sie durfte ihr Zimmer verlassen, doch weit konnte sie nicht gehen; gerade ins gegenüberliegende Badezimmer und die Toilette. Die vergangenen Tage hatte sie ziemlich eintönig verbracht. Sie hatte Musik gehört und gegrübelt, an ihre Jugend und an ihre Zukunft gedacht; doch weder das eine noch das andere hatte ihr besonders gefallen.
Ich werde noch zu einer Kettenraucherin und einer Säuferin, wenn ich nicht bald hier herauskomme , dachte sie, als sie bei der dreißigsten Zigarette und dem sechsten Whisky angelangt war.
Die Tür wurde geöffnet, und Toth trat ins Zimmer.
»Du hast Besuch.«
Coco ignorierte den Schiedsrichter.
»Graf Cyrano von Behemoth will dir seine Aufwartung machen«, sagte Toth spöttisch.
»Er soll da hingehen, wo er hingehört. In die Hölle!«
»Noch immer schlecht aufgelegt?« fragte Behemoth, der neben Toth stehenblieb.
»Wenn ich dich sehe, Cyrano, hebt es mir den Magen«, sagte sie und wandte sich ab.
»Ist sie nicht reizend, meine Coco?« Der Graf grinste. »Dabei verbindet uns so viel Gemeinsames. Ich war für ihre Erziehung zuständig, und sie wurde eine tüchtige Hexe. Doch dann kam dieser Dorian Hunter, und sie verliebte sich in ihn. Dabei gab es genügend Dämonen, die sie nur zu gern als Gefährtin gewählt
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