0301 - Todestrunk im Whisky-Keller
Mordfall Lundgren verwickelt war. Aber auch er war wie vom Erdboden verschwunden.
Wenige Tage vor dem Moreno-Prozess erhielt ich einen Anruf Ted Cormans. Der alte Gauner hatte sein Versprechen wahr gemacht und sich in der Unterwelt umgehört. Unter vielen Schwierigkeiten hatte er herausbekommen, dass die Mortimer-Gang ihre Wagen in der City Island Garage untergestellt hatte. Ob es wirklich an dem war, konnte er nicht mit Bestimmtheit sagen.
Ich rief Captain Timothy Bryan von der City Police in Brooklyn an, der keinesfalls verwandt war mit dem ermordeten Paul Bryan. Ich bat ihn um die Abstellung zweier Cops zur Bewachung Bobby Stacks. Dafür zog ich Tom Handers ab, der die Aufgabe bisher übernommen hatte. Ihn beorderte ich mit einem neutralen Dienstwagen zur City Island Garage. Sollten die Gangster dort wirklich ihren Wagenpark haben, so sollte er den Versuch machen, ihnen unauffällig zu folgen, um ihren Unterschlupf ausfindig zu machen. Ich konnte nicht ahnen, wie verhängnisvoll dieser Auftrag für Tom werden sollte.
Tom Handers war zweiunddreißig Jahre alt. Er war verheiratet und hatte zwei Kinder. Im Dienst war er sehr gewissenhaft. So auch bei seiner jetzigen Aufgabe. Er gönnte sich kaum Schlaf und sträubte sich gegen eine Ablösung.
Schon am Tag nach Cormans Anruf, erkannte er Walt Brent, einen Gangster, den wir in unserer Fotogalerie von Mortimers Ring verewigt hatten. Brent kam in einem schwarzen Buick und fuhr in den Torweg der Garage hinein. Sofort fuhr ihm Tom nach und hielt an der Tanksäule. Er hatte den Tank des Dienstwagens fast leer und fuhr schon auf Reserve. Das war ein Trick für den Fall, wie er jetzt eingetreten war.
Während er auftanken ließ, beobachtete er Brent, der den Buick in eine Box setzte. Der Gangster verschloss das Tor und kam an Tom vorbei, ohne ihn zu beachten. Der Tankwart war fertig, und Tom bezahlte. Dann stieg er ein und fuhr Brent nach. Der Gangster bestieg einen Bus und fuhr bis zum Brücker Boulevard. Dort verschwand er im Eingang der IRT-Subway. Damit war Toms Verfolgung zu Ende. Ehe er den Wagen geparkt hatte und den Bahnsteig erreichte, war von Brent nichts mehr zu sehen. Die roten Signallichter zeigten an, dass gerade ein Zug in Richtung South Brooklyn abgefahren war.
Missmutig drehte Tom um und ging zu seinem Wagen zurück. Er fuhr zu einem in der Nähe gelegenen Café und wartete dort die Dunkelheit ab. Dann fuhr er zur City Island Garage zurück und mietete dort eine Box. Nachdem er bezahlt hatte, plauderte er noch einen Moment mit dem Tankwart und verabschiedete sich dann. Als der Mann sich wieder seiner Illustrierten zuwendete, schlich Tom Handers rasch in den Hof zurück.
Er vergewisserte sich, dass die Luft rein war und schlich im Schatten der Garage zu der Box der Gangster. Dann schob er vorsichtig einen Dietrich ins Schloss und öffnete die Tür. Er trat ein und zog sie leise hinter sich zu. Der Strahl seiner Taschenlampe fiel auf den schwarzen Buick. Er öffnete den Wagenschlag und ließ die Lichtkegel über das Armaturenbrett tanzen. Die Kartenfächer waren leer.
Unter dem Polster des Rücksitzes fand Tom zwei Smith & Wesson Pistolen und ausreichend Munition.
Zufrieden rückte Tom das breite Polster wieder an seinen Platz. Plötzlich vernahm er draußen Schritte. Der Unbekannte kam ohne Zweifel auf die Box zu. Sofort löschte Tom die Lampe und lauschte regungslos. Fieberhaft überlegte er, was er 48 tun sollte. Noch einmal blitzte die Lampe auf, aber außer einem Stapel abgenutzter Autoreifen gab es keine Deckungsmöglichkeiten. Da fiel sein Blick auf den geräumigen Kofferraum. Ein verzweifelter Griff. Er war offen und leer. Lautlos glitt Tom hinein und zog den Deckel herunter.
Da vernahm er auch schon, wie die Tür geöffnet wurde. Der Unbekannte setzte sich ans Steuer des Buick und startete. Mit einem leisen Ruck setzte sich das Fahrzeug in Bewegung, um sofort wieder zu stoppen. Der Wagen schaukelte leicht, als der Fahrer ausstieg. Dann vernahm Tom das Klappen der Garagentür, wieder ein Schaukeln und die Fahrt ins Ungewisse begann.
***
Die Fahrt ging über den Steindamm des Long Island Sound. Später tauchte kurz die Fassade des Brucker-Building auf. An der Melrose Station stoppte der Buick plötzlich. Tom zog rasch den Deckel zu, als er auch schon Stimmen hörte. Mehrere Männer stiegen ein, dann ging es weiter.
Die dunklen Schatten der Bronx blieben zurück. Freier Himmel und würzige Luft. Unter der Lenox Bridge rauschten die Wasser des
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