0306 - Sein Mörder kam im Morgengrauen
anständiger Staatsbürger genau.«
Ich erlaubte mir ein breites Grinsen und unterbrach den alten Gangster: »Ich weiß, daß Sie schon früher auf einigen Gebieten Rechtskenntnisse hatten, die einen durchschnittlichen Anwalt vor Neid erblassen ließen. Ich erinnere mich noch genau an die Schlußverhandlung.«
»Sie haben mich verflucht ’reingelegt!« unterbrach mich Spinoza gereizt.
»Ich sehe, Ihr Erinnerungsvermögen ist also doch noch vorhanden«, sagte ich freundlich und fixierte den Gangster ungeniert.
Er schwieg einen Augenblick, lief aber weiter auf und ab. Er zog ein Seidentuch aus der Tasche und tupfte sich die Stirn ab. Ich sah, daß er sich mit aller Gewalt zusammenriß.
»Wieso wurde die Untersuchung nicht aufgeschoben, bis ich hier war?« fragte er gepreßt, aber wesentlich ruhiger. »Seit heute morgen schnüffeln Sie schon mit den anderen Polypen hier in meinen Geschäftsräumen herum, und ich mußte extra eine Geschäftsreise unterbrechen und mit dem nächsten Flugzeug zurückkommen, damit ich an Ort und Stelle sehen kann, ob alles mit rechten Dingen zugeht.«
Das Telefon auf dem breiten Diplomatenschreibtisch klingelte. Phil war an der Strippe und verlangte mich zu sprechen.
Ich hörte mir den Bericht von Phil an und betrachtete in der Zwischenzeit den Gangster. Der wurde noch nervöser.
»Na gut, Phil«, sagte ich nach einer Weile in die Muschel, »wenn sich noch etwas ergibt, dann unterrichte mich sofort.«
Ich legte auf und wandte mich wieder an Spinoza.
»Erstens sind wir berechtigt, die Untersuchung durchzuführen, Mister Spinoza«, sagte ich und wedelte mit dem Durchsuchungsbefehl durch die Luft. »Zweitens hatten wir keine Veranlassung, auf Sie zu warten, denn Ihre Vertreter waren hier. Ihr Geschäftsführer und Ihr Prokurist sind während der ganzen Untersuchung auch dabeigewesen. Drittens ist die Untersuchung in Kürze bereits abgeschlossen.«
»Ich möchte nur endlich wissen, was Sie bei mir suchen!«
»Gestohlene Wagen«, sagte ich ruhig. »Gestohlene Wagen, die vielleicht umfrisiert weiterverkauft werden.«
Er stand genau vor dem Schreibtisch. Seine Fäuste ballten sich zusammen, und ich hatte das Gefühl, daß er nach einem handlichen Gegenstand suchte, der sich zum Werfen eignete.
Er keuchte, krebsrot im Gesicht: »Ich habe Ihnen gesagt, daß ich ein anständiger Bürger bin und keine unsauberen Geschäfte machen. Ich bin sogar bereit, das zu beeiden.«
»Gab es da nicht mal einen Meineidsprozeß gegen Sie?« erkundigte ich mich. Bevor er eine Erwiderung geben konnte, fuhr ich schnell fort: »Aber davon abgesehen, außer dem roten Ferrari haben wir keine weiteren Wagen feststellen können, die gestohlen waren. Noch nicht!«
»Na also!« triumphierte er, wobei er anscheinend meine letzten beiden Worte geflissentlich überhört hatte. »Und die Geschichte mit dem roten Ferrari habe ich persönlich dem zuständigen Polizeirevier gemeldet, als wir feststellten, daß der Wagen gestohlen sein könnte.«
Ich nickte. »Das stimmt, Spinoza«, bestätigte ich. »Die Geschichte hat nur den Haken, daß die Meldung erst erfolgt ist, nachdem der Wagen bereits von uns gefunden war.«
Spinoza fuhr herum. Es klopfte. Phil kam in das Zimmer und nickte kurz.
»Das ist natürlich ein Zufall«, beteuerte Spinoza. »Fragen Sie meine Leute! Sobald wir eine Unregelmäßigkeit in den Papieren feststellten, haben wir die Polizei unterrichtet.«
»Von wem haben Sie den Wagen eigentlich gekauft?« unterbrach ich den Gangster, der sich im Augenblick anscheinend sehr sicherfühlte.
»Aus dem Kopf kann ich Ihnen das nicht sagen«, bedauerte er. »Aber wenn Sie wollen, dann können wir das nachsehen lassen.«
Ich winkte ab.
»Nicht nötig«, sagte ich. »Das haben wir natürlich schon gemacht. Aber mich interessiert in diesem Zusammenhang, ob Sie einen gewissen Pink kennen. Arthur Pink. Zuletzt war er in Atlanta.«
Ich beobachtete den Mann genau. Nicht mit der geringsten Bewegung verriet er sich. Er zuckte die Achsel und brummte:
»Ich glaube, den Namen habe ich noch nie gehört. Es könnte natürlich sein, daß ich den Mann schon mal gesehen habe. Haben Sie ein Bild von ihm, oder können Sie mich ihm gegenüberstellen?«
»Bei einer Gegenüberstellung würden Sie ihn bestimmt nicht erkennen, falls Sie ihn von früher her kennen«, sagte ich grimmig, denn ich spürte, daß der Mann sich anscheinend zu sicherfühlte. »Als ich den Toten fand, hatte sein Gesicht nicht mehr viel Ähnlichkeit
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