0308 - GrÃŒner Mond ÃŒber Jelly-City
Dieses Angstgefühl ließ sich nicht verdrängen.
Er klopfte gegen die Bereitschaftstasche, die über seiner Schulter hing.
„Erst die Arbeit, Grange", sagte er zu Keegan. „Danach können wir uns immer noch mit den Dingen versorgen, die wir brauchen."
Menchos erinnerte sich, daß sie vor einigen Tagen einen Laden betreten und für vier Solar Ausrüstungsgegenstände gekauft hatten. Da sie den Besitzer nicht gefunden hatten, war Menchos zur Kasse gegangen und hatte vier Solar einbezahlt. Keegan hatte ihn deshalb verspottet, aber Menchos fühlte, daß er diesen letzten Anschein von Menschlichkeit aufrecht erhalten mußte, um nicht früher oder später jeden Halt zu verlieren.
Keegan war sich offenbar nicht darüber im klaren, wie schmal die Kluft war, die sie beide noch von einem tierähnlichen Leben trennte. Wenn sich der Zustand auf New Luna nicht änderte, waren sie nach Menchos' Überzeugung dazu verurteilt, immer brutaler zu werden, um am Leben zu bleiben.
Wahrscheinlich würde es sich nicht vermeiden lassen, daß sie töteten.
Menchos erschauerte bei diesen Gedanken. Seine düsteren Vorstellungen bestärkten ihn in der Entschlossenheit, möglichst bald einen Funkspruch an Perry Rhodan abzusetzen. Die Rettung für New Luna konnte nur aus dem Weltraum kommen. Keegan und Menchos, die beiden einzigen Menschen auf diesem Planeten, die nicht beeinflußt waren, konnten den Kolonisten nicht helfen.
Menchos achtete darauf, daß sie auf der Hauptstraße blieben. Hier war ständig Betrieb. Alles ging seltsam lautlos vor sich; die Kolonisten hasteten aneinander vorbei, als würden sie sich gegenseitig nicht sehen.
Alles wirkte wie eine gespenstische Szene aus einem uralten Film.
Keegan ergriff Menchos Arm und deutete zur anderen Straßenseite hinüber. „Der alte Mann im blauen Kittel!" rief er erregt. „Er hat offenbar einen Schwächeanfall."
Menchos blickte in die angedeutete Richtung und sah einen weißhaarigen Kolonisten, der sich schwankend an einer Hauswand stützte. Ab und zu versuchte er ein paar Schritte zu gehen, angetrieben von den erbarmungslosen hypnotischen Befehlen der Kristalle. Plötzlich gaben seine Beine nach, und er stürzte zu Boden. Er bewegte sich nicht mehr.
Keegan wollte losrennen, doch Menchos hielt ihn fest.
„Grange!" rief er warnend. „Wir dürfen uns nicht um ihn kümmern."
„Sie lassen ihn liegen!" stieß Keegan empört hervor. „Niemand kümmert sich um ihn."
Menchos beobachtete, wie die Passanten achtlos an dem Kranken vorbeigingen. Niemand bückte sich, um dem alten Kolonisten zu helfen.
„Laß mich los, Squart!" sagte Keegan wütend. „Ich sage dir, laß mich los."
„Sie werden uns entdecken", prophezeite Menchos. „Wir dürfen uns nicht um diesen Mann kümmern."
Keegans Widerspruchsgeist war geweckt. Er riß sich los und ging quer über die Straße. Menchos starrte ihm nach. Schließlich gab er sich einen Ruck und folgte seinem Freund. Er holte den Ingenieur ein, bevor dieser den Gestürzten erreicht hatte.
„Tut mir leid, Partner", murmelte Keegan und beugte sich zu dem alten Mann hinab. Menchos blieb stehen und beobachtete die Menschen, die vorbeigingen. Niemand schien der Sache eine besondere Bedeutung beizumessen.
„Er atmet kaum noch", sagte Keegan. „Er müßte sofort in eine Klinik. Ich glaube, er bekommt einen Schlaganfall."
„Wir sind keine Ärzte", sagte Menchos. „Wir können ihm nicht helfen."
„Er bleibt nicht hier liegen", sagte Keegan hartnäckig. „Wir bringen ihn in ein Haus."
Menchos fuhr herum, als sich eine Hand auf seine Schulter legte. Ein großer Mann stand hinter ihm.
Der Kolonist trug einen grünen Overall und hochhackige Stiefel. Sein dickes Gesicht blieb ausdruckslos.
„Was ist passiert?" fragte der Mann.
Menchos kam sich einen entsetzlichen Augenblick lang so verloren vor, daß er keinen Ton hervorbrachte. Keegan rettete ihn aus dieser Lage.
„Stehen Sie nicht herum!" fauchte er. „Haben Sie keine Befehle?"
„Doch", sagte der Kolonist schwerfällig. „Ich habe Befehle. Ich muß mich um Kranke und Tote kümmern. Als ich von diesem Unfall erfuhr, kam ich sofort hierher."
„Wir haben den gleichen Befehl", erklärte Menchos, der seine Fassung wiedergewonnen hatte.
Der Mann deutete auf einen Transportwagen, der am Straßenrand parkte.
„Wir legen ihn auf die Ladefläche", entschied er.
Menchos hätte gern gewußt, wohin der Kranke gebracht werden sollte, aber er wagte nicht, den Kolonisten danach zu fragen.
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