0308a - Jazz-Trompeten zum Begräbnis
namens Helen Winter?«
»Helen Winter? Der Name ist nicht gerade selten. Schon möglich, dass mit die Frau mal über den Weg gelaufen ist. Aber daran erinnern kann ich mich nicht.«
Das war alles, war wir von Eric Adam erfahren konnten.
***
Yvonne Winters Habseligkeiten befanden sich im FBI-Büro.
Wir nahmen uns die Briefe noch einmal vor. Die Mutter des inzwischen verstorbenen Gregor Loose hieß Clara und wohnte, wie damals auch ihr Sohn, in San Bernardino. Die Stadt liegt ungefähr hundert Meilen östlich von Los Angeles, zählt knapp 100 000 Einwohner und ist über den schnurgerade verlaufenden Highway 66 bequem zu erreichen.
Mrs. Loose hatte als Adresse das Haus Nummer 312 in der Mount Vemon Avenue angegeben. Dort wollten wir unser Glück versuchen.
***
Clara Loose war eine vornehme weißhaarige Frau, hoch in den Siebzigern.
Sie bewohnte eine kleine Wohnung und lebte von den Mieteinnahmen, die sie aus drei großen Apartmenthäusem bezog. Ihr früh verstorbener Mann, der Grundstücksmakler gewesen war, hatte ihr die Häuser hinterlassen.
Wir hatten uns ausgewiesen und waren freundlich empfangen worden.
48 Jetzt saßen wir in den schweren roten Ledersesseln und hielten Teetassen in den Händen.
Mrs. Loose blickte uns freundlich an.
»Und womit kann ich Ihnen dienen, meine Herren?«
Phil räusperte sich. »Ihr Sohn Gregor, Madam, hat im letzten Jahr seines Lebens mit einer Lady aus Los Angeles korrespondiert.«
Sie nickte. »Ich erinnere mich. Gregor bedauerte es unendlich, das er ans Bett gefesselt war und keine Möglichkeit hatte, das Mädchen kennenzulernen.«
»Hat Miss Winter Ihrem Sohn damals häufig geschrieben?«
»Sie hat auf jeden Brief geantwortet. Es mögen etwa zwei Dutzend gewesen sein.«
»Haben Sie die Briefe noch?«
Sie schüttelte den Kopf. »Leider nicht, meine Herren. Ich habe sie verbrannt. Es war nur eine mittelbare Erinnerung an meinen Sohn. Warum sollte ich sie aufheben? Aber darf ich fragen, warum sich das FBI dafür interessiert?«
»Miss Winter ist in der letzten Nacht ermordet worden«, sagte ich. »Um den Fall klären zu können, müssen wir möglichst viel über ihre Vergangenheit erfahren. Leider scheint das aber unmöglich zu sein. Wir haben nämlich nicht die geringste Ahnung, woher sie stammt und wo sie geboren wurde, ob sie Familie hat und anderes mehr.«
»Da kann ich Ihnen vielleicht helfen, meine Herren«, erwiderte die alte Dame und langte zur Teekanne, um uns noch einmal einzuschenken.
»Ich kann mich entsinnen, dass Miss Winter meinem Sohn ziemlich viel über sich mitteilte. Einige Einzelheiten habe ich noch im Gedächtnis. Aber warum ist das Mädchen ermordet worden? Ich kann mir gar nicht vorstellen, dass sie einen Feind gehabt hat. Ihre Briefe - Gregor zeigte sie mir alle - waren immer so liebenswürdig und mit so viel Zartgefühl geschrieben, dass ich mir Miss Winter als ein reizendes Mädchen vorgestellt habe.«
»Das war sie ohne Zweifel auch«, meinte ich. »Über das Motiv des Mordes wissen wir leider noch nicht viel.«
»Schrecklich.«
»Ja. Doch bitte, Mrs. Loose, versuchen Sie sich zu erinnern, was Miss Winter schrieb.«
»Ja, ich überlege schon. Ich glaube, so ungefähr weiß ich es noch. Yvonne Winter schrieb, sie sei in Los Angeles geboren. Ihr Vater habe eine Auto-Reparatur-Werkstatt gehabt, sei aber früh gestorben. Sie habe dann eine Stelle als Sekretärin angetreten, ich glaube es war bei einer Schallplattenfirma.«
»Hat sie jemals etwas über ihre Schwester geschrieben?«
»Ich kann mich nicht erinnern.«
***
Während der beiden nächsten Tage hatten wir Gelegenheit, uns davon zu überzeugen, dass Yvonne Winter in ihren Briefen an Gregor Loose unwahre Angaben gemacht hatte.
Sie war weder in Los Angeles geboren, noch Sekretärin bei einer Schallplattenfirma gewesen. Es hatte auch während der letzten fünfzig Jahre keine Auto-Reparatur-Werkstatt im Stadtgebiet von Los Angeles gegeben, deren Besitzer auf den Namen Winter hörte.
Der Grund für Yvonne Winters Lügen lag auf der Hand. Sie hatte sich gescheut, ihrem Brieffreund mitzuteilen, dass sie als Animierdame arbeitete. Und sicherlich war auch ihre Herkunft so unerfreulich, dass sie die Geschichte von dem früh verstorbenen Vater mit der Reparatur-Werkstatt erfunden hatte.
»Seit vier Jahren hat sie in der Sundown Bar gearbeitet«, meinte Phil. »Die Briefe sind aber sechs Jahre alt. Wenn wir Yvonne unterstellen, dass sie Hemmungen hatte, sich als Bardame zu erkennen zu
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