0309 - Der Horror-Alchimist
waren. »Wir sollten ein paar gepflegte Bierchen zusammen trinken und uns dabei gemütlich unterhalten. Vielleicht springt für uns beide etwas dabei heraus. Einverstanden?«
»Einverstanden«, sagte Zamorra.
Was blieb ihm auch anderes übrig, wenn er etwas erfahren wollte…
Es wurde eine lange, feuchte, interessante Nacht.
Und irgendwann landeten sie noch zu verbotener Zeit im GL
***
Nicole hatte das Gefühl, ihr selbst würde die Spitze der altertümlichen Spritze in den Körper gejagt, als der Alchimist, der sich Cagliostro nannte, die glasklare Flüssigkeit in die Vene des Reglosen injizierte.
Erst spät hatte Nicole erkannt, daß es sich bei dem Nackten auf dem Tisch um einen Toten handelte!
Ein Leichnam außerdem, der dem Zombie an der Tür in einer Hinsicht glich: auch er trug deutlich sichtbare Einschnürungsverletzungen am Hals!
Nicole konnte sich fast denken, woher Cagliostro den Toten hatte. Wenn sie wirklich um Jahrhunderte in der Zeit zurückverschlagen worden war, dann handelte es sich wahrscheinlich um einen, wie damals üblich, im Schnellgerichtsverfahren abgeurteilen und am Galgen hingerichteten Verbrecher, der jetzt für die perversen Experimente des Alchimisten herhalten mußte…
»Schau ihn dir an«, rief Cagliostro, der zum vertraulichen »Du« übergegangen war. Er zog gerade die Spritze aus dem Körper des Toten. Der Glasbehälter war leer. Was auch immer sich darin befunden hatte, es steckte jetzt in der Leiche. »Sieh genau zu. Du wirst dich wundern! Wundern wirst du dich!«
Nicole zweifelte kaum noch daran. Sie brauchte nur zur Tür zu schauen, und ein schlimmer Verdacht verstärkte sich in ihr.
Cagliostro produzierte Zombies!
Leblose Diener, Marionetten ohne freien Willen, Roboter in Menschengestalt!
So sah es aus. Und diese dumpfe Ahnung bestätigte sich wenig später, als sich unglaubliche Bewegungen durch den zuvor toten Körper auf dem Tisch pflanzten!
Nicole hätte sich am liebsten die Faust in den Mund gesteckt und laut losgeschrien. Mit geweiteten Augen wurde sie Zeugin eines unglaublichen Schauspiels. Ihr Magen drohte zu rebellieren.
Wie Doktor Frankenstein persönlich stand Cagliostro vor dem Tisch, auf dem ein steifer Körper gerade den Tod abschüttelte!
»Da staunst du, was?« lachte der Alchimist, der selbst schon längst hätte tot und begraben sein müssen, wenn die Jahreszahl stimmte, die er Nicole als Jetztzeit genannt hatte.
Aber dieser Cagliostro lebte.
Hatte er auch den Tod betrogen?
»Es ist das Serum«, sprudelte es weiter aus dem Mund des Alchimisten, und er rieb sich in wahrem Feuereifer die Handflächen. »Das Serum des Teufels. Das Elixier des ewigen Lebens! Es ist in meinem Besitz, und ich weiß es zu nutzen. Nicht nur, um Leben zu erhalten, auch um neues Leben in totem Fleisch zu wecken… !«
Wieder folgte ein wahnsinniges Lachen, das die letzten Zweifel in Nicole verwischte, einen Verrückten vor sich zu haben.
Aber war es nicht oft schon so gewesen, daß Genie und Wahnsinn dicht beieinander existiert hatten?
War dieser Cagliostro ein Genie?
Oder nur ein größenwahnsinniger Gaukler?
Die Frage beantwortete sich für Nicole fast von selbst.
Wenn der Typ, der die Tür versperrte, wirklich ein Zombie, ein lebender Toter war, wenn jene Person auf dem Tisch ebenfalls wirklich tot gewesen war, ehe ihr der Alchimist sein Serum injiziert hatte, und wenn dies wirklich das Jahr 1799, also fast 200 Jahre vor Nicoles Geburt, war, dann…
Zuviele Wenns, dachte die Französin.
»Das Elixier braucht eine Weile, bis es seine volle Wirkung entfaltet«, meldete sich Cagliostro wie zur Entschuldigung, daß sich die Wiederbelebungsaktion nicht beschleunigen ließ. »Ich hoffe dennoch, daß diese kleine Demonstration meiner Macht ihren Zweck erfüllt hat.«
»Und der wäre?« fragte Nicole barsch.
»Ich wollte dir zeigen, daß es zwei Möglichkeiten gibt, mein Täubchen, dich dazu zu überreden, meine Gefährtin zu werden…«
»Pah!« stieß Nicole angeekelt hervor.
»… erstens: Du tust es freiwillig und erhältst von mir zu Lebzeiten das Elixier, das dich gleich mir unsterblich macht und uns die kommenden Zeiten durchwandern läßt, oder…« Cagliostro legte eine Kunstpause ein. »Oder ich muß dich vorher töten und dir das Serum dann auf die gleiche Art verabreichen wie diesem Galgenvogel hier! Letzteres hat jedoch den bedauerlichen Nachteil, daß das, was du deine Seele nennst, an der Auferstehung nicht teilhaben wird… Auch meinen
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