0309 - Wir und die rätselhaften Morde
Zecher, denen wir uns anschlossen.
Während des ersten Drinks schwiegen wir beide, dann sagte mein Freund plötzlich:
»Ich weiß nicht, Jerry, wenn ich mir diese ganze Sache überlege, so gibt es noch so viel Unklarheiten, wenn nicht sogar Unmöglichkeiten, dass mir die Lösung, Cain sei der böse Bube gewesen, nicht echt einleuchten will. Er ist ja immerhin ein Theatermann, allerdings ein zwielichtiger und gehässiger Bursche. Vielleicht war er sogar hinterhältig, aber für einen Gangster halte ich ihn nicht. Der Mord an Lyons war Gangsterarbeit, ebenso wie der an der Howard. Gangstermanier war auch die Sache mit dem Scheinwerfer und die vergifteten Pralinen. Obwohl Wills meint, Cain habe vielleicht nicht gewusst, dass Kitty keine Süßigkeiten aß, halte ich das für unwahrscheinlich.«
»Es geht mir ähnlich wie dir, Phil, aber wie soll es denn sonst gewesen sein?«, fragte ich.
»Das überlege ich mir auch. Der heutige Schlussakt steht fest. Wills ist ein einwandfreier Zeuge. Was jedoch vorher geschehen ist, passt nicht in das ganze Bild.«
»Hold-up-Jim als Täter? Er hasste Kitty und Wills, weil er sich einbildete, die beiden wollten seiner lieben Nichte etwas am Zeug flicken. Er könnte ja die ganze Sache inszeniert und dann den Spieß umgedreht haben.«
»Das ist möglich, aber es gefällt mir nicht. Es wäre gut, wenn wir diesen Jim erwischen würden. Wenn er es war, so wird er es zugeben müssen.«
Aber wir hatten Jim nicht, und es war zweifelhaft, ob wir ihn je bekommen würden. Er war untergetaucht. Schließlich gehört er der Gangstergeneration an, die für die heutigen schon zur Legende geworden ist.
***
Die Morgenblätter brachten den DOPPELMORD IN CEDAR GROVE BEACH in ganz großer Aufmachen heraus.
Jede der fünf großen Tageszeitungen der Stadt berief sich auf den Exklusivbericht einer Eingeweihten, deren Namen jedoch nicht genannt werden dürfe.
Gloria West war ein tüchtiges Mädchen. Wenn sie von jeder Redaktion wirklich nur zweihundert Dollar bekommen hatte, was eigentlich sehr wenig war, so hatte sie einen runden Tausender verdient.
Jetzt schwante mir auch, warum sie mich unbedingt hatte begleiten wollen. Die kleine Gloria hatte ein außerordentlich feines Näschen.
Gegen Mittag klingelte das Telefon auf meinem Schreibtisch. Es war Gloria West.
»Ich wollte mich nur von Ihnen verabschieden und mich herzlich bedanken«, sagte sie.
»Verabschieden?«, fragte ich erstaunt.
»Was haben Sie vor?«
»Etwas Herrliches, und das verdanke ich Ihnen. Irgendwie haben die Burschen in Hollywood Wind davon bekommen, dass ich die Story um Kitty Ferry von innen und außen kenne. Mein Bild liegt schon lange dort, aber bis jetzt hat sich keiner darum gekümmert. Heute aber bin ich plötzlich jemand. Man hat mir telefonisch die Rolle der Kitty Ferry für den Film angeboten, der demnächst über sie gedreht wird. Und das alles verdanke ich nur Ihnen, Jerry. Wenn Sie mir Mister Thrillbrokers Namen nicht gegeben hätten, so wäre ich ewig ein kleines Chormädchen geblieben. Jetzt bin ich auf dem besten Weg, ein Star zu werden.«
»Na, dann viel Vergnügen, Gloria«, wünschte ich ihr. »Seien Sie vorsichtig. Hollywood ist ein glattes Pflaster. Da sind schon ganz andere ausgerutscht.«
»Übrigens, Jerry, können Sie mir sagen, wo ich Jim Brown finden kann? Ich könnte ihm bestimmt seine eigene Rolle verschaffen.«
»Wenn ich den erwische, Gloria, so habe ich schon ein festes Engagement für ihn. Er bekommt einen Dauerkontrakt für Sing Sing.«
»Eigentlich schade. Das wäre herrlich gewesen.«
So hatte wenigstens Gloria von dem Drama profitiert.
Natürlich musste ich einen ausführlichen Bericht über den ganzen Fall zu Papier bringen, und je mehr ich schrieb, umso mehr erschien mir alles wie ein schlechter Kriminalfilm.
***
Eine Durchsuchung von Cains Haus ergab absolut nichts. Während ich schrieb, überlegte, grübelte, mit Phil diskutierte und dann wieder schrieb, kam ich immer mehr zu der Gewissheit, Cain müsse Helfer gehabt haben, und zwar erfahrene Helfer.
Er hatte behauptet, er hasse Wills genauso abgrundtief wir dieser ihn, und dann sollte er bereit gewesen sein, sich mit ihm zu versöhnen, nur um Gelegenheit zu haben, Kitty zu erschießen.
Wenn er Wills umgebracht hätte. Das wäre begreiflich gewesen.
Ich schrieb weiter, bis ich zu den Ereignissen des letzten, entscheidenden Abends kam.
In Gedanken drang ich nochmals durch die Garage in das Wohnhaus ein, dass still und wie
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