0312 - Mumienfluch
und erbarmungsloseste Hexenjäger seiner Zeit. Mit berittenem Gefolge unter Begleitung seiner zwei Folterknechte zog er ab 1645 durch den Süden von England. Die Opfer, die der von ihm dort verbreitete Hexenwahn forderte, sind heute nicht mehr feststellbar. Irgendwann rottete sich das Volk zusammen und unterzog ihn selbst seiner eigenen Folter, um ihn nach dem qualvollen Geständnis genau so zu töten, wie seine Opfer gestorben waren. Für Michael Ullich war es völlig selbstverständlich, daß für solche bestialischen Menschen die Hölle der einzige Aufenthaltsort in jener anderen Welt sein mußte, die ewig war.
Und jetzt hatte Leonardo de Montagne diesen Matthew Hopkins aus der Hölle gelassen. Michael Ullich sah, wie die Folterknechte ihre Geräte nahmen, um die Weisungen des höllischen Hexenjägers durchzuführen.
»Nun zeig mir mal, ob du Mut hast, Michael Ullich!« vernahm der Junge plötzlich die Stimme des Montagne in seinem Inneren. »Eigentlich sollten sie dich foltern. Denn ich will, daß Zamorra deine Schreie hört, die ich ihm zutragen werde. Du kannst es natürlich vermeiden und Hopkins mit seinen Folterknechten gewähren lassen. Die beschäftigen sich dann mit dem Mädchen, dessen Schrei Zamorra jedoch nicht hört. Nun, Junge? Wie ist es? Wirst du die Qualen der Folter für sie auf dich nehmen oder hast du Angst!«
»Bestie! Teufel!« zischte Michael Ullich.
»Ganz richtig, das bin ich!« erklärte der Dämon. »Doch wenn du das Mädchen vor den Schmerzen bewahren willst, mußt du dich beeilen!«
»Laßt sie gehen!« rief Michael Ullich den drei Wesen der Hölle zu, die sich über Gwendolyn Wilson gebeugt hatten und mit einer handlangen, spitzen Nadel eine geeignete Stelle zum Einstechen suchten. Denn nach dem Glauben des Mittelalters hatte jede Hexe an ihrem Körper eine Stelle, wo sie der Teufel mit dem Hexenmal gezeichnet hatte. Hier war sie unempfindlich gegen Schmerzen und hier drang auch kein Blut aus.
»Ach, sieh mal an. Du bist das also!« klang die zischende Stimme des Matthew Hopkins durch den Raum. »Dann werden wir das Hexenmal eben an dir suchen. Wir werden die unempfindliche Stelle an deinem Körper schon finden!«
»Geht mir nur nicht an meine empfindliche Stelle!« knurrte Ullich. Dann schwieg er. Während er Gwendolyn Wilson erleichtert aufstöhnen hörte, spürte er, wie die rissigen Finger der beiden Folterknechte über seinen Körper fuhren. Matthew Hopkins beobachtete fasziniert seine nackte Brust, die sich durch das schnelle Atmen rasch hob und senkte. Seine langen Fingernägel kratzten leicht darüber hinweg.
»Hierher stechen!« befahl er dann.
Im nächsten Augenblick durchraste ein glühender Schmerz Michael Ullichs Körper, als die spitze Nadel des Folterknechtes durch seine Haut drang. Obwohl er alle Beherrschung aufbrachte, konnte er ein qualvolles Stöhnen nicht unterdrücken…
***
Professor Zamorra wurde im Sattel des Kamels zurückgeschleudert, als er das unterdrückte Stöhnen aus dem Nichts verspürte. Obwohl schmerzverzerrt, erkannte er darin Michael Ullich.
»Sie haben eben erst angefangen!« vernahm er eine Stimme von irgendwoher. »Die Qualen, die von den Henkern des Matthew Hopkins bereitet werden, steigern sich mit jeder Stunde. Die Nadelprobe ist bald vorbei. Doch in einer Esse wird bereits das Eisen glühend gemacht. Du mußt dich beeilen, Zamorra, wenn du ihm noch helfen willst. Aus den Tagen meines Lebens weiß ich, daß viele Menschen auf der Folter wahnsinnig wurden.«
»Wer immer du bist, der zu mir redet!« rief Professor Zamorra. »Ich spüre es, daß du lügst. Satans Merkratik, dein Herr, ist der Vater der Lüge!«
»Ich bin Leonardo de Montagne und habe Lüge nicht nötig!« grollte die Stimme des Dämonenfürsten. »Ich werde dir beweisen, daß ich die Wahrheit rede. Und der Gefangene wird genau spüren, daß du ihn sehen kannst. Betrachte das Amulett!« Im nächsten Moment verschwand das grüne Leuchten der Silberscheibe. Einen kurzen Augenblick schienen graue Schleier über Merlins Stern zu wehen. Dann wurde das Amulett zu einem Fenster, mit dem Professor Zamorra direkt in die Schreckenskammer unter den Ruinen von Memphis blicken konnte.
Er sah den halbnackten Körper von Gwendolyn Wilson auf dem Altar- und den Henker des Matthew Hopkins, der sich mit schleichendem Gang dem angeketteten Jungen näherte, während in seinen Augen sich das rotglühende Metall des Brenneisens widerspiegelte.
In diesem Augenblick spürte Michael
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