0312 - Mumienfluch
der Götter, denen die letzte Entscheidung obliegt, ob der Tote würdig ist, einzutreten.
Doch auch Thot, der Protokollführer beim Totengericht mit dem Schädel des heiligen Ibis war zu sehen. Daneben die Waage der Guten und Bösen Taten und jenes gräßliche Wesen, das man den »Verschlinger« nannte.
Nach dem Glauben der Ägypter wog Anubis das Herz und die Seele des Toten mit allen Guten und Bösen Taten gegen eine Feder auf. Zeigte die Waage gegen ihn, dann kam die Stunde des »Verschlingers«. Es war eine Mischung zwischen einem Löwen und einem Nilpferd mit dem Rachen eines Krokodils und zerstörte die Seele. Doch wer für würdig gefunden war, den nahm Osiris bei der Hand und führte ihn zum seeligen Leben bis zu dem Tage, wo der »Seelenvogel« zurückgekehrt in den durch Balsamierung erhaltenen Körper.
In die Halle der Vorbereitungen würde man sie nach dem Willen Leonardos bringen. Michael Ullich schwante bei diesem Begriff nicht viel Gutes.
Obwohl es weder durch Grabfunde noch durch Aufzeichnungen bestätigt war, ging doch immer wieder die Legende um, daß reiche und angesehene Ägypter verfügten, daß nach ihrem Tode ihre besten Sklaven mit eingemauert werden sollten, um auch im jenseitigen Leben für ihn zu arbeiten. Man hatte die Unglücklichen betäubt und sie erwachten in der Totenkammer zusammen mit der Mumie. Wenn sich der gnädige Tod ihrer erbarmte, erstickten sie. Ansonsten starben sie an Hunger und Durst stürzten sich in das Schwert, das man dem Toten auf die lange Reise mitgegeben hatte.
Michael Ullich wußte, daß zur Zeit des Ramses zum Mindesten einmal dieses lebendige Begraben stattgefunden hatte. Damals wurde Professor Zamorra zusammen mit zwei Mädchen in die Grabkammer des Nefru eingeschlossen. In letzter Sekunde war es Michael Ullich und Carsten Möbius gelungen, sie durch einen Luftschacht zu retten. [6]
Der Weg schien kein Ende nehmen zu wollen. Doch endlich versperrte eine mächtige Steinplatte den Gang.
Der vordere Skelettkrieger klopfte mit der Knochenhand einmal dagegen. Mit schabendem Geräusch, das wie ein Reibeisen war, schwang die Platte an unsichtbaren Scharnieren auf.
Die Fackel des Knochenmannes leuchtete in das Innere einer geräumigen Kammer, deren Wände von großen Fresken, die Anubis und andere finstere Götter Altägyptens darstellten, geschmückt war.
In der Mitte war ein mächtiger Sarkophag aus Rosenquarz. Von den Wänden hingen Ketten in verschiedenen Stärken herab.
Michael Ullich versuchte einen letzten Widerstand, als ihn die Kreaturen des Montagne an die Wand drängten und ihm Ketten um die Hand- und Fußgelenke legen wollten. Doch die Skelette hatten das erwartet und reagierten entsprechend auf seine wilden Attacken. Bevor es Michael Ullich gelungen war, auch nur einen Arm aus ihren knöchernen Händen freizuwinden, hatten sich schon klickend die Handschellen der Ketten geschlossen. Ein Tritt mit dem Fuß verpuffte ins Leere. Dann waren auch die Beine in gespreizter Form festgezurrt. Ein Metallbügel wurde um den schlanken Leib gelegt und ein Halsreif sorgte dafür, daß Michael Ullich sich nicht mehr bewegen konnte.
In nicht auf den ersten Blick sichtbaren Halterungen am Sarkophag hatten die beiden anderen Skelettkrieger Ketten geschoben und mit diesen Gwendolyn Wilson festgezurrt. Der Anführer der Skelettkrieger steckte die brennende Fackel in eine Halterung an der Wand. Dann verschwanden sie plötzlich im Nichts.
Die beiden Gefangenen waren allein…
***
»Ich verstehe immer noch nicht, warum sich Michael nicht meldet!« maulte Carsten Möbius, der auf dem schaukelnden Rücken des in gleichmäßigem Tempo pfeilschnell dahinrasenden Kamels fast seekrank wurde. »Er hat doch das Transfunkgerät am Ärmel. Mit dem Peilzeichen könnten wir ihn schnell finden!«
»Leonardo de Montagne ist schlau wie ein Fuchs!« sagte Professor Zamorra. »Er wird dafür sorgen, daß er das Gerät nicht benutzen kann. Und nun jammere nicht. Was wir tun, ist der einzige Weg, um ihn zu finden!«
»Aber es wird bald dunkel!« sagte der Junge. »Die Spuren der Mumie im Sand sind zwar schwarz gerändert - doch sie sind kaum zu erkennen. In einer halben Stunde sehen wir nicht mehr die Hand vor Augen, geschweige denn die Spuren der Mumie!«
»Daran habe ich bereits gedacht!« lächelte Professor Zamorra. »Es ist zwar nicht ungefährlich, das Amulett gegen einen Macht-Dämonen wie Leonardo jetzt einzusetzen. Doch eine Mumie und ihre Spur findet Merlins Stern ganz
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