0312 - Mumienfluch
benötige ich dein Blut - und dein Herz. Sonst wird kein neues Leben in den toten Körper der Mumie einfließen!«
»Das haben Sie eben nicht im Ernst gemeint!« stieß Gwendolyn Wilson angstvoll hervor. In Leonardos Augen erkannte sie die Wahrheit.
»Doch, es gibt keinen Zweifel, daß er es tun wird!« sagte Michael Ullich, der den Kampf gegen die Fesselung aufgegeben hatte. »Wenn er ihr Herz will, dann bestimmt nicht aus Liebesdingen. Und er zapft auch nicht so eine Kleinmenge wie der Blutspendedienst, sondern er benötigt den letzten Tropfen des Lebenssaftes!«
»Ein Wahnsinniger!« stöhnte die Amerikanerin. »Der gehört doch eingesperrt!«
»Er ist kein Mensch, sondern ein Dämon!« sagte Michael Ullich und seine Stimme klang fast gleichmütig. Seit einiger Abenteuer an Professor Zamorras Seite akzeptierte der Junge auch die unmöglichsten Dinge als bestehende Tatsachen. Aberglaube hatte sich meist sehr schnell als Realität erwiesen, wenn die Kräfte der Hölle nach der Erde und den Menschen griffen.
»Aber das gibt es doch gar nicht!« stieß Gwendolyn hervor. »Das ist doch hier alles nur eine gut inszenierte Show!«
»Nicht einmal Steven Spielberg in all seiner Herrlichkeit könnte Skelette wie diese herstellen, die so kämpfen wie Menschen!« sagte Michael Ullich. »Du kannst getrost alles akzeptieren, womit man dir als kleines Mädchen Angst eingejagt hat. Fürchtest du dich vor dem Teufel? Das dort ist er, Diese fette Krötengestalt!«
»Ich bin ein Teufel - nicht der Teufel!« verbesserte ihn der Montagne. »Und für die beleidigende Bemerkung betreffend meines Körperbaus werde ich mir noch etwas Besonderes für dich einfallen lassen !«
»Das macht dich keineswegs schöner!« bemerkte Michael Ullich bissig. Wütend stampfte der Montagne auf, daß der Boden an dieser Stelle zu qualmen begann. Dann wandte er sich abrupt um. Seine Hand wies auf eine Stelle am Boden, die leicht mit Gras überwuchert war.
Michael Ullich sah, wie er langsam die Hand drehte. Im gleichen Augenblick schwang eine mächtige Steinplatte, die unter einer dünnen Schicht Gras und Erde verborgen war, um. Im Boden entstand ein Loch, durch das sich gerade zwei Personen gemeinsam schieben konnten. Andeutungsweise waren die Stufen einer Treppe zu erkennen, die hinunter ins Nichts führte.
»Schafft sie hinunter!« befahl Leonardo de Montagne. »Bringt sie in die Halle der Vorbereitungen. Dort kettet sie fest und zieht euch dann zurück. Ich entlasse euch, wenn der Auftrag erfüllt ist!« Mit diesen Worten erhob er die Arme und stampfte noch einmal fest auf.
Gwendolyn Wilson schrie, auf als Flammen aus der Erde hervorschossen. Inmitten des Feuers fuhr Leonardo de Montagne zurück ins Reich der Schwefelklüfte.
»Der Teufel… der Teufel hat mich in seiner Gewalt!« jammerte Gwendolyn. Dann ergriffen sie zwei Skelettkrieger und zerrten sie in die Dunkelheit der unterirdischen Totenstadt von Memphis…
***
»Weil ich keinen Paß habe, kann ich mich nicht an die offiziellen Stellen wenden!« zog Professor Zamorra die Bilanz. »Das Amulett einsetzen kann ich auch nicht, ohne daß Leonardo gewarnt wird. Wir müssen uns also diskret umhorchen, ob jemand die Mumie gesehen hat. Auf der anderen Seite des Nils wimmelt es doch von Polizisten, wie du erzählt hast!«
»Die werden für Michael und mich sicher eine Verlustmeldung schreiben!« sagte Carsten Möbius sarkastisch. »Niemand wird annehmen, daß wir die Nacht im Tal der Könige überlebt haben. Immerhin hat die Mumie in der Nacht zuvor eine ganze Bande von Grabräubern und einen Wachmann im Tal ausgelöscht!«
Sie hatten sich in das Zimmer zurückgezogen, das Carsten Möbius im Winter-Palace-Hotel gemietet hatte. Der Meister des Übersinnlichen hatte geduscht und gefrühstückt, während Carsten Möbius einige persönliche Dinge für ihn einkaufen ging, weil sein Gepäck noch in Rom stand.
»Dann melde dich doch einfach zurück und erzähl ihnen eine wilde Räuberpistole, wie du mit der Mumie gekämpft hättest und dir im letzten Moment die Flucht geglückt sei!« riet Professor Zamorra. »Wenn die Mumie wieder aufgetaucht ist, dann erfährst du bestimmt mehr darüber. Übrigens habe ich den Verdacht, daß wir diesen wandelnden Leichnam kennen!«
»Ich hoffe, man freut sich, wenn man alte Bekannte trifft!« sagte Carsten bissig. »Ich hatte gehofft, daß Nefru für alle Zeiten ausgeschaltet war, als ich die Grabkammer vermauern ließ. Die Narren, die so leichtsinnig
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