0313 - Ein gefährlicher Job
»Ich übergab Sam das Material aus dem Panzerschrank. Ich hätte wenigstens die Papiere zurückhalten müssen, die ihn selbst betrafen. Jetzt braucht er mich nicht mehr. Er kann mich abservieren.«
»Warum sollte er das tun?«
»Er wird es tun, wenn er erst einmal fest im Sattel sitzt.«
Ich erkannte, dass sie von der Panik der alternden Frau gepackt war. Wahrscheinlich war der Boss nahe daran gewesen, ihr den Laufpass zu geben, und sie hatte ihn verraten und sich zu seinen Feinden geschlagen. Aber gewonnen hatte sie damit nichts.
»Sie haben also den Panzerschrank geleert?«
»Ja, ich kannte die Kombination für das Schloss. Vor Monaten einmal war Fladow leichtsinnig. Er öffnete in meiner Gegenwart den Schrank, nahm etwas heraus und schloss ihn wieder, aber er vergaß, nach dem Schließen die Einstellung der Kombination zu verändern. Ich merkte mir die Zahlen und Buchstaben. Ich probierte sie aus, als er zwei Tage später nicht im Haus war. Es klappte. Für mich bedeutete es eine Rückversicherung, dass ich jederzeit an den Inhalt des Tresors gelangen konnte, verstehen Sie, Rod?«
»Ich verstehe! Sie hätten damit die ganze Organisation auffliegen lasen können, wenn Sie die Papiere den FBI-Leuten übergeben hätten, aber Sie übergaben sie Debro, und damit war Ihre Rückversicherung zum Teufel. Haben Sie eine Ahnung, wo er das Zeug verborgen hält?«
»Nein, aber ich kenne das Versteck des Mannes, der Fladow erschoss.«
Ich pfiff leise durch die Zähne.
»Er heißt David Roos, nicht wahr?«
Sie nickte eifrig.
»Die Story, die Rullin dem G-man erzählte, stimmt in den Einzelheiten. Roos hat früher tatsächlich für die Organisation gearbeitet, aber auf einem ganz untergeordneten Posten. Er unternahm einen Einbruch auf eigene Faust, wurde gefasst, und Fladow tat nichts, um ihn ’rauszuholen. Roos war ungefährlich für ihn. Er wusste nichts und konnte ihn nicht belasten. Der Junge bekam zwei Jahre.«
»Rullin sprach von einer Schwester, an die sich Fladow herangemacht haben soll, während der Bruder im Kittchen saß.«
Sie machte eine wegwerfende Handbewegung: »Ja, das stimmt auch. Ich habe das Girl selbst damals gesehen. Eine harmlose Gans, die in irgendeiner Fabrik arbeitete. Sie hielt ihren Bruder für einen guten Jungen, der nur Pech gehabt hatte. Sie kam zu Fladow, um ihn zu bitten, etwas für ihren Bruder zu tun.«
Ihr geschminkter Mund verzog sich verächtlich.
»Der Henker mag wissen was Jurryll an dem Girl reizte. Na, jedenfalls dauerte die Liebe nicht lange. Nach vierzehn Tagen ließ er sie fallen wie einen Lappen.« Sie lachte hart. »Rassallo musste sie damals an die Luft setzen, und Harry erledigte solche Sachen gem.«
Ich fand Joan Wryght in diesem Augenblick alles andere als sympathisch.
»Es stimmt also, dass Roos den Boss aus Rache abknallte?«
Sie schnippte mit den Fingern. »Nicht so viel. Roos gehört zu den Typen, die ihre eigenen Eltern verkaufen. Aus Rache handelte er überhaupt nicht, sondern weil Debro ihm einen guten Preis bot und ihm die Maschinenpistole in die Hand drückte.«
»Und was soll ich jetzt mit diesem Roos machen? Ihn abknallen?«
Sie beugte sich über den Tisch.
»Genau das Gegenteil, Rod! Roos hat Fladow im Auftrag von Debro umgelegt. Wenn wir Roos in der Hand haben, dann können wir Sam unter Druck setzen. Wir können ihm unsere Bedingungen diktieren. Entweder er liefert mir die Papiere wieder aus, oder wir spielen Roos dem FBI in die Hände. Wenn die G-men aus Roos ein Geständnis herausholen, dann gerät Debro mächtig in die Nähe des elektrischen Stuhles.«
»Und ich gerate in die Schusslinie der Staff Brüder aus Chicago. Glauben Sie, dass machte mir Spaß! Haben Sie gesehen, wie der Junge mit dem Puppengesicht mit Rassallo umsprang?«
Sie schoss ein paar Glutblicke auf mich ab.
»Haben Sie Angst, Rod? Ich hielt Sie für einen Mann, mit dem man den Teufel aus der Hölle holen kann.«
Sie tat so, als hätte sie mehr als nur ein geschäftliches Interesse an mir. Joan Wryght war in Wahrheit so kalt wie ein Eisberg, aber sie brauchte mich, und sie setzte alle Mittel ein, um mich rumzukriegen.
Ich ließ mich scheinbar rumkriegen.
»Okay, ich will es versuchen, vorausgesetzt, es springt etwas dabei für mich heraus.«
Sie klappte die Handtasche auf und hielt sie so, dass ich hineinsehen konnte.
Ein hübsches Bündel Dollarnoten lachte mich freundlich an. Übrigens schimmerte daneben der Griff einer niedlichen, kleinen Pistole, eine dieser
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