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0316 - Das Todeslied der Unterwelt

0316 - Das Todeslied der Unterwelt

Titel: 0316 - Das Todeslied der Unterwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Das Todeslied der Unterwelt (1 of 2)
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noch kurze Zeit vor seinem Tode dort gewesen war, dafür sprach die Tatsache, daß sich bei einem starken Raucher ein Päckchen Streichhölzer nicht lange hält — und in seinem fehlten erst zwei Hölzchen.
    Aber daß er bis gegen Mitternacht dort gewesen war, das hatte ich nicht zu hoffen gewagt.
    Hatte der Arzt nicht als Zeitpunkt für den Eintritt des Todes ungefähr die Mitternachtsstunde genannt?
    »Kam Ihnen der Mann nervös vor?«
    »Nein, eigentlich nicht.«
    »Benahm er sich irgendwie ungewöhnlich? Auffällig?«
    »Gar nicht. Er war ziemlich still.«
    »Trank er viel?«
    »Auch nicht. Ein paar Büchsen Bier. Drei oder vier.«
    »Haben Sie sich mit ihm unterhalten?«
    »Nein. Er machte mir nicht den Eindruck, als ob er eine Unterhaltung wünschte.«
    Ich sah, wie meine Felle wieder davonschwammen.
    »Vielleicht ist da noch etwas, das Sie auch wissen sollten. Mr. Cotton«, sagte der Kellner nach einer kurzen Pause, blickte aber unentwegt nach vorn zum Fenster hinaus.
    »Ja?« fragte ich gespannt. »Was denn?«
    »Der Mann war nicht allein bei uns im Lokal.«
    »Er war in Begleitung?« forschte ich. »Mit einem anderen Mann oder mit einer Frau?«
    »Mit einem frechen Lümmel, der noch keine dreißig Jahre alt ist. Vielleicht gerade über die Zwanzig.«
    »Versuchen Sie, mir den Jungen zu beschreiben, und lassen Sie sich nicht beirren, wenn ich Zwischenfragen stelle.«
    »Wie Sie wünschen, Mr. Cotton.«
    Er machte es so gut, wie es ihm möglich war.
    Vermutlich hätte ich aus einer so mangelhaften Beschreibung den Besprochenen nie erkannt, wenn er nicht auch noch die Kleidung erwähnt hätte.
    Die aber war in meinem Gedächtnis registriert.
    »Meinen Sie den jungen Burschen, der Sie immer Sammy nennt?« unterbrach ich ihn schnell, als mir die Erleuchtung gekommen war.
    »Ja, den meine ich! Das ist er! Ich habe ihm gesagt, daß ich Joe heiße. Das wäre ihm gleichgültig, sagte er mir ins Gesicht. Bei ihm hießen alle Kellner Sammy. Und ob mir was nicht paßte! Wie finden Sie das, Mr. Cotton?«
    »Frech«, sagte ich schlicht, »Mindestens«, knurrte er.
    »Versuchen Sie, sich genau zu erinnern«, bat ich. »Wann sind die beiden weggegangen? Oder sind sie nicht zusammen weggegangen?«
    »Doch. Aber ich habe nicht auf die Uhr gesehen. Wie gesagt, es muß so um Mitternacht gewesen sein. Bestimmt nicht früher als fünfzehn Minuten vor zwölf. Denn da habe ich auf die Uhr gesehen, weil ich ein paar Eier kochen mußte für den Chef. Und da waren sie noch eine Weile da.«
    »Sie wissen nicht zufällig, wie der Junge heißt? Vielleicht hat der Mann ihn einmal mit dem Namen angesprochen?«
    »Das hat er nicht. Aber ich weiß trotzdem, wie der Junge heißt. Er ist nicht gerade selten bei uns. Sein Name ist Albert Stein.«
    Der Kellner war pures Gold wert. Mein Glück machte mich mutig. Ich fragte:
    »Und wo wohnt er, Mr. Leader?«
    »In der 114. Straße. Ziemlich dicht am East River. Da steht ein vierstöckiges Mietshaus, das zum Verkauf angeboten wird. Aber Wer kauft schon direkt in Harlem ein Mietshaus? Schon gar nicht, wo es so eine alte Bruchbude ist. Reiche Neger, die es sich leisten könnten, das Haus zu kaufen, nehmen bessere Objekte.«
    »Wenn ich von der Fünften Avenue herkomme, auf welcher Straßenseite liegt dann das Haus? Rechts oder links?«
    »Links, Mr. Cotton. Sie können es eigentlich nicht verfehlen. Es dürfte das einzige Haus in der Straße sein, wo Tag und Nacht alle Fensterläden geschlossen sind und die Haustür abgesperrt ist.«
    »Wie kommt er denn ‘rein und ‘raus?«
    »Er wird sich einen Schlüssel gefeilt haben. Das ist doch kein Kunststück.«
    »Nein, das ist es nicht. Nur noch eine letzte Frage: Haben Sie je gesehen, ob der Junge eine Schußwaffe besitzt?« Der Kellner schnippte die aufgerauchte Zigarette zum Seitenfenster hinaus.
    »Er hat eine Pistole«, erklärte er. »Ich sah es zufällig einmal, als er sich auf seinem Stuhl vorbeugte, um das Schuhband neu zu schnüren. Dabei ging seine Hosentasche auseinander. Er hatte eine Pistole darin. Verstehen Sie das? Wozu — um alles in der Welt! — braucht so ein junger Nichtsnutz eine Pistole?«
    Ich wußte es. Aber ich behielt es für mich.
    ***
    Es war mittags gegen halb zwei, als mein Jaguar in langsamer Fahrt durch Harlem rollte. In meiner Brieftasche steckte ein Hausdurchsuchungsbefehl, den der zuständige Richter mir ausgestellt hatte.
    Das ewig vergnügte Völkchen der New Yorker Neger und Farbigen saß auf den Haustürtreppen

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