0316 - Das Todeslied der Unterwelt
alles.
»Wir haben jetzt sämtliche Mordfälle am Hals?« stöhnte Phil. »Das kann ja heiter werden! Womit fangen wir denn an? Oder wollen wir losen, wer in der Liste der restlichen Fälle welchen Mord übernimmt?«
Er hielt mir seine Zigarettenschachtel hin.
Ich gab uns Feuer.
»Die ganze Sache ist mehr als schwierig«, sagte ich. »Es scheint so zu sein, als ob Georgeton die Ausführung einiger Morde organisiert hat. Natürlich hat er sich das gut bezahlen lassen. Aber wer kann ihm das beweisen? Auf unsere Vermutungen pfeifen die Gerichte. Wir müssen entweder einen der Mörder dazu bringen, daß er gegen Georgeton aussagt, daß er zugibt, von Georgeton für den Mord bezahlt worden zu sein, damit wir gegen diesen Obergangster angehen können, oder wir müßten einen der Leute, die einen solchen Mord bei Georgeton bestellt haben, zur Aussage bringen.«
»Das wird nicht möglich sein«, murmelte Phil. »Denn jeder, der so was aussagen würde, würde doch gleichzeitig sich selber auf den Elektrischen Stuhl bringen.«
»Das ist es ja«, seufzte ich. »Im Grunde hat sich Georgeton gut gesichert. Wir können es ihm nur beweisen, wenn ein Killer oder ein Auftraggeber gegen Georgeton aussagt. Nach dem Gesetz aber droht dem Killer die Todesstrafe ebenso wie dem Mann, der einen Mord bestellte und damit zum Mord anstiftete. Deshalb wird keiner gegen Georgeton aussagen.«
»Du gehst immer von der Voraussetzung aus, daß du Georgeton etwas anhängen willst. Aber wir sollen zunächst einmal uur die Killer finden. Daß Fitzgerald Boones und Harry T. Coster von Albert Stein ermordet wurden, wissen wir jetzt, weil du die Mordwaffe bei diesem Stein in Harlem gefunden hast. Das genügt als Beweismaterial gegen Stein. Der Anschlag auf Sergeant Arondack hat eine gewisse Ähnlichkeit mit der Ermordung von Roberta Questen. Vielleicht ist also der Mörder von Roberta Questen auch der Junge gewesen, der Arondack mit dem Messer anfiel. Es bleiben die Fälle Webster, Deford und Hoare übrig. Wer hat diese Morde ausgeführt? Wie sollen wir herausfinden, wer in all diesen Fällen der Täter war? Das ist unsere Aufgabe. Ob Georgeton auch in diesen Fällen den Auftrag gegeben hat, darüber können wir uns Gedanken machen, sobald wir die Mörder erst einmal haben.«
»Du hast recht«, sagte ich. »Suchen wir erst einmal die Mörder. Ich frage mich nur: wie?«
Wir diskutierten die verzwickten Fälle von allen Seiten durch, ohne daß uns eine Erleuchtung gekommen wäre. Unsere Diskussion wurde abgebrochen, als der Kurier uns die Akten dieser Fälle brachte, wie sie von der Mordkommission angelegt worden waren. Wir nahmen uns die mehr oder weniger umfangreichen Aktenmappen vor. Ich beschäftigte mich zunächst mit dem Fall der Maria Helen Webster.
Die Frau war Witwe und besaß im Hafen eine große Spedition, die bis zu einem tödlichen Unfall ihr Mann geleitet hatte. Als ich diesen Sachverhalt las, fiel mir ein, was uns Gordon über gewisse Diebstähle von Waren im Hafengebiet erzählt hatte. Ich rief die zuständige Abteilung der Stadtpolizei an.
»Cotton«, sagte ich. »Können Sie feststellen, ob von der Spedition Webster in letzter Zeit Einbrüche und Warendiebstähle gemeldet worden sind?« Es dauerte eine Weile, bis ich die Antwort erhielt:
»Die Spedition Webster hat im vergangenen Jahr sechzehn schwere Einbrüche und Diebstähle gemeldet. Seltsamerweise hörten die Meldungen auf, seit Webster verunglückt ist.«
Ich machte mir ein paar Notizen und ließ mir auch den Namen des Mannes durchgeben, der diese Fälle bearbeitet hatte. Danach las ich die Akte weiter, bis ich plötzlich auf einen Namen stieß, der mich förmlich aufspringen ließ. In der Akte gab es eine Zeugenaussage. Sie stammte vom Geschäftsführer der Spedition. Der Mann hieß Fitzgerald Boones.
»Phil!« rief ich, »der Fall Webster scheint sich aufzuklären! Hör zu! Vor ein paar Monaten verunglückte ein gewisser Webster im Hafen. Er hatte eine Spedition, bei der am laufenden Band eingebrochen wurde —«
»Gordons Waren diebstähle, was?« warf Phil ein.
»Höchstwahrscheinlich. Aber paß auf, es wird noch besser. Nachdem Websters Witwe die Firma erbte und weiter leitete, hörten die Diebstähle und Einbrüche auf einmal auf!«
»Die Frau wird wohl nicht mitgespielt haben«, mutmaßte Phil.
»Das nehme ich auch an. Webster wird mit Georgeton gemeinsame Sache gemacht haben. Man organisiert die Einbrüche, kassiert die Versicherungssumme für die
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