0317 - Der Seelenschmied
Schiff flott!«
Das waren Nomukas letzte Worte, die erklangen. Für drei Herzschläge standen die Piraten regungslos da. Doch dann ergriff der Kapitän die Initiative wie in den Tagen, als er tatsächlich lebte.
»Auf mit euch, ihr verdammten See-Ziegen!« grollte er aus seiner Kehle. »Die Boote zu Wasser und legt euch in die Riemen, daß die Adern aus den Muskeln platzen. Wir wollen hier so schnell wie möglich verschwinden. Hinaus auf die offene See. Und dann an die Beute, die man uns weisen wird!«
Das klang wie in den Tagen des Lebens. Wirklich hatte der Schwarze Garfield schon fast vergessen, daß er im Auftrage eines Dämons handelte. Nomuka beobachtete in gestaltloser Existenz, wie die Piraten die Boote ins Wasser schoben, die Anker lichteten und es ihnen gelang, den »Sea-Falcon« langsam zum offenen Ausgang der Höhle zu ziehen. Niemandem, der nur die Männer sah, wäre aufgefallen, daß sie mehr als 200 Jahre ohne Seele weiter existiert hatten.
Nur wer ihre fast zerfetzte Kleidung und das verrottete Schiff sah, der ahnte, daß hier Mächte am Werk waren, die man nicht erklären kann.
Doch weil weder ein Dämon in ihrem Inneren noch echte Dämonenkräfte am Werk waren, konnte auch Professor Zamorras Amulett seinen Träger weder warnen noch schützen.
Als die Sonne blutrot im Wasser des Pazifik versank, war die »Sea-Falcon« auf dem offenen Meer. Die neu belebten Piraten hangelten sich wie die Eichkater in die Wanten und setzten Vollsegel.
Im gleichen Moment kam eine frische Brise auf, die alle Leinwand füllte und die »Sea-Falcon« vorwärts trieb.
»Welchen Kurs, Kapitän?« fragte Barret Sweapon, der wieder hinter dem großen Steuerrad stand.
Im selben Moment sahen alle an Bord, wie ein Komet mit grellrotem Schweif langsam über den Nachthimmel glitt.
»Wer immer uns belebt hat – dies ist sein Zeichen!« rief der Schwarze Garfield. »Der Kurs ist – die Bahn dieses Kometen. Er führt uns zur Beute. Wir folgen ihm. Und wenn uns der Teufel selbst den Weg weist!«
***
»Unbekanntes Objekt steuerbord voraus!« meldete einer der Matrosen auf der Brücke der ›Columbina‹ und setzte das Nachtglas von den Augen.
»Fragen Sie, aus welcher Galaxis die kommen!« knurrte Sörens.
»Ihre Witze waren schon mal besser, Mister Corner. Was soll der Blödsinn, so was wie ein UFO zu melden? Wir sind hier nicht im Bermuda-Dreieck!«
»Aber Sir. Sehen Sie selbst!« rief der Matrose verstört. »Drei Strich Steuerbord vom Kurs und kommt schnell näher. Fünfzehn Knoten in der Stunde, schätze ich. Und es sieht aus… aber das gibt es doch gar nicht!«
»Wind kommt auf!« kam es mit leidenschaftlicher Stimme aus der Wetterstation. Dann folgten einige Erläuterungen, die nur ein Seemann versteht.
»… nennen wir das Ganze, was da von Steuerbord heranrauscht, ruhig einen Taifun!« beendete die Wetterstation ihren Bericht. »Muß eben erst entstanden sein. Wurde sonst nicht gemeldet!«
»Ein Taifun. Aus der Richtung, woher dieses Objekt kommt!« stieß Björn Sörens hervor. »Aber das ist doch nicht möglich!«
»Unsere Meßinstrumente sind genau!« erklärte die Wetterstation.
»Und wir wissen, was wir ablesen. Holt schon mal die Freiwachen aus den Kojen!« setzte die Stimme hinzu. »Wir melden, wenn es Veränderungen gibt!« Dann schaltete sich die Verbindung ab.
»Was haben Sie gesehen, Corner?« fragte Sörens scharf. Aufkommende Wogen unruhiger See ließen keinen weiten Blick mehr zu.
»Sie sind ja ganz verstört, Mann. Was haben Sie gesehen?«
»Den… den Fliegenden Holländer!« krächzte der Matrose mit kreidebleichem Gesicht. »Wer ihn sieht, den kommt er holen. Der muß mit auf sein Schiff. Das Schiff, das niemals einen Hafen anlaufen darf. Der bleiche Kapitän am Steuer fährt in die Ewigkeit, weil er gegen Gott gefrevelt hat. Aber Seeleute, die ihn sehen, holen die Matrosen des Holländers an Bord, und die müssen ihn begleiten auf seiner Reise bis zum Jüngsten Tage!«
»Aber das ist doch eine Sage. Ein Märchen. Und eine Oper von Richard Wagner!« stieß Björn Sörens unwillig hervor. Aberglaube war ihm, dem hart arbeitenden Seemann, fremd. Zwar kannte er die Sage vom Fliegenden Holländer, aber er wußte, wie solche Legenden zustande kommen.
In den Tagen der Segelschiffe kam es häufig vor, daß ganze Mannschaften an Epidemien oder Skorbut starben, bevor sie einen Hafen erreichten. Diese Schiffe trieben ziellos umher und wurden immer wieder gesichtet. Bis zu dem Tage, wo sie auf
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