0319 - Geschäft ohne Gnade
plötzliche Erkenntnis wurde mein ganzer Körper wie von einem Fieberschauer geschüttelt.
Die Tote war nicht June Holland. Es war Nelly Fondon, die Exbraut Rock Mamos.
***
Gegen 11 Uhr vormittags waren wir schon wieder in New York. Ich wußte zwar inzwischen, wo ich Mamo und seine Leute zu suchen hatte, in der Umgebung von Bolivar nämlich, aber ein anderer Grund zwang mich zur Rückkehr.
Wir schrieben den 25. Oktober. Es war der Tag, an dem Phil und ich zum Criminal Court mußten, um im Allen-Prozeß als Zeugen zu fungieren. Da Phil im New York Hospital lag, mußte ich allein zum Gericht. Als weitere Zeugen gegen Ally Allen hatte man am Vormittag bereits die beiden jungen Leute vernommen, die während des Überfalls in dem Juwelierladen Dienst gehabt hatten.
Meine Schilderung von der Schießerei, mit der sich Allen noch vor der Pension seines Bruders einer Verhaftung zu widersetzen versucht hatte, war für die Urteilsfindung nur von sekundärer Bedeutung. Die Geschworenen waren sich einig und brauchten nur fünfundzwanzig Minuten, um zu dem Spruch »Schuldig« zu gelangen. '
Richter Dimitri G. Nathan verfügte Aliens Überführung in das Staatszuchthaus von Ossining, im Volksmund Sing-Sing genannt, wo er in der Todeszelle auf seine Hinrichtung warten mußte.
Als ich den Gerichtssaal verließ, begegnete ich dem eiskalten Blick Tommy Aliens. Er drehte mir wortlos den Rücken zu. Ich hätte ihn jetzt gut fragen können, wofür er sich von Marno 5000 Dollar geliehen habe. Doch es gab im Moment wichtigere Dinge zu erledigen. Zuerst stattete ich Phil im Krankenhaus einen Besuch ab.
Er konnte noch nicht viel sprechen. Mit dem riesigen Kopfverabnd sah er wie ein Beduine aus. Ich berichtete ihm von meinen Erlebnissen und drückte ihm zum Abschied die Hand.
»Alles Gute, Phil.«
Vom New York Hospital aus fuhr ich zur Zentrale und erstattete Mr. High Bericht. Er war sehr besorgt um June Holland, und so fiel es mir nicht schwer, die Erlaubnis zu einer Reise nach Bolivar zu bekommen. Um dort nicht ganz allein dazustehen, bat ich den Chef, mir Danny Clyde mitzugeben. Mr. High sagte zu.
Dann rief ich in den Büros der Three Stars Production an. Dort erfuhr ich, daß Ruby Torrington Mr. Young auf eine Reise nach Bolivar begleitet habe. Daraufhin fuhr ich mit dem Lift hinunter und betrat den Innenhof, wo Danny Clyde schon neben meinem Jaguar auf mich wartete. Den Schlitten hatte eine Polizeistreife in der vergangenen Nacht auf einem Seitenweg des Inwood Hill Parks entdeckt. Marnos Leute hatten ihn dort wahrscheinlich abgestellt.
Clyde hatte auch den Reservetank und zwei Kanister voll tanken lassen.
Um 4 Uhr nachmittags fuhren v/ir los.
Durch Greg Bolton wußte ich, daß sich alles um das Studiogelände der Three Stars in Bolivar drehte. Dort würde ich auch June treffen, und wenn ich sehr viel Glück hatte, dem Mörder von Alger Ford und Nelly Fondon auf die Spur kommen.
Die Obduktion hatte ergeben, daß man beide mit demselben Messer erstochen hatte. Ich würde mich dafür interessieren, wer von den Marno-Boys ein besonderer Messerfreund war.
***
Nach dreieinhalb Stunden führte der State Highway 17 an den Bohrtürmen der Allegany County Oil Fields vorbei. Wir passierten den Ort Wellsville und entnahmen den Hinweistafeln am Wegrand, daß uns nur noch vierzehn Meilen von Bolivar trennten.
Bei unseren vorher eingeholten Informationen hatte wir erfahren, daß ein geschäftstüchtiger Hotelier in der Nähe der Studios ein Motel eröffnet hatte. Kurz vor der Einfahrt zu der Zweitausend-Einwohner-Ortschaft entdeckten wir eine Reklametafel: Binger’s Motel 1,5 Miles.
Ich bog auf eine asphaltierte Straße ab, die durch ein Waldstück führte. Die Bäume wurden immer spärlicher. Schließlich erreichten wir ein Freigelände. Ich war von der Größe des Motels überrascht. Einen derartigen Laden hatte ich hier nicht erwartet.
Wir passierten die Einfahrt, und ich stoppte den Jaguar vor einer Terrasse. Eine Steinstufe führte hinauf. Die Terrasse wurde von zwei langgestreckten Gebäuden flankiert. Zu ebener Erde waren Parkhallen für Autos angelegt. Die Unterkünfte lagen in der ersten Etage genau darüber.
Wir begaben uns zum Office. Dort wies man uns Zimmer 9 zu. Während Danny unser Gepäck nach oben schaffen ließ, brachte ich den Jaguar in die dazugehörige Parkhalle. Der Wächter staunte nicht schlecht, als er den schnittigen Schlitten sah.
Ich war jetzt froh, daß ich die Rotlichtanlage hatte vom Dach entfernen
Weitere Kostenlose Bücher