0319 - Im Würgegriff des roten Dämons
zu einer längeren Rede an, aber Tendyke unterbrach ihn. »Keine Sorge, wir lassen Sie nicht hier auf dem Highway stehen. Wir bringen Sie ins nächste Dorf, machen unsere Aussage, und Sie können sich von da aus mit Ihrer Chefetage in Verbindung setzen. Okay?«
Die beiden Beamten zeigten sich einverstanden.
Als Tendyke und Bill endlich wieder daran denken konnten, zurückzukehren, war es längst dunkel.
»Ich verstehe dich nicht«, sagte Bill zornig. »Es wären auch noch andere Leute vorbeigekommen, die die Cops hätten mitnehmen können. In der Zwischenzeit hätten wir…«
»Ich habe mich eben ein wenig verkalkuliert«, sagte Tendyke. »Das kommt sogar bei mir zuweilen vor. Ich hatte geglaubt, er würde durch die Sümpfe fahren wollen, auf Nebenstrecken. Dann hätten wir ihn mit dem Geländewagen gepackt. So aber holen wir einen schnellen Patrol Car niemals ein. Es war sinnlos. Und was unsere beiden uniformlosen Gesetzeshüter angeht - vielleicht tun die mir auch mal einen Gefallen. Es ist niemals schlecht, Freunde bei der Polizei zu haben, verstehst du?«
Und nach einer Weile fügte er hinzu: »Und es ist auch niemals schlecht, überhaupt Freunde zu haben - ganz gleich, welchen Job sie ausfüllen.«
Bill Fleming schwieg.
Er dachte an Manuela Ford.
Und manchmal auch an Carol, die dem Entführer hilflos ausgeliefert war. Wann erhielt der Dämon seine Höllenkräfte zurück?
Und - was würde Goro’heel dann mit ihr machen?
***
Der Dämon brauchte keinen Schlaf, auch wenn er seine Fähigkeiten vorübergehend verloren hatte. Er machte nur zweimal einen kurzen Halt zum Tanken. Irgendwann in der Nacht erfolgten die Grenzübergänge nach Alabama, Mississippi und kurz darauf Louisiana. Niemand achtete in der Dunkelheit auf den Polizeiwagen, der nach Recht und Gesetz hier eigentlich gar nichts mehr verloren hatte, weil er zu einem anderen Bundesstaat gehörte. Die Befugnisse der jeweiligen Polizei enden an den Grenzen des Bundesstaates. Als es hell zu werden begann, näherte sich der Wagen der Grenze nach Texas.
Der Dämon wußte, daß es an der Zeit war, das Aussehen zu wechseln. Die Texaner waren ein ganz besonderes Völkchen; sie würden es sich nicht gefallen lassen, daß ein Polizeifahrzeug aus einem anderen Bundesstaat über texanische Highways rollte. Zumindestens würden sie außerordentlich mißtrauisch werden. Es war an der Zeit, zu handeln, ehe es hell genug war, daß die Farbe des Florida-Kennzeichens am Wagen auffiel. Hinzu kam die auffällige Beschriftung an den Wagentüren, die genau auf die Herkunft des Fahrzeugs hinwies.
Carol war in Schlaf gesunken. Sie war von den ungewohnten Strapazen und dem Grauen erschöpft. Der Dämon war damit mehr als nur einverstanden. Er nützte die Chance aus, einen anderen Personenwagen kurz vor Erreichen der Staatsgrenze zu stoppen. Der unbedarfte Fahrer hielt den vermeintlichen Polizisten für echt und fiel auf das Signal zum Anhalten herein. Der Dämon schlug ihn kurzerhand nieder, nahm ihm die Kleidung und Ausweis sowie Geld ab und verstaute die Polizeiuniform im Kofferraum des Streifenwagens. Dann holte er die immer noch im Tiefschlaf liegende Carol und verfrachtete sie in den »erbeuteten« Chrysler. Die Uniformjacke blieb ebenso zurück wie die Rangabzeichen, die Goro’heel dem Mädchen einfach von der Uniformbluse riß. Daß die Ärmel dadurch beschädigt wurden, störte ihn nicht; er riß sie einfach ganz ab. Dann startete er den Chrysler und feuerte aus sicherer Entfernung aus der erbeuteten Polizeidienstwaffe ein paar Schüsse auf den Tank des Streifenwagens ab.
Das Fahrzeug explodierte.
Goro’heel fuhr weiter. Als er das Schild sah, das am Highway-Rand die Grenze markierte, grinste er höhnisch. Seine Spur war verloren. Der Mann, den er überfallen hatte, besaß keinen Ausweis. Er würde einige Zeit brauchen, um seine Story von dem Überfall glaubhaft zu machen - zumal es sich um einen Polizeiwagen handelte, von dem er angehalten worden war. Bis man die Wahrheit herausfand, hatte der Dämon Texas auf der anderen Seite wieder verlassen. Und wenn er erst einmal in Mexiko war, konnte ihm ohnehin keiner mehr etwas anhaben. Die Mexikaner hatten den US Amerikanern bis heute ihre Arroganz nicht verziehen und ihnen auch nicht vergessen, daß nach dem mexikanischamerikanischen Krieg Texas an die USA gefallen war.
Das einzige, was ihm eventuell Sorgen bereiten konnte, war Carol, sobald sie wieder erwachte. Aber mit ihr würde er auch noch fertig
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