032 - Das Monster aus der Retorte
war.
Sekundenlang starrte er sie an, dann griff er wieder nach ihr, zerrte sie vom
Bett und hob sie auf seine starken Arme.
Das Affenwesen blickte sich um und suchte in der
geräumigen Wohnung nach einem geeigneten Versteck für den reglosen, nackten
Körper der hellhäutigen Frau. Wie leicht sie in seinen Armen war. Wie eine
Feder.
In der geräumigen Diele fand er eine mannsgroße Truhe.
Schwer, handgeschnitzt. Als er sie nicht öffnen konnte, weil er keinen
Schlüssel hatte, riß er den Deckel einfach in die Höhe. Dann zerrte er die
Wäschestücke, die darin lagen, heraus und legte den Körper Temei Ogaras in die
Truhe. Dann warf er die Wäschestücke darüber. Ungesehen verließ das künstliche
Affenwesen das Haus der Geisha. Er schlug einen Weg ein, der ihn aus dem Vorort
herausbrachte. Nach etwa zwanzig Minuten kam er zu einem Fabrikgelände. Das
erkannte er wieder. Tonko schlich sich an den rohen Mauern entlang und erreichte
das offenstehende Tor. In den flachen Gebäuden brannten teilweise noch die
Lichter. Tonko schlich geduckt an der Mauer entlang und eilte dann rasch
hinüber zu den reihenweise nebeneinanderstehenden Lastwagen.
Er hörte zwei Männer, die eines der schuppenähnlichen
Häuser verließen und sich heimlich unterhielten. Die beiden Japaner stiegen in
einen Lastwagen. Der Fahrer startete wenig später das Gefährt und rollte zum
Tor.
Tonko stand abwartend im Kernschatten eines anderen
Fahrzeuges und starrte dem davonrollenden Lastwagen nach. Die roten Rücklichter
verschwanden in der Dunkelheit. Ein unwilliges Knurren kam aus dem Maul des
Monsters. Es wußte, daß es gemeinsam mit Yondo in einem solchen Gefährt
gefahren war. Und dann waren sie in den Bergen angekommen.
Tonko mußte ein Auto finden, das ebenfalls in die
Richtung fuhr wie damals. Leise schlich er von einem Lastwagen zum anderen und
achtete immer wieder auf die nahen Gebäude, in denen die Fernfahrer sich
bereithielten. Tonko kam an einem mit zahlreichen Kisten beladenen Wagen
vorbei, der ihm bekannt schien. Es waren die roten Rostflecken auf der Plane,
mit der die hintere Öffnung verschlossen war. Mit diesem Wagen waren sie
gefahren! Zufrieden knurrend stieg Tonko in den Laderaum und suchte sich ein
Versteck zwischen den mehr als mannshohen Kisten. Auf einer war mit weißem
Schriftzeichen der Name einer Ortschaft vermerkt. Tonko wußte genau, daß er
diese Schriftzeichen schon mal gesehen, daß Yondo seinerzeit versucht hatte,
ihm die einzelnen Symbole zu erklären. Es war der Name der Ortschaft, wo sie
heimlich ausgestiegen waren und sich dann in die Berge abgesetzt hatten, wo die
Sippe lebte, wo sie auf ihn, den männlichen Führer, wartete. Tonko hockte sich
zwischen die Kisten, und dann kam vorerst das große Warten. Er hoffte, daß
dieses Auto die gleiche Strecke fuhr wie seinerzeit. Wenn nicht, dann mußte er
den Fahrer dazu zwingen, in die Gebirgsgegend Yama-Guchi zu fahren. Und er
wußte, daß er dazu imstande sein würde.
Seine Kraft und seine Gefährlichkeit machten ihn zu
einem nicht zu unterschätzenden Gegner.
Es dauerte noch zwei volle Stunden, ehe sich Geräusche
dem Lastwagen näherten. Tonko war hellwach.
„... dann geht es also wieder mal los“, sagte eine
Stimme. Die Tür zum Führerhaus des Lastwagens wurde aufgerissen und schlug
gleich darauf zu. Die zweite wurde ins Schloß gezogen.
„Die letzte Fahrt in dieser Woche“, meinte eine andere
Stimme. Dann wurde ein Streichholz angerissen.
Der erste Sprecher warf den Motor an und nannte einen
Namen, den Tonko schon mal gehört hatte. Es war die Ortschaft, wo er und Yondo
den Wagenverlassen hatten. Ein Zufall und sein konsequentes Überlegen brachten
ihn nun vorwärts. „Für diese Woche ja“, fuhr der erste Sprecher fort, und der
Affenmensch im Laderaum des Lasters bekam jedes Wort mit. „Aber ich glaube
kaum, daß die Sendungen zum Bau der Überlandleitung ausreichen werden. Wir
müssen mindestens noch zwei- oder gar dreimal fahren. Dann haben wir es endlich
hinter uns. Ich bin froh, auch mal wieder eine andere Strecke zu sehen. Die Felsen von Yama-Guchi hängen mir
langsam zum Hals heraus.“ Der andere lachte. „Aber du vergißt deine kleine
Freundin in der Raststätte des Bergdörfchens“, meinte der zweite Sprecher.
„Schon wegen ihr rentiert sich die Fahrt, und du müßtest doch froh sein, wenn
die Versorgungsfahrten in die Gegend von Yama-Guchi noch so lange wie möglich
anhielten.“
„Ach was“, entgegnete der erste Sprecher
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