032 - Töchter der Nacht
ich einen Brief von einem Freund Mr. Camerons, der Staatsanwalt in Amerika ist. Er hat mir sehr interessante Einzelheiten mitgeteilt. Der größte Feind der vier ist eine Frau - eine Detektivin, die für das amerikanische Justizministerium arbeitet. Seit einigen Jahren schon hat sie den Auftrag, die vier zu Fall zu bringen. Den Namen der Dame weiß ich noch nicht, denn all diese Dinge sind mir ja nur privat mitgeteilt worden.«
»Ich bin erstaunt, daß es ausgerechnet eine Detektivin ist«, sagte Jim. »Glauben Sie, daß es gelingt, die Bande zu fassen?«
Sanderson zuckte die Achseln.
»Das ist eine sehr schwierige Frage. Sicher ist jedenfalls, daß die Dame, die hinter den Gangstern her ist, viel mehr Chancen hat als ich. Ihr stehen unbegrenzte Hilfsmittel zur Verfügung, und sie hat die Regierung der Vereinigten Staaten hinter sich. Sie kann in allen möglichen Rollen auftreten und ihre ganze Zeit für die Lösung dieser Aufgabe einsetzen.«
Jim vermutete, daß Sanderson im Augenblick eine viel größere Abneigung gegen diese Detektivin mit ihren unbegrenzten Hilfsmitteln hegte als gegen die Verbrecher selbst, die sie entlarven sollte.
»Übrigens möchte ich noch kurz erwähnen - Mr. Winter wollte vor der Abreise noch schnell einen Blick auf die Juwelen von Mrs. Markham werfen - offenbar, um sich zu überzeugen, ob sie noch da sind!«
Der Assistent erzählte kurz, was sich abgespielt hatte. Doch die Unterhaltung, die er anschließend noch mit dem Butler geführt hatte, erwähnte er mit keinem Wort.
»Diese verdammten Juwelen!« klagte Jim. »Wenn sie sie doch bloß irgendwo in London untergebracht hätte! Sobald Mrs. Markham fort ist, schicke ich das Halsband in die Stadt. Schreiben Sie doch bitte gleich an unser Stammhaus, daß der Schmuck nächsten Dienstag dort eintreffen wird. Sie können das Päckchen ja persönlich hinbringen. Eine Reise nach London wird Ihnen schließlich auch nicht unangenehm sein, da können Sie sich einmal in der Hauptstadt umsehen.«
Sanderson nickte dankbar.
»Ja, ich hatte sowieso die Absicht, nach Scotland Yard zu gehen und Inspektor M'Ginty zu besuchen. Ich habe schon öfter mit ihm korrespondiert, und er scheint ein sehr intelligenter Mann zu sein.«
»Ja, das mag schon richtig sein«, meinte Jim Bartholomew. »Detektive brauchen nun einmal Verstand, wenn sie ihren Beruf mit Erfolg ausüben wollen.«
7
Jim hatte die Wahl, nach Hause zu gehen und dort allein essen zu müssen oder aber im Büro zu bleiben und sich irgendwie die Zeit zu vertreiben. Er hatte keine große Lust, einsam zu Hause sein Mittagessen zu nehmen, und während er noch überlegte, sah er das große, elegante Auto der Camerons auf der Straße anhalten und Frank aussteigen.
Jim ging hinaus, um ihn zu begrüßen.
»Ich möchte mit Ihnen sprechen, Jim ...«
Es war das erstemal, daß Cameron ihn beim Vornamen nannte, und Jim glaubte es als ein gutes Zeichen nehmen zu dürfen.
»Was ist bloß passiert? Ich weiß wirklich nicht, was mit Cecile los ist«, sagte Frank, als sie die Straße hinunterschlenderten, die um die Mittagszeit vollkommen verlassen war. »Heute morgen war sie in bester Stimmung, ja, sie machte sogar einen Scherz über diesen merkwürdigen Ring, den sie doch sonst so hoch in Ehren hält. Wie nannten Sie ihn doch gleich?«
»›Die Töchter der Nacht‹ - es klingt ja ziemlich romantisch, aber der Name ist durchaus gebräuchlich für die drei Furien.«
»Sie fuhr fröhlich und vergnügt von zu Hause fort, aber als sie von der Bank zurückkam, war sie ganz erledigt. Was ist denn eigentlich geschehen?«
»Das mag der Himmel wissen. Ich saß mit im Wagen, und plötzlich bemerkte ich, daß sie bleich wurde. Ich glaubte schon, sie würde ohnmächtig werden.«
»Können Sie mir irgendeinen Grund dafür angeben -vielleicht eine Vermutung?« »Nein.«
Jim hielt es für klüger, die Tatsache zu verschweigen, daß allem Anschein nach Sandersons Anblick Cecile Cameron in solche Bestürzung versetzt hatte.
»Nun, auf jeden Fall hat sie sich entschlossen, morgen nicht nach New York abzureisen.«
Jim freute sich, als er das hörte.
»Unter diesen Umständen kann ich natürlich auch nicht wegfahren«, sagte Frank. »Aber Margot wird trotzdem reisen müssen - drüben sind dringende Erbschaftsangelegenheiten zu bereinigen und Dokumente zu unterzeichnen. Ich komme dann später mit meiner Frau nach.«
»Soll Margot tatsächlich allein fahren?«
»Ich fürchte, es geht nicht anders. Auf jeden Fall
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