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032 - Töchter der Nacht

032 - Töchter der Nacht

Titel: 032 - Töchter der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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unberührt.
    Margot runzelte die Stirn.
    Vielleicht war Mrs. Dupreid an Deck. Margot ging also die Treppe weiter hinauf und trat hinaus in die kühle Morgenluft.
    Das Deck war vollkommen leer - einzig der Steuermann ging weiter vorn langsam auf und ab. Mit abwesendem Blick sah er zu Margot hin. Die absonderlichen Gewohnheiten der Passagiere mochten ihn nicht mehr überraschen. Aber gleich darauf trat er auf sie zu und fragte, ob sie eine Tasse Kaffee haben möchte.
    »Ich glaube zwar nicht, daß so früh schon ein Steward auf dem Posten ist, aber ich kann Ihnen etwas besorgen, wenn Sie es wünschen.«
    Sie nahm sein Angebot dankbar an.
    Er schob ihr einen Sessel hin und legte eine Decke darüber. Margot empfand diese Fürsorge als angenehme Ablenkung. Das Schiff rollte ein wenig, und sie mußte an Mr. Winter denken, der sicher wieder seekrank wurde. Das Meer war eintönig grau, nur die weißen Schaumkronen der Wellen belebten das düstere Bild. Auch der Himmel hatte sich mit grauen Wolken überzogen. Es sah aus, als ob es bald regnen würde.
    »Vor Mittag wird es sich noch aufklären«, meinte der Steuermann, der wußte, daß man den Passagieren bei schlechtem Wetter Mut machen mußte. »Da kommen die Heizer vorbei - die gehen an die Arbeit. Gleich ist Schichtwechsel.« Eine Reihe von Männern kam das Deck entlang. »Sie kürzen sich den Weg ab, wenn morgens niemand an Deck ist.«
    »Wo arbeiten denn die Heizer?«
    »Unten im heißen Maschinenraum. Sie müssen für die Feuerung sorgen. Da unten herrscht eine verdammt hohe Temperatur - in der Hölle kann es nicht viel heißer sein. Neulich ist einer umgekippt. Es dauerte drei Stunden, bis er wieder zum Bewußtsein kam.«
    »Schrecklich, wenn man bedenkt, daß wir hier in solchem Luxus leben, ohne uns überhaupt zu überlegen, was diese Leute unsertwegen durchzumachen haben.«
    Inzwischen war der erste Heizer bei Margot angekommen. Die Männer sahen sie neugierig an, und auch sie musterte einen nach dem andern. Wenige Sekunden später hätte sie beinahe ihre Tasse fallen lassen - sie brauchte ihre ganze Selbstbeherrschung, um es zu verhindern! Der siebte Mann, der barfuß und ohne Kopfbedeckung mit starrem Blick vorbeiging, war - Jim Bartholomew. Wie die anderen trug er einen dunkelblauen Sweater, und seine Hosen, die kaum bis zu den Knien reichten, waren unten ausgefranst.
    Mit schnellen Schritten entfernten sich die Heizer. Margot sah ihnen sprachlos nach. Der Steuermann schien ihre Aufregung nicht bemerkt zu haben.
    »Ja, es ist schon so -«, nahm er jetzt die Unterhaltung wieder auf, »die einen arbeiten unten im Maschinenraum, die andern schlafen oben in den Luxuskabinen. Unter den Heizern findet man allerdings zuweilen ebenso feine Herren wie in der ersten Klasse.«
    Margot legte ihre Hand leicht auf den Arm des Steuermanns. »Wollen Sie so liebenswürdig sein, mir noch eine Tasse Kaffee zu besorgen?« bat sie ihn. »Ich habe diesen hier verschüttet.« Der Steuermann verschwand nochmals die Treppe hinab. Das also war die Erklärung - Jim Bartholomew fuhr als Heizer. Plötzlich durchschaute sie alles. Der Chefingenieur und der Kapitän des Schiffes waren seine Freunde. Sie hatten dafür gesorgt, daß die Nachrichten vom Mord in der Bank unterdrückt wurden, und alles Risiko auf sich genommen. Jim hatte ihnen früher ja auch das Leben gerettet. Und auf diese Weise war er In die Hölle des Maschinenraums geraten. Sie schauderte, als sie daran dachte, daß ein Heizer bewußtlos umgefallen war. Und gerade jetzt, in diesem Augenblick, war Jim unten und mußte die furchtbaren Hitzequalen ertragen. Aber wenigstens war es am frühen Morgen noch etwas kühler als am Nachmittag.
    Auf einmal erinnerte sie sich auch an den geheimnisvollen Nosey. ›Als ich ihn das letztemal sah, war er nackt bis zum Gürtel‹, hatte Jim gesagt. Er schien also auch Heizer zu sein.
    Margot stellte eine kurze Berechnung an. Wenn Jim um fünf Uhr morgens im Maschinenraum antrat, mußte er um neun wieder abgelöst werden, und dann hatte er erst am Nachmittag wieder Dienst. Aber der Nachmittag war gerade die heißeste Zeit. Der Zahlmeister hatte gesagt, daß es jetzt im Innern des Schiffes besonders heiß sei, da sie den Golfstrom durchquerten.
    Hätte er es ihr doch nicht gesagt! Aber dann bereute sie diesen Wunsch gleich wieder. Wahrscheinlich war Jim aus diesem Grund in der vergangenen Nacht nicht zu ihr nach oben gekommen. Mit dieser Vermutung hatte sie ziemlich recht. Seine Schicht war im

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