032
Herrenhauses vorzudringen und zu versuchen, die Tore zu öffnen. Alle Einzelheiten dieses Plans hingen jedoch davon ab, dass er Lord William in Lechlade antraf.
„Ich nehme an, ich muss die Leute in Creklade warnen", äußerte er widerstrebend.
„Vielleicht glauben sie uns nicht." Mit dieser Bemerkung hatte Carys Telors Zweifel zum Ausdruck gebracht. „Wäre es nicht besser, die Barrikade und den Toten einfach hier auf der Straße zu lassen? Derjenige, der hier vorbeikommt, wer immer das ist, wird dann melden, dass hier nicht alles in Ordnung ist, und die Bewohner der Stadt werden bald ihrerseits die Wahrheit herausbekommen."
„Kluges Mädchen", lobte Telor. „Genau das werden wir tun."
Er verschränkte die Finger, um Carys in den Sattel zu heben, doch sie rief aus: „Mein Seil!" Dann rannte sie fort, um es loszubinden. Derweil sie das tat, untersuchte Telor das Pferd, das gestürzt war, um zu sehen, ob es sich verletzt hatte. Wenngleich es an der rechten Vorderhand einen langen Riss hatte, schien es ansonsten gesund zu sein, und nachdem er und Caiys in den Sätteln saßen, bewegte es sich mühelos.
15. KAPITEL
Sobald Telor und Caiys die Felsnase passiert hatten, sahen sie Deri sich nähern, der mit einer Hand zwei Pferde führte und Telors Bauernspieß über der Schulter hielt. Er stieß einen Erleichterungsschrei aus, und als man bei ihm und abgesessen war, fragte er eifrig: „Hast du den Mann gefasst, Telor? Wie? Ich dachte, Orin würde uns jeden Moment auf den Fersen sein."
„Carys hat den Mann gefasst", antwortete Telor. „Sie hat ihr Seil über die Straße gespannt. Das Pferd ist dagegen-gerannt, und der Mann wurde aus dem Sattel geschleudert und hat sich das Genick gebrochen."
„Ich habe mir gedacht, dass du einen anderen Grund dafür hattest, das Seil mitzunehmen, als nur den, dich nicht davon trennen zu wollen", sagte der Zwerg zufrieden und erinnerte sich seines Misstrauens. Dann grinste er Carys an. „Ich denke nicht, dass Mädchen perfekt sind, nur weil sie hübsche und begehrenswerte Geschöpfe sind. Ich ..." Abrupt hielt er inne und fuhr dann ebenso brüsk fort: „Also, wohin ziehen wir, und was machen wir?"
Sowohl Carys als auch Telor schauten ihn an, antworteten jedoch nicht sofort. Telor war durch das, was Deri über die hübschen Mädchen gesagt hatte, und den dann erfolgten jähen Themenwechsel abgelenkt. In Verbindung mit der Veränderung, die ihm an Deri aufgefallen war, seit Carys sich zu ihnen gesellt hatte, gelangte er dadurch zu der plötzlichen Erkenntnis, dass der Zwerg endlich seinen Kummer überwunden hatte und für eine Frau, um die er sich kümmern konnte, empfänglich war, sie sogar brauchte. Carys? Das Herz krampfte sich Telor zusammen. Nein, nicht sie. Deri hatte abgestritten, Verlangen nach ihr zu haben, und noch wichtiger war, dass er sie wie eine geliebte, wenngleich Manchmal Ärgernis erregende Schwester behandelte.
Während Telor diesen Gedanken nachhing, war er sich im Unterbewusstsein darüber im Klaren, dass die von Deri gestellte Frage, was man als Nächstes tun solle, noch nicht laut beantwortet worden war. Er äußerte: „Wir reiten nach Lechlade", doch der Name der Stadt rief ihm etwas in Erinnerung. Einige Jahre zuvor, ehe er Deri dem Tode nahe auf der Straße vorgefunden hatte, war sein Meister Eurion vom Besitzer eines Speisehauses, in dem man ständig gegessen hatte, weil das Essen dort gut war, gefragt worden, was er mit seiner kleinwüchsigen Tochter tun solle. Er entsann sich, dass der Mann gesagt hatte, er und seine Frau hätten immer gehofft, das Mädchen würde noch wachsen, doch das war nicht der Fall gewesen, und nun, da bei ihr die Regel eingesetzt hatte, habe man alle Hoffnung aufgegeben. Was der Mann hatte wissen wollen, war, ob er das Kind zu einer Truppe fahrender Spielleute geben solle, die ihm Geld für seine Tochter geboten hatten. Er hatte das Kind gern und wollte nicht, dass es irgendwie zu Schaden kam.
Er hatte jedoch auch gesagt, er könne nie einen Mann für ein zwergenhaftes Mädchen finden und wisse nicht, was er sonst mit seiner Tochter anfangen solle.
Eurion hatte dem Mann abgeraten, das Mädchen zu Spielleuten zu geben. Er sagte, es sei ein besseres Geschick, ertränkt zu werden, als mit Gauklern durch die Lande zu ziehen, da ein grausames Schicksal dort ihresgleichen erwarte.
In den vierzehn oder fünfzehn Monaten, die Telor mit Deri zusammen war, hatte er nicht mehr an die Tochter des Wirtes gedacht, die natürlich
Weitere Kostenlose Bücher