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032

Titel: 032 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Seiltänzerin
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zugegebenermaßen' ganz anderer Natur war. Er überlegte noch, wie er das Pferd loswerden könne, als Carys sich seinem Griff entwand. Es entzückte sie zu wissen, dass Telor mit ihr zufrieden war, aber sie war von Minute zu Minute nervöser geworden und konnte nur daran denken, dass möglicherweise eine Reisegesellschaft über die Straße kam und die darauf liegenden Opfer fand.
    Sie zeigte nach vorn. „Ich glaube, das ist die Lücke, durch die Deri gegangen ist. Ich werde zu ihm gehen und ihm mit den Pferden helfen."
    Telor lachte und nickte. „Ja, geh ihn holen", rief er wehmütig aus. „Ich brauche ganz bestimmt einen Aufpasser, denn ich scheine nicht mehr bei Verstand zu sein, wenn ich mit dir allein bin."
    Auf Grund der leicht belustigt klingenden Selbstbezichtigung schmiegte Carys sich wieder in Telors Arme. Ihr Drang, von der Szene des Überfalls fortzukommen, blieb jedoch stärker als der sich immer dann, wenn sie nah bei Telor war, regende Wunsch, ihn zu berühren und zu streicheln. Sie rannte zu der Lücke im Gebüsch, fand Deri ohne Schwierigkeiten und bewegte sich so leise, dass er sie nicht hörte. Seine Miene veranlasste sie, laut seinen Namen zu rufen und jäh stehen zu bleiben. Er zuckte zusammen und wandte sich ihr zu. Sein Gesicht drückte nur die ganz natürliche Beunruhigung eines überrumpelten Menschen aus. Mit einem Seufzer der Erleichterung stieß Carys die Luft aus, die sie angehalten hatte. Es musste am Sonnenlicht und dem Schatten auf Deris Gesicht gelegen haben, dass sie den Eindruck gehabt hatte, es wirke wie eine Schmerz und grenzenlose Verzweiflung ausdrückende Maske.
    „Was stimmt nicht?" fragte Deri und zerrte die Pferde voran. „Wo ist Telor?"
    „Es ist alles in Ordnung", versicherte sie ihm. „Lass uns zu Telor gehen und dann von hier verschwinden." Deri schaute Carys noch immer fragend an, so dass sie mit den Schultern zuckte. „Ich bin in höchstem Maße beunruhigt", fuhr sie fort. „Alles ist viel zu glatt verlaufen. Ich habe den Eindruck, dass Unheil sich über uns zusammenbraut."
    Sie war jedoch eine schlechte Prophetin. Nicht nur, dass kein Unheil eintrat, auch das Glück hielt an. Als sie und Deri bei Telor eintrafen, brach man auf und entzog sich der Sicht von der Straße her. Man war kaum in Sicherheit, als man Hufschlag und sowohl Schreie der Überraschung als auch der Angst hörte. Die Leiche und die Barrikade waren entdeckt worden. Man wartete gespannt und horchte, und umarmte sich dann gegenseitig vor Erleichterung und Freude, als der Hufschlag nicht die Richtung zurück nach Marston nahm, sondern sich in sehr viel schnellerem Tempo als vorher nach Creklade entfernte.
    Hastig, aber leise führte man die Pferde zu dem Baum, wo man die dürftig gewordenen eigenen Habseligkeiten zurückgelassen hatte. Ohne sich damit aufzuhalten, die wenigen Kleidungsstücke und Instrumente in die Decke zu hüllen, ritt man wieder nach Osten und hielt sich in beträchtlicher Entfernung von der Straße. Man machte auch einen großen Bogen um das Dorf Marston, das sich an der Hauptstraße bis zu der Stelle entlangzog, wo sie sich mit einem kurzen zum Herrenhaus führenden Weg kreuzte.
    Man eilte auf dem gut erkennbaren, vom Dorf her gen Süden zum Fluss führenden Pfad weiter. Frisches Gras

    spross auf dem Weg, weil er nicht benutzt wurde. Dann hielt man sich ungefähr eine halbe Meile weit in östlicher Richtung. Mittlerweile schien es sicher zu sein anzuhalten, damit die Männer die zerrissenen und blutigen Sachen ausziehen konnten. Derweil sie das taten, nahm Carys dem am mitgenommen aussehendsten Pferd den Sattel ab und versuchte, die geraubten Schwerter, die Harfe, die Laute und den anderen Kleinkram in Bündel zu schnüren, die keinen Verdacht erregen würden. Wenngleich weder Te-lor noch Deri gut mit einem Schwert umgehen konnten, hatten sie beschlossen, als eine Art Verkleidung die Sachen der Soldaten anzuziehen und die Helme ihrer Opfer aufzusetzen.
    Deri brauchte am längsten, sich einige der erbeuteten Kleidungsstücke anzuziehen, weil seine überentwickelten Schultern drohten, die Nähte der Waffentunika zu sprengen, und er musste Carys' Dolch benutzen, um unter den Armen des Kettenhemdes die Säume aufzutrennen, damit er sich hineinzwängen konnte. Leider waren seine Beine zu kurz, so dass das hüftlange Kettenhemd ihm zu lang war. Er brachte es jedoch fertig, mit Hilfe seines Gürtels die Kleidungsstücke so zu raffen, dass es auf den ersten Blick nicht auffiel,

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