0320 - Der Fluch von Babylon
zurechtfinden. Es war wirklich ungewohnt für ihn, denn als er die Augen öffnete, blendete ihn ein zuckender Lichtschein.
Vor ihm brannte ein Feuer!
Mehr hatte Suko bisher nicht feststellen können. Zudem fiel es ihm schwer, klare Gedanken zu fassen, in seinem Kopf schien eine Sperre zu bestehen, die ihn daran hinderte, klar und nüchtern zu überlegen.
Als er sich zurückbeugte, spürte er im Rücken einen harten Widerstand.
Der Widerstand konzentrierte sich genau auf die Rückenmitte. Da Suko stand, war ihm klar, wo man ihn festgebunden hatte.
Entweder an einem Pfahl oder an eine schlanke Säule!
Auch einige Indianerstämme hatten ihre Gefangenen an Pfähle gebunden. Sie nannten sie Marterpfähle. Wer einmal daran gefesselt worden war, hatte so gut wie keine Chance, dem Tod zu entrinnen.
Suko erging es nicht anders, und er versuchte, wenigstens die Fesseln zu lockern.
Welches Material seine Peiniger genommen hatten, war ihm unbekannt. Jedenfalls schnitten die dünnen Seile tief in die Haut. Er dachte an Hanf. Vielleicht waren die Stricke auch zuvor angefeuchtet worden. Wenn sie trockneten, zogen sie sich zusammen und schmerzten wie die Schneiden kleiner Messer auf der Haut.
Suko drehte den Kopf nach links. Einen weiteren Marterpfahl sah er dort nicht, aber rechts von ihm warf ein zweiter Pfahl seinen langen Schatten auf den Boden.
Daneben ebenfalls, ein vierter kam hinzu, und Suko wußte jetzt, was geschehen war. Alle sieben Opfer hatten das gleiche Schicksal erlitten und waren an die Pfähle festgebunden worden.
Der Inspektor dachte sofort an Claudia. Er schielte zur Seite und rief ihren Namen.
Sie antworte nicht. Das tat der Mann, der rechts neben Suko angebunden war.
»Sie ist da, keine Sorge!« Der Erste Offizier mit Namen Winter hatte gesprochen.
»Und wo?«
»Am anderen Ende. Ihr beide solltet wohl nicht zusammen sein.«
Winter lachte auf. »Wenn ich das irgendeinem erzähle, der hält mich für einen Spinner. Sagen Sie ehrlich, Inspektor, träumen wir?«
»Leider nicht.«
»Und wir haben auch keine Chance, diesen Hundesöhnen zu entwischen – oder?«
»Wie es aussieht, nicht.«
»Toll.« Winter sprach das Wort voller Sarkasmus aus. »Ich bin wirklich gespannt, wie es weitergehen soll.«
»Können Sie die Wahrheit vertragen?« fragte Suko.
»Immer.«
»Man wird uns opfern.«
»So etwas Ähnliches hatte ich mir gedacht. Aber wem sollen wir geopfert werden?«
»Dem Götzen Baal.«
»Für mich war das immer Geschichte.«
»Die Sie jetzt hautnah miterleben. Schauen Sie sich um, wir befinden uns inmitten einer Kulturstätte, die dem Gott Baal geweiht worden ist. Sehen Sie den Altar dort?«
»Sie meinen die Platte.«
»So kann man es auch sagen.«
Es war tatsächlich ein Altar, der vor ihnen stand. Er hatte seinen Platz vor dem Feuer gefunden. Eine große, unheimliche Opferstätte, auf der alle sieben Gefangenen Platz hatten, auch wenn man sie nebeneinanderlegte.
Die Flammen schlugen aus hinter dem Altar stehenden Tonkrügen und zauberten ein Spiel aus Licht und Schatten auf den großen Innenhof des Lagers.
Daß es sich hier um ein Lager handelte, war Suko klar geworden.
Der Hof wurde von vier barackenähnlichen Bauten eingerahmt. Sie waren nicht sehr hoch, dafür langgestreckt. Wahrscheinlich bestanden sie aus Lehm oder Ton. Die dunklen Löcher in den Wänden schienen die Fenster zu sein, und manchmal wehten aus diesen Öffnungen klagende laute und Stimmen, die den Menschen einen Schauer über den Rücken jagten.
»Was kann das sein?« flüsterte Winter.
»Da werden Menschen gequält.«
»Was sind das für Leute?«
»Kennen Sie das Volk nicht, das in babylonische Gefangenschaft geriet?« fragte Suko zurück.
»Sie meinen die Israeliten?«
»Ja, genau.«
Trotz der schlechten Lage mußte Winter lachen. »Aber das ist doch nicht möglich. Wir sind Menschen aus der Gegenwart, das andere ist Geschichte, vielleicht sogar Legende…«
»Winter«, sagte Suko. »Begehen Sie keinen Denkfehler! Wir sind tatsächlich im alten Babylon gelandet, tief in der Vergangenheit. Finden Sie sich damit ab.«
»Er vielleicht, ich nicht.« Neben Winter hatte sich Seymour Glenn gemeldet.
»Das ist doch alles ein mieses Spiel, vielleicht ein Traum, mehr aber nicht. Sie wollen uns hier in Angst machen, Inspektor. Wahrscheinlich haben Sie uns die Falle gestellt und wir sind Akteure in einem historischen Filmschinken…«
»Sie können sich ja beim Regisseur beschweren«, erklärte Suko und begann
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