0320 - Heißes Pflaster Chicago
Hoffnung war, dass Phil ihn erwischt und gestellt hatte, aber diese Hoffnung erwies sich als trügerisch.
Zuerst kam ein vom Wirt der Kneipe alarmierter Streifenwagen der Stadtpolizei an und danach die Mordkommission. Ich kannte den betreffenden Lieutenant nicht und war darum zurückhaltend in meinen Aussagen. Ich stellte ihm in Aussicht, er werde einen schriftlichen Bericht bekommen. Inzwischen sollte er versuchen, die Identität der Toten festzustellen und uns das Resultat telefonisch durchzugeben.
Ich nannte ihm auch den Täter, nachdem ja schon gefahndet wurde. Als ich dann um elf Uhr dreißig wieder in der Quincy Street anlangte, war Phil gerade gekommen.
Er hatte kein Glück gehabt. Der Vorsprung war bereits zu groß gewesen, und als er die West Ogden Avenue erreichte, war der Verfolgte im Strom des Verkehrs untergetaucht.
Majorie Gordon hatte einen solchen Schock erlitten, dass wir sie in die Nervenabteilung des Cook County Hospitals schicken mussten, wo sie, selbstverständlich unter Bewachung, mindestens eine Woche würde bleiben müssen.
***
Es war zwölf Uhr dreißig, als der Anruf kam.
»Hallo, Mister Cotton, sind Sie das?«, fragte eine Stimme, die ich schon einmal gehört hatte, im Augenblick aber nicht erkannte.
»Ja, mit wem spreche ich?«
»Mit Fred Bedack. Sie wissen doch, der Friseur.«
»Ja, und was haben Sie mir zu sagen?«
»Ich möchte Ihnen ein Geschäft vorschlagen.«
»Welcher Art?«
»Wenn ich Ihnen sage, wo Sie Nick Gordon erwischen können, und wenn ich in der Verhandlung gegen ihn den Kronzeugen mache, werden Sie mich dann laufen lassen?«
»Das kann ich nicht ohne Weiteres versprechen. Ich weiß ja nicht, wieweit Sie in der Sache drinstecken.«
Dabei gab ich Phil einen Wink, damit er sofort feststellen ließ, woher der Anruf kam.
»Ich versichere, dass ich an den Raubzügen der Torture Gang unbeteiligt war. Das einzige was ich getan habe war, dass ich Gordon Informationen gegeben habe, die ich gelegentlich von Kundinnen erhielt, ebenso wie die Wachsabdrücke der Hausschlüssel, die der Portier genommen hatte.«
»Das allein, mein Lieber, genügt, um Sie als Komplize auf mindestens fünf Jahre nach Joliet zu schicken. Es können sogar zehn werden.«
»Dann ist nichts zu machen. Dann haue ich eben ab. Sie müssen sich Nick Gordon alleine suchen, und ich wette mit Ihnen, dass Sie ihn niemals finden werden.«
»Man muss nicht gleich das Kind mit dem Bade ausschütten, Bedack«, beschwichtigte ich. »Wenn Sie wirklich restlos auspacken und wenn wir Nick Gordon mit Ihrer Hilfe erwischen, so werde ich mit dem Staatsanwalt und auch mit dem Richter sprechen. Sie werden nicht ganz ungeschoren, aber immerhin billig wegkommen.«
»Ist das Ihr Wort?«
»Ja. Aber warum kommen Sie nicht sofort hierher, damit wir alles besprechen können?«
»Ich werde mich hüten. Ich gebe Ihnen jetzt den Tipp, und wenn ich morgen früh in der Zeitung lese, dass die Sache geklappt hat, so melde ich mich wieder.«
»Okay. Schießen Sie los.«
Im Augenblick kam es mir darauf an, Gordon zu erwischen. Bedack war im Vergleich zu ihm nur ein kleiner Fisch.
»Dann passen Sie gut auf, Mister Cotton. Sie kennen doch die Lituanca Avenue, da wo sie parallel zur Halsted an der Grenze von Chinatown entlangläuft. In dem Block zwischen der 32. und 31. Straße liegt die Tokio Bar. Genau gegenüber ist ein großes Mietshaus. Ich kenne die Nummer nicht, aber es ist nicht zu verfehlen. Es ist alt, aus Backsteinen erbaut, hat in der Mitte einen Torbogen mit der Firmenaufschrift Mike C. Bilton. In diesem Haus und zwar im zweiten Stock hat sich Gordon eingemietet. Die Frau, bei der er wohnt, heißt Molls und ist uralt. Sie weiß nicht, wen sie da aufgenommen hat. Wenn Sie ihn erwischen wollen, dann beeilen Sie sich. Ich habe von zuverlässiger Quelle erfahren, dass er im Begriff ist, die Platte zu putzen.«
»All right, Bedack. Hoffentlich stimmt Ihre Information.«
»Sie werden es ja selbst sehen, aber ich rate Ihnen, seien Sie vorsichtig. Gordon ist rasend. Er hat gedroht, er werde jeden, sei es nun ein Cop oder ein G-man über den Haufen knallen und dafür sorgen, dass man ihn nicht lebend in die Finger bekommt.«
Als ich einhängte, hatte mein Freund festgestellt, dass der Anruf von einer öffentlichen Fernsprechzelle in White Sox Field gekommen war. Das war in der Nähe der Lituanca Avenue.
Ich gab Alarm. Dieses Mal wurden keine besonderen Maßnahmen zur Geheimhaltung getroffen. Wir rauschten mit sechs
Weitere Kostenlose Bücher