0320 - Heißes Pflaster Chicago
von uns hier auf die Zusammenhänge gekommen wäre.«
»Wir werden die Vans Tag und Nacht überwachen, ihre Kavaliere warnen und zu ermitteln versuchen, mit wem sie sich regelmäßig im Mon Bijou trifft«, schlug ich vor.
»Das lässt sich ohne weiteres durchführen.«
***
Am Abend packte uns die Ungeduld, und auf die Gefahr hin, erkannt zu werden, fuhren wir ins Mon Bijou. Es war schon spät und der Laden voll.
Wir verzogen uns vorsichtshalber in eine Box und holten und zwecks Tarnung zwei »Gesellschaftsdamen« an den Tisch. Majorie Vans ging mit ihrem Bauchladen durch die Tischreihen und um die Tanzfläche, belieferte die Gäste mit Zigaretten.
Sie trank hier einen Cocktail und da ein Glas Sekt. Kurz, sie schien eine Menge guter Freunde zu haben.
Jetzt erst wurde uns klar, wie schwer es sein würde, den Mann zu finden, den sie aus »gesellschaftlichen Gründen« traf.
Ein Pärchen in der schräg gegenüberliegenden Nische fiel mir auf.
Der Mann hatte Majorie herangewunken, für sich Zigaretten und für seine Dame Pralinen gekauft.
Diese Dame kannte ich. Ich hatte sie gestern gesehen. Es war die bildhübsche, schwarzhaarige Frau des Sergeanten Hollman vom Raubdezernat.
Heute trug sie ein noch eleganteres Abendkleid von brandroter Farbe, das mit ihrem weißen Teint und dem schwarzen Haar prachtvoll harmonierte.
Ihr Kavalier sah ebenfalls blendend aus.
Er trug ein Dinnerjackett, war elegant und blond und hatte eine sportliche Figur. Er sah so aus, als ob er sehr in die kleine Sergeantenfrau verliebt sei.
Beide flirteten sehr intensiv.
Plötzlich sah ich, wie sie ihr Sektglas so heftig absetzte, dass der Stiel abbrach und der teure Champagner sich über ihr Kleid ergoss. Ihr Begleiter griff nach dem Taschentuch, um zu retten, was noch zu retten war, aber sie achtete nicht darauf.
Sie war von ihrem Stuhl hochgefahren und starrte geradeaus. Unwillkürlich folgte ich ihrem Blick.
Da standen, keine zehn Meter entfernt von ihr, zwei Sergeanten des Raubdezernats, die auf der angeordneten Kontrolle auch ins Mon Bijou gekommen waren, und einer dieser beiden war Hollman.
Zweifellos war er genauso perplex wie seine Frau. Sie standen beide völlig reglos. Dann, bevor er noch eine Bewegung machen konnte, versuchte sie wie ein gehetztes Wild die Flucht zu ergreifen, aber da kam Hollman plötzlich in Bewegung.
Er packte sie am Arm.
»Nick!«, schrie sie verzweifelt.
Ihr Kavalier aber zeigte nicht die geringste Neigung, ihr zu Hilfe zu kommen.
Er erhob sich betont gleichgültig, wandte sich dem Ausgang zu und war im Nu durch die Tür verschwunden.
Hollman schien nicht recht zu wissen, was er tun sollte. Dann entschloss er sich, doch lieber bei seiner ungetreuen Ehefrau zu bleiben. Sein Kamerad stand da und grinste verlegen.
»Hast du gehört, wie sie den Kerl genannt hat?«, fragte Phil.
»Ja und?«
»Hast du sein Gesicht nicht gesehen? Weißt du, wer uns da soeben durch die Lappen gegangen ist?… Es war Nick Gordon.«
***
Dass wir ihn nicht erkannt hatten, war nicht ausschließlich unsere Schuld. Das Foto in der Verbrecherkartei war ein amtliches Foto. Darauf sehen Leute oft ganz anders aus wie in Wirklichkeit.
Nick Gordon war weg, und es hatte keinen Sinn, ihm nachzulaufen. Viel wichtiger war zu erfahren, warum er mit Carmen Hollman Champagner getrunken und geflirtet hat.
Schon begannen die Gäste aufmerksam zu werden. Man witterte ein Ehedrama. Männer grinsten schadenfroh, und ein Mädchen lachte laut.
Ich warf einen Geldschein auf den Tisch, der ungefähr dem Betrag unserer Zeche entsprach. Dann waren wir mit ein paar Schritten bei der Frau und dem wütenden Ehemann.
Gemeinsam eskortierten wir die beiden in die Garderobe.
Dabei stellte sich heraus, dass Carmens Kavalier ihre Garderobenmarke in der Tasche behalten hatte, aber nach einigem Hin und Her und nachdem ich dem Mädchen einen Dollar zugesteckt hatte, gelang es uns, Mrs. Hollmans Mantel zu bekommen. Dann verfrachteten wir das Ehepaar in unseren Pontiac.
Wir stoppten vor einer Bar, und ich überzeugte mich davon, dass sie nur mäßig besucht war. Ganz hinten fanden wir einen Tisch. Ich bestellte eine Lage Scotch.
»Und jetzt seien Sie bitte ganz friedlich, Hollman«, sagte ich. »Ihre Frau ist einem ausgekochten Gangster in die Hände gefallen, und Sie können zufrieden sein, dass Sie sie lebend wiederbekommen haben.«
Die schwarze Carmen starrte mich entgeistert an, während immer noch dicke Tränen über ihre Wangen
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