0322 - Das Fratzengesicht
bevor die Fluten in eine ausgewaschene Rinne schäumten und talabwärts verschwanden.
Mandras Rast war nur von kurzer Dauer. Dennoch kam er mit den Leuten ins Gespräch und erfuhr, daß er eine Pilgergruppe getroffen hatte, die zu den Klöstern wollte. Sie würden erst am anderen Tag ihr Ziel erreichen.
Mandra gab den Leuten von seinem Proviant ab, was dankend angenommen wurde. Er fuhr weiter.
Dabei hoffte er, vor Anbruch der Dunkelheit sein Ziel zu erreichen.
Diese Hoffnung währte so lange, bis er die Steinlawine entdeckte, die, von oben kommend, den Weg versperrt hatte. Da gab es kein Weiterkommen mehr, denn Mandra konnte auch nicht um das Hindernis herumfahren.
Um den Weg dennoch fortsetzen zu können, mußte er sich eine Lücke schaffen und Steine zur Seite räumen.
Das tat er auch.
Es war eine Heidenarbeit. Der Inder strengte sich an. Er ackerte, er arbeitete im Schweiße seines Angesichts und hatte das Glück, einen harten Holzknüppel zu finden, den er als Hebel einsetzen konnte, damit die Felsen zur Seite rollten.
Schließlich hatte es der Inder geschafft. Ziemlich außer Atem legte er noch eine kleine Zwischenpause ein, trank einen halben Liter Wasser und fuhr anschließend weiter.
Er und sein Jeep waren kaum zu erkennen. Die braungelbe Staubwolke hüllte beide ein. Mandra spürte in seiner Kehle ein Kratzen, er hustete sehr oft, trank Wasser, aber gegen den Staub kam er nicht an.
Die Serpentinen wurden enger. Gnadenlos brannte die Sonne vom Himmel. Sie stand fast senkrecht, war ein Glutball und dörrte die Landschaft noch mehr aus.
Wenn Mandra freie Sicht bekam, sah er den von der Trockenheit zerrissenen Boden und hin und wieder ein paar bleiche Knochen.
Mensch und Tier war diese sengende Sonne zum Verhängnis geworden.
Sie starben am Wegesrand, und niemand hatte sich um die einsamen Pilger gekümmert. Mandra fragte sich immer wieder, wie es die Mönche in ihren Klöstern nur aushalten konnten. Er wäre dort oben eingegangen, vielleicht sogar verdorrt.
Dann erreichte er die Stelle, wo es nicht mehr weiterging und er den Wagen abstellen mußte. Nur allmählich senkte sich die von den Rädern aufgewirbelte Staubwolke dem Boden zu, so daß die Sicht des Inders klar wurde.
Er schaute nach Westen.
Steil, unüberbrückbar und zum Greifen nahe lag dort die hohe Bergwand. Wer gute Augen hatte, und die besaß Mandra, konnte von seinem Standort aus die Öffnungen erkennen, die sich innerhalb der gelbbraun schimmernden Felswand befanden.
Dort lebten die Mönche.
Mandra Korab stand noch ein harter Anstieg bevor. Er wußte, daß es auf der anderen Seite noch einen bequemeren Weg zurück in die Täler gab, nur konnte er den wegen seiner Enge nicht mit dem Wagen fahren.
Also blieb ihm nur der anstrengendere.
So machte er sich an den Aufstieg. Den Kanister mit Wasser hatte er sich auf den Rücken geschnallt. Hin und wieder, wenn er sich zu heftig bewegte, schwappte die Flüssigkeit.
Was so nahe aussah, wurde zu einer Tortur. Dabei gab es Pilger, die den letzten Teil des Wegs auf Knien zurücklegten. Das hätte Mandra freiwillig kaum getan.
Ab und zu balancierte er an schwindelerregenden, tiefen Schluchten vorbei. Aus deren Tiefe drang manchmal ein kühler Hauch bis zu ihm hoch. Und das Kloster rückte näher. Von außen waren nur die Eingänge zu sehen. Mandra kannte jedoch das Innere und das Labyrinth von Gängen, die tief in eine kühle, unterirdische Felsregion hineinstießen.
Er war längst gesehen worden. Mehrere Mönche hatten sich vor den Höhlen versammelt und starrten zu ihm herab.
Es dauerte noch eine halbe Stunde, bis der Weg ebener wurde und Mandra sein Ziel erreicht hatte.
Keuchend kam er auf der aus der Ferne nicht einzusehenden Galerie vor den Höhleneingängen an, und als Gastgeschenk reichte man ihm eine Schale mit einer kühlen Flüssigkeit.
Es war kein Wasser, sondern der Saft einer bestimmten Frucht, die die Mönche aus dem Tal holten. Dieses Getränk belebte Mandra und schien das Blut zu verdünnen, denn er fühlte sich wieder wohler.
Mit einem Kopfnicken und wohlgeformten Worten bedankte er sich bei den Spendern und fragte nach Danai.
»Er wartet bereits auf dich«, wurde ihm gesagt.
»Ich danke euch.«
Mandra wußte, in welcher Höhle Danai lebte. Er brauchte nur ein paar Schritte, um sein Ziel zu erreichen, betrat das Halbdunkel der Höhle und spürte sofort die angenehme Kühle, die ihm entgegenwehte. Aus dem Dunkel hörte er die Stimme seines Freundes
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