0322 - Das Fratzengesicht
jedoch in normaler Gestalt unter den Menschen wandelte. Jetzt gehörte die Waffe uns, denn der Druide existierte nicht mehr. Myxin hatte seinem Leben ein Ende bereitet.
Auch wir wollten den Dolch nicht behalten, sondern dem Mann zurückgeben, dem er tatsächlich gehörte.
Das war unser Freund Mandra Korab!
So einfach, wie sich die Sache anhörte, war sie in Wirklichkeit nicht.
Wir wußten beide, daß es Luzifer gelungen war, den Dolch zu manipulieren. Er gehorchte seinen Befehlen. In dieser Waffe mußte unserer Meinung nach noch der Geist des Höllenherrschers stecken.
Und den wollten wir austreiben.
Der Dolch lag auf dem Tisch. Genau zwischen Suko und mir. Es war eine seltsame Waffe, denn sie besaß eine absolut schwarze Klinge.
Dafür schimmerte der Griff in einem blutigen Rot. Wie alt dieser Dolch und die sechs anderen waren, die zu ihm gehörten, wußte selbst Mandra Korab nicht, aber es waren Waffen, die normalerweise das Böse bekämpften.
»Soll ich auch einschenken?« fragte Shao.
Ich lächelte. »Danke, das erledige ich selbst.« Ich nahm die Flasche an mich und entkorkte sie.
Sekunden später ließ ich den Whisky in das Glas gluckern, während Shao für Suko und sich Orangensaft in zwei Gläser schenkte.
»So fängt es an!« stand der Inspektor seiner Freundin bei.
»Wie?«
Suko schaute mich an. »Jeden Abend einen Schluck, das ist schon die Vorstufe zum Alkoholiker.«
»Jeden Abend trinke ich nicht.«
Shao lachte. »Wer weiß das schon? Wir können dich nicht immer unter Kontrolle halten.«
»Ihr gönnt mir auch gar nichts.«
»Dann Cheerio«, sagte Suko und hob sein Glas.
Wir tranken uns zu. Der Whisky war gut. Ich hätte mich eigentlich entspannt fühlen können, wenn da nicht der Dolch gewesen wäre.
Er bereitete mir Sorgen.
Wir hatten vor, mit ihm einen Test zu starten. Gelang er, war alles klar, ging er daneben, mußten wir die Waffe wahrscheinlich abschreiben. Das würde Mandra Korab auf keinen Fall glücklich machen, aber ich sah keine andere Möglichkeit.
Ich hatte schon versucht, ihn anzurufen, war jedoch nicht durchgekommen. Das heißt, nach Indien ja, und auch in sein prächtiges Haus, wo er lebte, nur hatte niemand abgenommen. Dort schien alles verwaist zu sein.
Dann eben nach dem Test.
Ich stellte das Glas wieder auf den Tisch und schaute Suko an, der mir zunickte und fragte, ob ich bereit sei.
»Ja.«
Die Antwort war knapp. Um den Test durchzuführen, brauchte ich ein Hilfsmittel oder eine Waffe. Je nachdem, wie man es sah.
Beides fand ich in meinem Kreuz.
Ich hatte die Kette bereits über meinen Kopf gestreift. Das Kreuz lag neben mir auf dem Sitz. Mit spitzen Fingern nahm ich es an mich und legte es auf den Tisch.
Noch berührten sich die beiden Gegenstände nicht. Dennoch erfolgte eine Reaktion. Sie bewies uns, daß wir mit unseren Vermutungen nicht so falsch lagen.
Es war der Dolch, der sich von dem Kreuz entfernte. Die Waffe zuckte und drehte sich einmal um die eigene Achse. Shao stieß einen leisen Ruf der Überraschung aus, während ich das Kreuz sofort wieder wegnahm und dabei spürte, wie sich das Metall erwärmt hatte.
Sobald sich das Kreuz nicht mehr in der Nähe des Dolchs befand, blieb er still liegen.
Suko nickte.
Shao holte tief Luft.
Ich runzelte die Stirn und sprach die beiden folgenschweren Worte.
»Also doch.«
Suko gab keine Antwort. Wie seine Freundin Shao lehnte auch er sich zurück und dachte über das Phänomen nach. Wir wußten jetzt mehr, aber wir waren nicht sicher, was geschehen würde, wenn sich Dolch und Kreuz tatsächlich berührten.
Mein Kreuz besaß die Kraft einer geheimnisvollen mystischen Magie.
Es war ein phantastischer Gegenstand, über dessen Entstehung noch immer der Schleier des Geheimnisses lag, obwohl ich wußte, daß mein Kreuz von Hesekiel erschaffen worden war.
Erst kürzlich war ich selbst durch eine magische Reise in die Vergangenheit mit den alten Kräften konfrontiert worden und hatte das erlebt, was Geschichtsschreiber oder Erzähler alttestamentarisch niedergelegt hatten.
Über Babylon wußte ich ein wenig, über die Gefangenschaft des jüdischen Volkes, aber ich hatte den Erschaffer des Kreuzes, Hesekiel, nicht kennengelernt.
Das Kreuz war sehr stark. Und wahrscheinlich würde es mächtiger sein als der Dolch.
Im Klartext hieß das: Die Kraft meines Kreuzes würde es möglich machen, den Dolch zu zerstören. Wenn das geschah, mußte auch Mandra Korab davon in Kenntnis gesetzt werden. Nur wußte
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