0323 - Ich jagte das »Blaue Gesicht«
Kissen getaucht, und dabei biß ich mir auf die Zunge. Es schmerzte, und ich schmeckte Blut.
Der Wagen stand jetzt. Aber der Motor lief noch, und Fletcher machte keine Anstalten, auszusteigen. Ich hörte, wie er schaltete. Dann fuhr der Wagen langsam zurück, nur wenige Yard. Wieder schaltete Fletcher, und dann fuhr der Wagen wieder vorwärts und beschrieb eine enge Kurve. Sekunden später rollte er zwischen den Bäumen auf einem schmalen, mit Gras bewachsenen Waldweg entlang. Wir fuhren keine Minute. Dann stoppte der Wagen, und Fletcher schaltete den Motor aus.
Es war plötzlich gespenstisch still und stockdunkel. Der Mörder hatte die Scheinwerfer ausgeschaltet. Die Vordertür wurde geöffnet. Fletcher stieg aus.
In diesem Augenblick vernahm ich ein leises Gurgeln und Rauschen. Und jetzt wußte ich, wo wir uns befanden. Dicht am Ufer des Hudson, der — wie ich wußte — in dieser Gegend steile und hohe Ufer hatte.
Plötzlich schaukelte der Wagen etwas. Und dann bewegte er sich.
Blitzartig wurde mir klar, was Fletcher in diesem Augenblick tat, was er vorhatte.
Er wollte den Wagen im Hudson versenken. Und jetzt schob er den Wagen auf die Böschung zu, um ihn hinabzustürzen.
Für einige Sekunden war ich Wie gelähmt. Ich fühlte, wie mir kalter Schweiß ausbrach. In meinem Versteck war ich so hilflos wie in einer Zwangsjacke. Genügend Zeit, um hervorzukrabbeln, hatte ich nicht mehr.
In diesem Augenblick spürte ich, wie sich die Vorderräder senkten, wie die Hinterräder ein oder zwei Sekunden in der Luft schwebten.
Dann hoben sich die Hinterräder noch weiter vom Boden ab, beschrieben langsam einen Halbkreis nach oben. Für einen kurzen Moment kam ich in eine senkrechte Stellung. Dann überschlug sich der Wagen und stürzte in die Tiefe.
Als das Fahrzeug mit dem Verdeck auf die Wasseroberfläche prallte, knallte ich mit dem Gesicht, Brustkorb, Hüften und Knien so gegen die Blechschale, daß ich glaubte, mir sämtliche Knochen zu brechen. Der Schmerz schoß mir durch den Körper. Ich krallte meine Hände in den Rand der Blechschale, versuchte mich — jetzt auf dem Rücken liegend — vorzuschieben. Aber es gelang nur wenig. Gerade, daß ich das Gesicht zur Hälfte über den Rand der Hängevorrichtung hinausbekam. Für die Dauer von zwei bis drei Herzschlaglängen sah ich in den nachtblauen Himmel über mir, der mit funkelnden Sternen übersä't war. Dann schlugen die dunklen lehmigen Fluten des Hudson über mir zusammen.
Jetzt sank der Wagen schnell. Zum Glück drehte er sich dabei nicht, sondern taumelte nur etwas zur Seite.
Mit verzweifelter Anstrengung begann ich, mich aus meinem Versteck zu wühlen. Das war schon unter normalen Umständen kein leichtes Unterfangen. Und hier, in der stinkenden dunklen Brühe des Hudson, war es fast unmöglich.
Ich hatte jetzt den unteren Rand der Blechschale gepackt und stemmte mich mit aller Kraft nach oben. Aber ich saß wie einzementiert. Da ich auf dem Rücken lag, hemmten die beiden Kissen, mit denen ich meine Kleider auf der Rückseite ausgestopft hatte. Die Kissen hatten sich voll Wasser gesogen und hingen an mir wie Steine.
Allerlei Schwebestoffe — glitschiger und bemooster Art — wurden mir ins Gesicht getrieben. Etwas Qualliges stieß an meine Wange. Worum es sich handelte, wußte ich nicht, denn um mich war es dunkel.
In diesem Augenblick landete der Ford auf dem Grund des Hudson. Jedenfalls sank er nicht weiter.
Ich wand mich wie ein Aal. Ich preßte mich gegen die Stahlblechschale, um zwischen meinen Kissen und der Unterseite des Wagens einen Zwischenraum zu schaffen, so daß sich die Kissen bei meinem Befreiungsversuch nicht mehr als Hemmnis auswirkten.
Aber nach einigen Sekunden stellte ich fest, daß auch das die falsche Taktik war. Denn die Schaumgummipolsterung meiner Hängematte hatte sich ebenfalls mit Wasser vollgesogen und war jetzt so gleitfähig wie Schmirgelpapier.
Langsam wurde mir die Luft knapp. Wenn ich jetzt nicht bald herauskam, dann würden meine Kollegen lange nach dem G-man Jerry Cotton suchen müssen.
Ich versuchte es noch einmal — mit aller Kraft. Ich streckte die Arme aus, fühlte eine stählerne Verstrebung — wahrscheinlich die Hinterachse, hielt mich daran fest, packte fester zu, spannte alle Muskeln, zog, zog aus Leibeskräften. Glitt mit der Rechten ab, klammerte mich wieder fest, zog wieder, spürte, wie ich mich langsam, Zentimeter um Zentimeter, nach vorn schob und verdoppelte die Anstrengung.
Als ich bis
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