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0325 - Die Loge der Henker

0325 - Die Loge der Henker

Titel: 0325 - Die Loge der Henker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rolf Michael
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Krähen der Hähne den Anbruch des Tages…
    ***
    Escamillo Faria und seine Maultiere wurden schon im Laufe des Vormittags gefunden. Als Dagmar Holler erwachte, sich gewaschen und angekleidet hatte und in die Schankstube hinunter kam, wimmelte es wie in einem Bienenstock. Sie schnappte einige Sprachfetzen auf, die nicht viel Gutes verhießen.
    Als sie die Treppe zur Hälfte hinuntergegangen war, wurden die Männer von Estradas auf sie aufmerksam. Den Anblick der Verwunderung in den Gesichtern von männlichen Wesen kannte Dagmar Holler schon. Sie hatte einen Spiegel und wußte, wie sie in ihrer hautengen Ledermontur wirkte.
    Aber es war nicht die Erregung, die Dagmar Holler sonst kannte.
    Die Gesichter wurden finster. Sie war eine Fremde, die noch niemand gesehen hatte. Hände zeigten auf sie und hartgesichtige und kräftig gebaute Gestalten erhoben sich. Mochte der Kuckuck wissen, woher sie plötzlich die Stricke in ihren Händen hatten.
    »Donna Conchita! Don Rodrigo!« rief Dagmar laut als sie sah, daß die Menge langsam auf sie zukam. Sie konnte nicht viel von den Worten verstehen, die von den Lippen der Männer gemurmelt wurden. Aber sie spürte, daß es nichts Gutes war. Wo blieben nur die Wirtsleute?
    Und dann waren sie über ihr. Wie eine Welle, die mit gewaltiger Macht die Strände überspült und alles zu Boden reißt, stürmte der Mob auf sie zu. Die Bauern ergriffen sie und zogen ihr die Hände auf den Rücken. Dagmar Holler spürte den groben, aber festen Strick mit dem man ihre Handgelenke zusammenband. Unter Triumphgeheul wurde sie hochgehoben und durch die Gaststube getragen.
    »Loslassen!« fauchte Dagmar. »Was soll denn das? Was wollt ihr denn von mir? Ihr tut mir weh!«
    Johlendes Lachen war die Antwort. Einer der Männer hob ein Gewehr und eine silberne Patrone aus der Tasche, die er sorgfältig polierte und in den Lauf der Waffe steckte. Da ahnte das Mädchen, was ihm bevorstand.
    Die Bauern hier hielten sie für den Werwolf. Und die Wirtsleute, die sie in der Nacht der Probe unterzogen hatten, waren nicht da.
    Dagmar Holler ahnte nicht, daß Don Rodrigo jetzt mit seiner ganzen Familie und einigen Freunden dabei war. Escamillo Farias Schmugglerware zu bergen. Die Mulis wurden ihrer Packlasten entledigt und Esteban Sanchez, der Bürgermeister, packte so viel wie möglich in sein Auto.
    Die Polizei mußte verständigt werden. Und wenn die hier die Schmuggelware fanden, dann wurde alles beschlagnahmt und niemand hatte etwas davon. Also mußte man so viel wie möglich davon retten und es unter der Dorfgemeinschaft verteilen, wenn Gras über die Sache gewachsen war.
    Auch Pedro Sanchez war dabei, als man die Sattelgurte der toten Mulis durchschnitt und blickte gleichmütig auf die Wunden, die von den Zähnen des Wolfsrudels gerissen waren. Über die Leiche des alten Schmugglers hatte man ein Tuch gebreitet. Die Todesursache durch den Biß eines Wolfes war eindeutig zu erkennen. Die Polizei in Pamplona, der nächsten größeren Stadt, würde nicht kommen und die Männer des Polizeipostens in Erro waren Männer der Pyrenäen, die Wolfsbisse gut kannten und außerdem die Kadaver der Maultiere nicht so genau betrachten würden, um die durchgeschnittenen Sattelgurte an den Druckstellen im Fell zu erkennen und daraus Rückschlüsse zu ziehen.
    Esteban Sanchez, Rodrigo Munilla und die Leute, die ihnen halfen, waren sich bei ihrer Tätigkeit keines besonderen Vergehens bewußt, als sie die Schmuggelware »für die braven Bürger von Estradas sicherstellten« wie der Bürgermeister sich ausdrückte.
    In dieser Zeit sah es für Dagmar Holler so aus, als habe ihr letztes Stündlein geschlagen…
    ***
    An einem mächtigen Eichenbalken in der Mitte der Gaststube wurde Dagmar Holler festgezurrt, daß sie sich nicht mehr bewegen konnte.
    »Werwolf. Fahr zur Hölle, Werwolf!« Diese Worte kristallisierten sich immer wieder aus dem Gebrüll und Gejohle heraus. Einer brachte ein handtellergroßes Blatt Papier herbei und befestigte es dort, wo Dagmars Herz schlug.
    »Hahaha. Am Tage hilft dir der Teufel nicht. Wenn die Sonne scheint, hast du keine Macht, Werwolf!« überbrüllte seine Stimme den Lärm.
    »Aber ich bin kein Werwolf. Fragt Don Rodrigo… oder Donna Chimena oder Juan … sie haben die Probe mit mir gemacht…!« stieß Dagmar keuchend hervor. Doch niemand hörte darauf. Alles schrie und lärmte durcheinander.
    Dann bildete sich eine Gasse und die Männer hinter ihr traten zur Seite. Dagmar kreischte auf,

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