033 - Die Herberge der 1000 Schrecken
davonfuhr.
Sie hatte die Gesichtszüge von David Roumer gehabt!
Wie von einer Tarantel gestochen fuhr Larry in die Höhe.
Blitzartig war er wach, als hätte ihn eine Dusche kalten Wassers getroffen.
Er starrte in das Dunkel seines Hotelzimmers.
Glasklar stand der Traum vor ihm, die Erkenntnis, die er eben
gewonnen hatte. Er schluckte. Was ihm im ersten Augenblick nicht aufgefallen
war, war nur durch eine unbewußte Reflexion klar geworden: die Ähnlichkeit
zwischen David Roumer und der Fremden.
In den Unterlagen, die er durch X-RAY-1 erhalten hatte, war die
Rede von David Roumers Tochter gewesen. Sie hatte die Vermißtenanzeige
gestellt.
Janett Roumer hielt sich also in Córdoba auf.
Mit einem Blick auf seine Uhr stellte Brent überrascht fest, daß er noch keine
zehn Minuten im Bett war.
Sein Gesicht spannte sich. Er versuchte, die Dinge in das richtige
Verhältnis miteinander zu bringen.
Plötzlich hörte er ein Geräusch draußen auf dem Gang.
Ein Schlüssel wurde in sein Türschloß geschoben, leise und mit
Bedacht. Das Schloß knackte kaum.
Larry hielt den Atem an.
Die Klinke wurde langsam heruntergedrückt.
●
Der Engländer William Bartmore stand vor dem Spiegel und rieb sich
sein Gesicht mit Rasierwasser ein.
Er war gespannt darauf, was ihn erwartete. Hoffentlich hatte man
ihm nicht zuviel versprochen.
Er zog ein frisches Hemd an und band einen Schlips um.
Da klopfte es an seine Tür.
»Herein!«
Der Wirt streckte den Kopf durch die Türspalte. »Ich sehe, ich
komme zu spät.«
Bartmore schüttelte den Kopf. »Sie kommen nicht zu spät. Ich bin
nur etwas früher aufgewacht, das ist alles.«
Gonzales trat unaufgefordert in den Raum und drückte die schwere
Holztür hinter sich ins Schloß.
»Ich hoffe, Sie haben gut geschlafen?« fragte Gonzales.
Bartmore nickte. »Danke! Ausgezeichnet! Das Bett ist alt, aber es
ist bequem. Ein bißchen weich vielleicht für unsere heutigen Schlafbedürfnisse.
Die Bandscheiben ...« Als er davon sprach, reckte er sich unwillkürlich. Ja,
sein Rücken schmerzte immer noch.
»Haben Sie noch irgendeinen Wunsch, Senor Bartmore? Meine Frau und
ich ziehen - uns jetzt zurück. Um Mitternacht werden Sie uns nicht mehr
erreichen können. Haben Sie sonst noch irgendeine Frage?«
»Nur die eine: wo ist es?«
»Ich werde Sie noch hinführen. - Ja, da ist noch etwas. Ich wollte
Sie heute nachmittag nicht mehr damit belästigen. Ich habe Ihre Zeit schon über
Gebühr strapaziert, als ich Ihnen die Geschichte der Herberge und das Schicksal
des Carlos de Costiliero erzählte. Viele meiner Gäste lieben es, eine Maske
aufzusetzen, wenn sie nach dort gehen. Sie verbergen ihr Gesicht. Das hat seine
Vorteile: man kennt sie später nicht mehr. Für viele prominente Gäste ist das
fast zu einer lebensnotwendigen Wichtigkeit geworden. Es kommen öfter Spanier
hierher, Bürger dieser Stadt. Sie sind Ausländer, das ist richtig. Man wird
Ihnen weniger Aufmerksamkeit schenken. Der Zufall will es, und Sie treffen auf
ein bekanntes Gesicht...«
»Was für Masken sind es?« unterbrach Bartmore den Redefluß des
Wirts, der - das war ihm schon heute mittag aufgefallen -, gern um den
eigentlichen Kern einer Sache herumsprach.
»Verschiedene Masken. Larven, die nur die Augen bedecken, Masken,
die man an einer Haltestange vor das Gesicht hält. Sie stellen Tiere oder Dämonen
dar. Sie können auch Ihre Kleider ausziehen und in ein fremdes Kostüm
schlüpfen. Für jeden Bedarf haben wir gesorgt.«
»Ich habe an sich nichts zu fürchten, aber Vorsicht ist niemals
fehl am Platz«, bemerkte Bartmore trocken. Er strich über sein dünnes
Lippenbärtchen, knipste das Licht über dem Waschbecken aus und kam auf den Wirt
zu. »Ich nehme eine Maske. Übrigens bin ich soweit. Ich hoffe, daß ich nicht
enttäuscht bin. Sind schon viele Gäste da?«
Gonzales' unsteter Blick wich aus. »Ja, wie immer. Kommen Sie,
Senor!«
Er wandte sich um, näherte sich mit schlurfenden Schritten der Tür
und öffnete sie. Gonzales trug ständig abgelaufene Filzpantoffeln an den Füßen.
Ein wenig gebückt, wie es seine Art war, ging er vor dem Engländer durch den
düsteren Gang. Die alten Dieten knarrten unter ihren Schritten.
Bartmore warf einen Blick durch ein kleines quadratisches Fenster.
Es war wenige Minuten vor Mitternacht. Draußen war sternklare Nacht. Der Mond
stand voll am Himmel.
Bartmore erkannte deutlich die beiden kleinen Steinhügel direkt
vor der großen Tränke, an die man
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