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längst mit ihr hier sein müssen."
Nach diesen Äußerungen versteifte sich Luis, starrte Señor O'Keefe finster an und erwiderte dann in äußerst herablassendem und ziemlich stolzem Ton:
„Offensichtlich kennen Sie meine Tochter nicht, Señor O'Keefe. Sie ist nicht nur verschwunden. Sie ist sehr schön, aber auch einfallsreich, eigensinnig und zu allem entschlossen."
„Dann müssten Sie sich doch Sorgen machen. Was ist, falls es irgendwelchen Ärger gegeben hat? Was ist, falls Clay und ihr etwas zugestoßen ist? Haben Sie je diese Möglichkeit in Betracht gezogen?" fragte Devlin herausfordernd.
Einen Moment lang konnte sich Luis nicht beherrschen. „Natürlich habe ich daran gedacht", antwortete er gequält. „Seit Wochen denke ich an nichts anderes!"
„Dann sagen Sie mir, wo Ihre Tochter sein könnte. Ich könnte helfen, sie und Clay zu finden", erbot sich Devlin.
„Ich bin sicher, dass sie nicht mehr in Kalifornien ist. Wäre sie noch hier, hätte Ihr Freund sie schon vor einer Ewigkeit gefunden. Das Einzige, was ich mir vorstellen kann, ist, dass sie nach New Orleans geflohen ist. Dort hat sie Freunde, die ihr beistehen würden, wenn es wirklich ihr Ernst sein sollte, nicht mehr hierher zurückzukehren."
„New Orleans." Devlin war überrascht. Kein Wunder, dass Clay so lange fort war.
„Falls Mr. Cordell ihr dorthin gefolgt ist und sie eingeholt haben sollte, müssten sie jetzt irgendwann hier eintreffen. Falls nicht . . ." Luis entfernte sich von Señor O'Keefe, ging zum Fenster und starrte über seinen Besitz. „Falls nicht, dann weiß ich nicht, was ich tun soll."
Der schreckliche Gedanke, er könne sein geliebtes Heim verlieren, belastete ihn stark, doch noch stärker war die Angst um die Sicherheit der Tochter. Bestimmt war mit ihr alles in Ordnung. Wenn es jedoch an dem war, dann begriff er nicht, wieso sie ihr verrücktes Verhalten nicht änderte und heimkehrte. Er überlegte, wo sie sein mochte.
„Wissen Sie, wie mein Freund nach New Orleans gelangt ist?"
„Nein."
Enttäuscht erkannte Devlin, dass er nichts anderes tun konnte, als abzuwarten. „Es hat keinen Sinn, dass ich nach Louisiana reise, um dort nach Clay und Ihrer Tochter zu suchen. Ich möchte jedoch, dass Sie es mich sofort wissen lassen, wenn Sie etwas von den beiden gehört haben."
Luis drehte sich zu ihm um. „Ja, ich werde Sie informieren, Señor O'Keefe. Sobald ich Nachricht von Mr. Cordell habe, werde ich Sie informieren."
„Danke."
Der Haziendero begleitete Devlin zur Tür und verabschiedete sich von ihm. Er harrte aus, bis Señor O'Keefe fortgeritten war, und wollte sich soeben umdrehen, als in der leeren Eingangshalle ein Geräusch zu hören war.
„Reina ist also verschwunden!" stellte Nathan wütend fest.
„Mr. Marlow", erwiderte Luis verzweifelt und gedemü-
tigt. Ein Übelkeit erregendes Gefühl der Kälte erfasste ihn. Die letzte Seelenfreude wurde ihm genommen, und schockiert starrte er den Amerikaner an.
„Ja, ich bin es", erwiderte Nathan barsch.
„Wie sind Sie ins Haus gekommen?"
„Wenn Sie es wissen wollen, so kann ich Ihnen sagen, dass Ihr Butler so freundlich war, mich im Arbeitszimmer warten zu lassen, während Sie mit dem Besucher sprachen. Aber welche Rolle spielt das, und weshalb wechseln Sie das Thema, Mr.
Alvarez? Lassen Sie uns lieber über das reden, was hier los ist. Wo ist Reina? Wo ist meine liebe Verlobte?" brüllte er den Kalifornier an.
Luis sah sich in die Ecke getrieben und wusste nicht, was er tun sollte. Er hatte keine Ahnung, wie viel Mr. Marlow von dem Gespräch mit Señor O'Keefe mitbekommen hatte.
„Versuchen Sie nicht, mich mit Lügen abzuspeisen. Ich bin Ihre Lügen leid. Ich will wissen, wo Reina ist", verlangte Nathan.
„Das weiß ich nicht", brachte Luis heraus.
„Was soll das heißen, Sie wissen es nicht?"
Luis geriet in Wut, weil Mr. Marlow in dieser Weise mit ihm redete. „Falls Sie das ganze Gespräch mit Señor O'Keefe belauscht haben, wissen Sie sehr gut, was ich damit meine. Reina ist verschwunden, und ich habe Mr. Cordeil, den Kopfgeldjäger, angeheuert, sie zu finden. Bis jetzt habe ich jedoch noch nichts von ihm gehört."
„Wann ist Reina verschwunden?"
„Vor Wochen", gab Luis zu.
„Vor Wochen!" wiederholte Nathan verärgert. „Soll das heißen, dass Sie mich in Bezug auf Ihre Tochter die ganze Zeit belogen haben?"
„Beruhigen Sie sich, Nathan", versuchte Luis, ihn zu beschwichtigen. „Wie ich Señor O'Keefe bereits mitgeteilt
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