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eine Frage von Tagen, bis es im Hafen eintraf. Wenngleich ihn die Aussicht hätte erfreuen müssen, dann nichts mehr mit Mr. Alvarez zu tun zu haben, war er nicht zufrieden. In seinem Leben war nichts mehr in Ordnung.
Er konnte nicht leugnen, dass er Reina mochte und ein beinahe verzehrendes Verlangen nach ihr empfand, ganz gleich, wie hart er sich seit der letzten Liebesnacht in Panama City bemüht hatte, keine Gefühle für sie zu haben. Er war von ihr besessen und befürchtete, nie mehr frei von dieser Besessenheit zu sein.
Jedes Mal, wenn er in ihrer Nähe war, konnte er sich kaum davon abhalten, mit ihr zu schlafen. Irgendwie hatte er es, seit er mit ihr an Bord gekommen war, geschafft, sie nicht zu berühren. Das hatte ihn jedoch seine ganze Selbstüberwindung gekostet, insbesondere, weil er durch die Umstände genötigt war, die Kabine mit Reina zu teilen.
Ihm war klar, dass er, wenn er wieder mit ihr schlief, sich nie mehr von ihr trennen konnte, und das war ausgeschlossen. Das Leben des Freundes stand auf dem Spiel.
Er musste sie zurückbringen. Es ging nicht anders.
Diese Erkenntnis regte ihn bereits hinreichend auf, doch die seit der Abreise aus Panama mit Reina vorgegangene Veränderung beunruhigte ihn noch mehr. Sie war nicht mehr seine erklärte Gegnerin, die sich gegen ihn wehrte und sträubte und versuchte, die Oberhand zu gewinnen. Jetzt hatte sie schließlich das getan, was ihr von ihm geraten worden war. Sie hatte sich in das Unvermeidliche geschickt und begriffen, dass er der Sieger und die Flucht zu Ende war. Nachdem sie sich jedoch mit ihrer Situation
abgefunden hatte, war sie zurückhaltend und niedergeschlagen geworden. Sie mied ihn so viel wie möglich und redete nur das Notwendigste mit ihm.
Clay wusste, eigentlich sollte er darüber froh sein, denn dadurch stand er nicht so unter Druck. Stattdessen hatte er jedoch Schuldgefühle. Reinas Geist schien gebrochen zu sein. Sie weigerte sich, mit ihm zu streiten. Fügsam tat sie alles, was er wollte, und das machte ihn verrückt. Er wollte, dass sie wieder so temperamentvoll wie früher war, nicht so eisig, reserviert und distanziert. Sie aß auch nur wenig und schlief noch weniger. Manchmal war er in den auf See verbrachten Nächten wach geworden und hatte festgestellt, dass Reina nicht mehr im Bett lag, sondern am Bullauge stand und ausdruckslos auf das Wasser starrte. Ihre Stimmung beunruhigte ihn. Er wollte ihr helfen, wusste jedoch nicht, wie er das tun könne. Er hatte Verantwortung übernommen und eine Pflicht zu erfüllen. Er musste Dev retten.
Frustriert und müde blieb er an der Reling stehen. Situationen, die er nicht vollkommen beherrschte, mochte er nicht. Nervös fuhr er sich durchs Haar und blickte zum Niedergang, über den man zu seiner Kabine kam. Er dachte daran, in die Kabine zurückzugehen, ließ den Gedanken jedoch sofort fallen. Nachts war sie für ihn eine Folterkammer, und daher fand er es besser, so viel Zeit wie möglich nicht in Reinas Nähe zu verbringen.
Die Stunden vergingen ihm viel zu langsam. Die Aussicht auf etwas Hartes zu trinken und die Möglichkeit, sich von Mann zu Mann unterhalten zu können, war besonders verlockend. Daher begab er sich zum Aufenthaltsraum für Herren.
Reina saß auf dem Bett und bürstete sich das Haar. Sie versuchte, sich mit ihrer aussichtslosen Situation abzufinden. Diesen inneren Kampf kämpfte sie jede Nacht und jeden Tag, seit man Panama City verlassen hatte. Sie wusste, es werde ihr nie leicht fallen, ihre Situation zu akzeptieren, ganz gleich, wie sehr sie sich auch bemühte. Sie reiste nach Hause, würde gezwungen sein, Mr. Marlow zu heiraten und den Rest ihres Lebens auf der Hazienda ihres Vater mit einem Mann zu verbringen,
den sie nicht liebte und dessen Nähe sie nicht ertragen konnte.
Sie versuchte, sich ein glückliches und zufriedenes Leben mit ihm vorzustellen und ihm zu Willen zu sein. Der Gedanke, mit ihm schlafen zu müssen, erfüllte sie mit Abscheu. Sie fragte sich, wie sie sich je einem anderen Mann hingeben könne, nachdem sie das wahre Glück mit Clay erlebt hatte.
Ihre Gedanken kreisten um ihn. Seit dem Beginn der Reise hatte er keinen Versuch unternommen, ihr zu nahe zu treten, und sein offenkundiges Desinteresse an ihr machte ihr umso bewusster, wie wenig sie ihm wirklich bedeutete. Er hatte sie nicht gern. Er hatte sie nie lieb gehabt. Nur Geld war für ihn wichtig, nur Geld.
Sich vollkommen elend fühlend, legte sie die Haarbürste aufs Bett und
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