033
Schlag. Sogleich spürte er das Blut aus den Wangen weichen, und der Magen krampfte sich ihm zusammen. Er begriff nicht, warum die Mutter schon wieder fort wollte, denn schließlich war sie soeben erst eingetroffen.
Verwirrt furchte er die Stirn und versuchte zu begreifen, was die Bemerkung zu bedeuten hatte.
Verblüfft starrte Philip die Gattin an und fragte entgeistert: „Du willst mich verlassen?"
„Ja, Philip. Ich bin nur zurückgekommen, um meine Sachen zu holen."
„Ich . . . ich sehe keinen Grund, warum du ..." , begann er fassungslos.
„Natürlich kannst du dir das nicht erklären", fiel sie ihm in schneidendem Ton ins Wort. „Du hast mich nie verstanden und wirst es nie tun!"
Unwillkürlich zuckte er zusammen und dachte verstört daran, dass sie sein Lebensinhalt war, sich für ihn alles um sie drehte. „Was hast du auszusetzen, Evaline?" erkundigte er sich aufgeregt. „Ich verspreche dir, alles zu tun, was ich kann, damit du . . ."
„Dafür ist es längst zu spät, Philip!"
„Was soll das heißen?"
„Ich habe einen anderen Mann kennen gelernt."
„Wen, Evaline? Ich schwöre, ich bringe ihn eigenhändig um!"
„Sein Name tut nichts zur Sache", äußerte sie ausweichend. „Er zumindest ist jemand, der mich auf Händen tragen und mir alles geben wird, was du mir seit unserer Trauung immer nur verheißen hast!"
Ungläubig schaute Philip die Gemahlin an und wurde wütend. Sie hatte es gewagt, sich einem anderen Mann hinzugeben, und bekundete nicht die geringste Scham und Reue. Außer sich vor Zorn, ging er zu ihr, ergriff sie an den Oberarmen und riss sie an sich. „Wer hatte die Frechheit, dich mir wegzunehmen?" herrschte er sie an.
„Ich habe dir nie gehört, also kann mich dir niemand wegnehmen", antwortete sie verächtlich. Es machte ihr Spaß, ihn zu demütigen, da sie fand, sie könne ihm so die Erniedrigungen heimzahlen, denen sie in all den Jahren durch ihn ausgesetzt gewesen war. Sie war in einem begüterten Elternhaus aufgewachsen, und er hatte ihr geschworen, es werde ihr auch bei ihm an nichts fehlen. Das waren leere, verlogene Worte gewesen.
„Ich lasse nicht zu, Evaline, dass dieser Schuft ..."
„Es war mein Einfall, mich von dir zu trennen, Philip!" unterbrach sie ihn hämisch und lächelte spöttisch.
„Ich bringe jeden Mann um, der sich erdreisten sollte, dich zu berühren!" sagte Philip gepresst.
„Das wäre der Mühe nicht wert, denn es würde nichts an meiner Einstellung zu dir und dem Leben ändern, das ich hier führen muss", entgegnete sie abfällig und entwand sich dem schmerzhaften Griff des Gatten.
Er hatte sie immer vergöttert, sie vorbehaltlos verehrt und sie für die wunderbarste Frau der Welt gehalten. Seine blinde Liebe zu ihr zerbrach jetzt im Nu, und zum ersten Mal sah er sie als das, was sie war: eine egozentrische, verzogene und eigensüchtige Frau. Die Einsicht, dass er sich derart lange in ihr getäuscht hatte, brachte ihn so sehr aus dem inneren Gleichgewicht, dass er sie anschrie: „Du elende kleine ..."
„Erspar dir den Wutausbruch, Philip!" unterbrach sie höhnisch und machte dabei eine achtlose Geste. „Es ist mir gleich, was du über mich denkst. Ich habe dich und dieses verwahrloste Anwesen, das du eine Plantage nennst, weidlich satt!"
Angewidert ließ sie den Blick über den abgetretenen Teppich, die verschlissenen Fenstervorhänge und das altertümliche Mobiliar schweifen. „Wir sind jetzt vierzehn Jahre verheiratet", fügte sie in vernichtendem Ton hinzu, „und das hier ist alles, was du bisher erreicht hast!"
„Bleib bei mir, Evaline!" bettelte Philip kläglich und ärgerte sich über sich selbst, weil er aus Stolz noch nie um etwas gebeten hatte. „Gib mir mehr Zeit! Ich weiß, dass ich aus Windown in einigen Jahren ein blühendes Unternehmen gemacht haben werde."
„In einigen Jahren?" wiederholte Evaline süffisant. „Du bist ein Dummkopf, Philip!
Diese heruntergewirtschaftete Plantage wird nie Gewinne abwerfen!"
„Doch, denn ich habe bestimmte Dinge mit ihr vor!" widersprach er heftig und überlegte, ob er der Gattin erzählen solle, dass es sein Plan war, aus dem Anwesen das berühmteste Gestüt des Staates zu machen. Er unterließ es jedoch, weil er ahnte, dass Evaline ihm nicht zuhören würde.
„Ich will mein Leben nicht vergeuden, Philip, sondern in vollen Zügen genießen, ehe es zu spät ist! Ich habe jemanden gefunden, der mir alles bietet, was ich begehre und das mir zusteht! Seinetwegen verlasse ich
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